Super Nova (German Edition)
griff meine Jacke und warf sie mir über. Er nickte wie in Trance. »Dann gute Nac ht«, nuschelte er und wirkte irgenwie betäubt. Ich machte mir Sorgen um ihn , wollte aber trot z dem keine Minute länger bleiben.
»Ronny, bitte fahr Tommy nachher heim, ich glaube, er hat g e nug gehabt«, bat ich und machte mich auf den Weg zur Tür. Im Laufschritt rief ich den anderen Abschiedsgrüße zu und sah nicht mehr zurück, bis ich die Klinke in meiner Hand hatte.
Shivas Augen waren auf meinen Rücken gerichtet, ich fühlte sie dort so lebendig, als würde er mich berühren. Ich bekam Gänsehaut und verließ beherzt den warmen Pavillon, um hinaus in die kalte Nacht zu treten.
Die eisige Luft war wohltuend. Ich atmete tief ein und ging lan g sam die paar Schritte hinüber zu unserem Cottage. Ich schaute keine einzige Sekunde zurück und war froh, als ich zwei Minuten später in meinem Zimmer auf dem weißen Himmelbett saß. Erst jetzt schien die magnetische Anziehung durchbrochen und meine Gedanken wurden wieder klarer. Es war eine sonderbare Empfindung, als wäre ich entkommen und befreit, obwohl mich gleichzeitig etwas zu Shiva hinzog. Das erschien mir grotesk.
Verwirrt huschte ich ins Bad, wusch mich, zog meinen Pyjama an, und putzte in Windeseile meine Zähne, bevor ich zurück in mein Zimmer ging, um mich endlich hinzulegen. Ich hoffte, in dieser Nacht von neuen Verletzungen verschont zu bleiben, und schlief erstaunlich schnell ein. Es folgte eine erholsame und friedliche Nacht. Ich erwachte Stunden später durch die sanften Klänge meines Weckers und fühlte mich wunderbar erholt. Ich konnte es kaum glauben, als ich unter der Dusche stand und an den vorigen Abend dachte. Hatte ich alles nur geträumt und war bereits am späten Nachmittag eingeschlafen?
Diese Erklärung erschien mir logisch – zumindest vernünftiger als das, was ich meinte, erlebt zu haben.
Shiva Novak – hallte es unaufhörlich in meinem Kopf. Konnte ich mir das eingebildet haben?
Als ich wieder in mein Zimmer kam, um mir Jeans und Pulli a n zuziehen, sah ich alle Accessoires meiner Mutter auf dem Nach t tisch. Da lagen die ganzen Armreifen, das Diadem und ihre Tunika. Also hatte ich es nicht geträumt. Shiva Novak war nur ein paar Meter entfernt, in der gelben Villa der Schreibers.
Reflexartig schüttelte ich mich und versuchte beharrlich, meine Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren. Schule war angesagt und Tommy würde warten. Schnell fütterte ich den Kater und machte Babette ihr Frühstück. Bereits fünfzehn Minuten später stand ich vor Tommys Elternhaus und musste hupen, da er nicht wie sonst dort wartete. Es dauerte eine ganze Weile, bis er schla f trunken aus der Haustür torkelte.
»Meine Güte, wann bist du heimgegangen?«, wollte ich wissen, als er endlich neben mir saß.
»Keine Ahnung, ich habe komplett die Zeit vergessen. Irgendwie habe ich alles vergessen. Das war die merkwürdigste Party, die Rania jemals veranstaltet hat. Irgendetwas war da im Essen«, mutmaßte er und legte seinen Kopf zurück in den Sitz.
»Du siehst nicht gut aus, willst du lieber zu Hause bleiben?«
»Nein, ist schon gut, ich komme klar. Ich habe nur die schlimm s te Nacht meines Lebens hinter mir. Ich konnte kaum schlafen, habe nur wirres Zeug geträumt. So schnell gehe ich auf keine Feier von Rania mehr.«
Ich ließ den Motor aufbrummen und gab langsam Gas. Das war seltsam. Ich hatte schon seit Ewigkeiten nicht mehr so gut geschl a fen wie diese Nacht und fühlte mich fantastisch, aber Tommy dagegen … »Was machen eigentlich deine Prellungen?«, fragte er nach einer Weile.
»Mir tut nichts mehr weh«, musste ich gestehen. »Es geht mir sogar richtig gut! Die Verletzungen waren wohl doch nicht so schlimm, wie es den Anschein hatte.«
Tommy sah mich kritisch an. »Das meinst du nicht ernst, oder? Stella, die Verletzungen an deinen Armen waren schlimm, sehr schlimm sogar und dir ging es gestern richtig mies, bis dies er Kerl aufgetaucht ist! W as hat der nur mit euch Mädels gemacht?«
Tommys Worte versetzten mir einen Stich, doch er hatte recht. Seit ich Shiva zum ersten Mal sah, waren meine Schmerzen Verga n genheit. Aber das wollte ich nicht zugeben.
»Ich weiß auch nicht, irgendwie haben sich gestern alle seltsam benommen. Dennoch glaube ich nicht, dass es an Shiva lag, das kann doch gar nicht sein!«, redete ich mir selbst ein und zweifelte an meiner eigenen Aussage. »Ich meine, er ist ein Mensch, nur ein Mensch! Wie sollte er
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