Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten
steht Sami. Auf seinem Spezial-Mountainbike wird er derjenige sein, der mir am meisten Konkurrenz machen kann. In der Mitte ist Nico. Ihr kleines weißes Trekkingrad erinnert an Blumenpflücken und Picknick, aber sicher nicht an ein beinhartes Rennen. Fast tut sie mir leid. Aber nur fast. Ich habe mich direkt neben ihr aufgebaut. Mein Redline-BMX strahlt und funkelt siegessicher in der tief stehenden Sonne. Die andere Außenposition hat Tarik für sich eingenommen – mit dem genialen Future-Bike, das dank Kulle mit Superspikes ausgestattet ist.
»Okay«, ruft Nico. »Seid ihr fertig?«
»Ja!«, rufen wir.
»Dann macht euch bereit, ich gebe das Startzeichen«, sagt sie und fängt an zu zählen. »Eins!«
Die Anspannung breitet sich in meinem Körper aus.
»Zwei!«
Meine Kopfhaut fängt unter dem Helm an zu glühen.
»Drei! Und ab dafür!«, gibt Nico das Rennen frei.
Ich will gewinnen. Ich will es schaffen. Ich brenne. Ja, und deshalb gebe ich jetzt Gas.
Nach zehn Metern liege ich vorn. Doch die Verfolger hängen in meinem Fahrtwind. Kleben mir am Hinterrad. Vier zu allem entschlossene Biker, beinharte Super Jumper, jagen mich die steile Wiese hinunter.
Auf diesen popeligen zehn Metern darf ich mich nicht ausruhen, sie werden aufholen. Ich kann ihren heißen Atem im Nacken schon spüren.
Ich werfe mich voll rein. Trete in die Pedale, als ob mein Leben davon abhängt.
Ich will es wissen – aber vor allem will ich mich nicht von Nico überholen lassen.
»Vorsicht«, grölt jemand hinter mir.
Kurz darauf höre ich Buddy erst ängstlich »Aarrrgh!«, dann fuchsteufelswild »Verflixter Fliegendreck!« schreien.
Ich riskiere einen Blick über meine linke Schulter. Buddy hat sich langgemacht. War klar. Ein Wunder, dass er es über haupt so weit runtergeschafft hat bei dem Tempo, das wir draufhaben.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Nico. Sie hat echt zu kämpfen. Das Gleichgewicht zu halten, während man über einen Maulwurfshügel düst, ist mit Trekkingreifen extrem schwer. Trotzdem hat sie noch genug Puste, um mir zuzurufen: »Ich krieg dich, Luc. Gleich hab ich dich!«
Oh ja, davon kann sie nur träumen, diese durchgeknallte Nudel.
»Ein Mädchen kann es mit mir nicht aufnehmen!«, brülle ich gegen den Fahrtwind an.
Ich weiß, dass sie jetzt fies wütend ist. Ich hab das verbotene Wort zu ihr gesagt: M-Ä-D-C-H-E-N.
Und wenn man wütend ist, dann wird man unvorsichtig, kombiniere ich weiter.
Ich bin so mit Nico beschäftigt, dass ich viel zu spät merke, wie Sami links mit mir gleichzieht.
» See you later, alligator«, lacht er wild und ist an mir vorbeigedüst.
Ich fasse es nicht. Ich könnte mir vor Wut selbst in den Hintern treten. Schitte!
Grinsend tritt Nico in die Pedale und nur einen Atemzug später hat auch sie mich überholt. Und obwohl ich fahre, als ob der Teufel hinter mir her ist, strampelt keine acht Grashalme weiter dann auch Tarik an mir vorüber.
Ich verstehe das nicht. Warum? Wie ist das möglich? Ich komme mir vor, als ob ich im Auge eines hinterhältigen Hurrikans feststecke.
Ich stürze mich einen wilden Wasserfall hinunter, kopfüber und ab dafür. So wichtig ist mir der Sieg. Aber … ich komme nicht voran. Und dann – endlich – schnalle ich es: Meine Kette ist abgesprungen. Mitten in der heftigsten Abwärtsfahrt meines Lebens hat mein Redline mich verlassen. Eiskalt hat es mich um den verdienten Sieg gebracht – meinen phänomenalen Vorsprung dahinschrumpfen lassen. Ich bin so enttäuscht, dass ich kotzen könnte.
Und das ist längst nicht alles. Kaum bin ich vom Sattel gerutscht und betrachte fluchend die herunterhängende Fahrradkette, höre ich ein Keuchen, das immer näher kommt.
Buddy rennt auf mich zu. Beide Hände fest ums Lenkrad gekrallt, schiebt er seinen Holländer im Affentempo die steile Wiese hinunter.
Wenn er stolpert, denke ich, dann rollt er die letzten Meter wie eine Bowlingkugel hinab, so rund, wie der ist.
Doch Buddy stürzt nicht. Er hetzt an mir vorbei.
»Ich küss bestimmt nicht die fiese Töle!«, johlt er. »Den Job kannst du übernehmen. «
Monstergroße Kacke!
Der Gedanke an den Köter lässt mein Herz noch mal ganz anders schlagen. PANISCH!
Verlieren ist das eine. Einen blutrünstigen Fiffi abzuschmatzen, etwas gaaanz anderes.
Ich schultere mein Bike und gebe Gummi. Ich renne, ich keuche, ich schwitze. Ich werde ihm entkommen – dem Sabberlappen der Bestie. Ich verfluche den Schmerz, der wie heißes Blei in meine Schulter
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