Super Nova (German Edition)
Ausschreitungen zu vermeiden.«
Nun gingen meine Augen und mein Mund automatisch auf.
»A-, Ausschreitungen?«, lallte ich und konnte es nicht glauben. Zuneigung und Liebe waren Ausschreitungen für ihn? Ich starrte Shiva verdattert an und sah ein kurzes Lächeln über sein gefasstes Gesicht huschen. Er trieb mich manchmal an den Rand des Wah n sinns – so wie jetzt. Er spürte meine Gefühle und machte sie durch schreckliche Geschichten bewusst zunichte.
Er beherrschte das Spiel der Gefühle besser als ich, und er siegte jedes Mal. Ich würde nie eine echte Chance bei ihm haben, niemals. Shiva beobachtete mich die ganze Zeit. Sein Blick verharrte auf meiner schockierten Miene.
Ich bemerkte, dass sich sein linker Mundwinkel nach oben ve r zog. Er unterdrückte offensichtlich ein Grinsen. Es war zum Ve r rücktwerden und peinlich dazu. Er wusste genau, was ich dachte und fühlte, und er war mir immer einen Schritt voraus.
»Lass uns mal diese Pergamentrolle nach etwas Essbarem durc h suchen, okay?«, unterbrach er meinen Schockzustand . Ich nickte willenlos und setzte mich schweigend mit ihm an den Tisch.
Shiva bestellte für uns beide Gemüseauflauf und selbst geback e nes Brot. Es duftete herrlich, als uns die Kellnerin eine halbe Stunde später bewirtete. Die Mahlzeit wurde uns in Pfannen serviert. Selbst das Besteck bestand mehr oder weniger nur aus einem Holzlöffel und einer Art Dolch. Shiva betrachtete seinen Löffel von allen Seiten und lachte kurz auf . So hatte ich ihn noch nie erlebt. Seine seltenen offensichtlichen Emotionen waren ansteckend. In mir erwachte eine tiefe Freude, obwohl ich ihm das von eben noch immer nicht verziehen hatte. Aber wenn ich sein perfektes, sonst so kühles Antlitz strahlen sah, wurde auch mir warm ums Herz.
»Meine Güte, das ist wirklich tiefstes Mittelalter. Eine echte Zei t reise, amüsant«, feixte er. Ich fand es ebenfalls lustig und das Eis schien wieder gebrochen zu sein, allerdings wagte ich hier unten keinen einzigen romantischen Gedanken mehr aufblühen zu lassen.
Erst als wir eine Stunde später auf unserem Zimmer waren und ich den schwarzen Nachthimmel nach einer Swiffa absuchte, wurde ich sentimental. Da draußen war nichts außer den Sternen und dem abnehmenden Mond. Kein farbiges Leuchten, kein Flugobjekt – nichts war in Sicht. Die Gewissheit, dass die Rava unsere Spur verloren hatten, machte mir mehr Angst als die Vorstellung, sie würden uns weiterhin verfolgen. Ich wünschte sie herbei, nur ein kleines farbiges Glitzern am Himmel würde mir Hoffnung schenken – Hoffnung darauf, dass Shiva bei mir bleiben würde.
»Sie werden nicht kommen! Nicht heute und nicht morgen. Es ist vorbei, Stella. Es war wirklich nur dein Medaillon, sonst hätten wir sie schon viel früher abschütteln können!«
Das, was er sagte, tat mir weh. Ich drehte mich weg vom Fenster, hin zu ihm. Shiva saß auf dem Bett und betätigte wieder sein Handy. Er suchte nach einem Auto für uns. Wozu eigentlich, fragte ich mich gerade. »Wenn die Rava nicht mehr kommen, dann wirst du bald gehen, richtig?«, stellte ich die alles entscheidende Frage, vor deren Beantwortung ich große Angst hatte. Shiva schaltete das Handy aus und legte es zur Seite. Er sah mich an.
»Früher oder später, ja, dann werde ich gehen. Dieser Planet ist nicht meine Heimat.«
»Gefällt es dir hier denn nicht?«
»Darum geht es doch gar nicht, Stella. Natürlich ist es auf der Erde teilweise sehr schön. Aber ich gehöre nicht hierher! Die G e wölbekeller auf dieser Burg tragen einen Hauch Vergangenheit in sich, ein Blick in eine andere Zeit, das findest du anziehend – kur z weilig. Ich glaube allerdings nicht, dass du in dieser Zeit für immer leben möchtest. Und so geht es mir auf eurem Planeten. Es ist eine interessante Erfahrung für mich und man kann sich auch an einiges gewöhnen, aber ich bin ganz anders aufgewachsen. Ich empfinde es größtenteils als primitiv. Es ist für mich ein Schritt zurück.«
Ich drehte mich um, da ich nicht wollte, dass er meine Tränen sah. Primitiv … das war ich also für ihn.
Ich hörte das Bett knarren, Shiva stand auf und kam zu mir.
»Nein, Stella, du bist nicht primitiv. Das habe ich auch nicht g e sagt. Ich mag dich, sehr sogar – zu sehr für einen Antikva . Und es wird mir gewiss schwerfallen, dich hier zurückzulassen. Aber noch ist dieser Tag irgendwo in der Ferne, noch haben wir Zeit und die sollten wir gemeinsam nutzen und nicht an den Abschied
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