Super Nova (German Edition)
Viele Antikva leben dort und arbeiten für die Rava . Ich habe auf Galaktica Studien betrieben und hatte einen festen Platz im Forschungsteam. Seit fünf Jahren ist mein Zuhause allerdings überwiegend die Swiffa , was nicht zuletzt an dir liegt«, flüsterte er und ich konnte Sehnsucht aus seiner Sti m me heraushören. Gewiss vermisste er seine Heimat und seine Familie – daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
Babette, Tommy und Rania fehlten mir bereits nach ein paar T a gen, obwohl sie ganz in der Nähe waren. Wie musste es ihm dann gehen? Mitfühlend griff ich nach seiner Hand und drückte sie leicht.
»Dir fehlt deine Familie …«
»Nein!«, kam es prompt und ich war erstaunt.
»Nein?«
»Ich habe keine Familie im klassischen Stil. So etwas gibt es bei uns nicht«, sagte er leise. Ich verstand nicht recht.
»Wie meinst du das: keine Familie im klassischen Stil? Das int e ressiert mich schon lange, denn jeder hat doch Eltern und demz u folge auch eine Familie«, lies ich nicht locker. Shiva wurde ernster, atmete tief ein und starrte auf die Bettdecke, als er zu sprechen begann. »Die Menschen der Erde leben im Vergleich zu uns noch ursprünglich, um nicht wieder ›primitiv‹ sagen zu müssen – dazu zählt auch eure Vorstellung von einer Familie. Bei einigen Tieren sind es Herden, bei Vögeln Schwärme und bei euch Menschen der Erde ist es die Familie. Sie alle finden zusammen und vermehren sich unkontrolliert, darum ist euer Planet inzwischen vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten und überbevölkert. In vielen Teilen herrscht bittere Armut. Menschen sterben auf der Erde an Hunger – sie verhungern tatsächlich auf einem Planeten, auf dem es so viel Nahrung gibt, dass sie für alle ausreichen würde! Das ist paradox, so etwas würde es bei uns nie geben.«
»Und was hat das jetzt mit deiner nicht vorhandenen Familie zu tun?«, erkundigte ich mich irritiert. Ich verstand nicht recht und Shiva blickte mir bedächtig in die Augen.
»Bei uns wird kein Mensch mal schnell geboren, auch nicht n a türlich gezeugt. Jedes einzelne Leben ist akribisch geplant! Das Leben auf Antikva entsteht künstlich in einem Labor. Es werden dort nur so viele Menschen erschaffen, wie es der Umwelt guttut.«
Ich nickte still und doch fand ich diese Vorstellung unheimlich.
»Auch wenn ihr alle künstlich erschaffen werdet, musst du trot z dem eine Mutter und einen Vater haben, oder? Und bei wem bist du aufgewachsen? In deiner Familie, bei Verwandten oder etwa in einem Labor?«
Ich hatte Fragen über Fragen und Shiva gefiel keine einzige, wenn man seinem Gesichtsausdruck glaubte. Vielleicht sprach er nicht gerne über seine hochgelobte Heimat, aber ich ließ nicht locker und sah ihn weiter interessiert an. Er gab nach.
»Wir leben in Clans. Ich stamme aus dem Clan der Novaks. Das ist so eine Art Familie. Ein Clan umfasst bis zu fünfhundert Mitgli e der. Wer von denen meine Mutter oder mein Vater ist, weiß ich nicht. Vermutlich habe ich zig Geschwister und kenne keinen Einzigen davon. Nur die besten Gene werden für den Nachwuchs ausgewählt. Die Frucht wird künstlich gezeugt und anschließend einer Frau für zehn bis zwölf Wochen eingepflanzt, damit sich der Embryo entwickeln kann. Ab der zwölften Schwangerschaftswoche kann man den Fötus auch außerhalb eines menschlichen Körpers großziehen.
Das geschieht bei uns in Labors unter strengster Überwachung. Im Säuglingsalter, wenn die Lunge richtig ausgebildet ist und der Saugreflex funktioniert, kommen die Babys auf Antikva zu einer Ziehmutter, einer Art Amme. Dort bleiben sie ungefähr zehn bis zwölf Monate. Ab dem ersten Lebensjahr wird jedes Kind in ve r schiedene Häuser versetzt, in denen der Nachwuchs individuell gefördert wird. Im Laufe der Jahre werden die Kinder von Haus zu Haus innerhalb des Clans weitergereicht, um ihnen die bestmögliche Förderung angedeihen zu lassen. Wir lernen unermüdlich und werden rund um die Uhr geschult. Eine bessere Unterstützung als auf Antikva kann kein Kind haben. Mit einem Jahr kann es laufen, schwimmen und die Bewegungsabläufe gezielt steuern. Mit zwei Jahren können bei uns alle perfekt reden – sogar in mehreren Sprachen! Wir sind dann bereits mental so weit, um Telepathie einzusetzen. Ab dem dritten Lebensjahr lernen wir lesen und schre i ben …«
»Und mit sechs Jahren studiert ihr Medizin, um mit acht auf der Swiffa im Forschungsteam arbeiten zu können – oder so ähnlich«, schlussfolgerte ich und war
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