Super Nova (German Edition)
gen für ihn bemerkte. Zum einen wollte ich ihr nicht dazwische n funken und zum anderen waren meine Gefühle derart grotesk, dass ich es nicht wagte, sie laut auszusprechen.
»Shiva ist zweiundzwanzig, also gerade mal drei Jahre älter als wir. Er kommt ursprünglich aus München, ist aber in Internaten groß geworden. Er studiert seit drei Jahren Jura, momentan in Jena. Vater ist völlig begeistert von ihm. Am liebsten würde er Shiva schon jetzt eine Partnerschaft in seiner Kanzlei anbieten!«
Das hörte sich gar nicht nach Torben an. War er etwa auch von Shiva berauscht? Torben hatte damals seine Kanzlei mit Paps zusammen gegründet – Lindt & Schreiber. Das Schild prangt noch immer über den Büroräumen in Eisenach und der Zweigstelle hier in Bad Liebenstein , doch nie wieder hatte er sich einen anderen Partner gesucht. Und nun wollte er ausgerechnet einem Studenten, den er erst seit ein paar Tagen kannte, eine Partnerschaft anbieten? Gewiss übertrieb Rania in ihrem Wahn nach diesem Schönling.
»Nun sag schon, was hältst du von ihm? Sei ehrlich!«, drängelte sie weiter.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Er ist außerg e wöhnlich, ja, still und irgendwie unergründlich. Selbst die Art, wie er geht … Diese geschmeidigen Bewegungen sind nicht von dieser Welt. Sein betäubendes Charisma kann bestimmt manches Herz brechen«, philosophierte ich laut und hatte ihn nach meiner Ansicht vortrefflich beschrieben.
»Sieh an … und wir sind kein bisschen verliebt?«
Oh weh, da hatte ich wohl zu viel verraten. »Nein, keineswegs! Ich habe für die Liebe keine Zeit. Und außerdem habe ich Tommy«, versuchte ich, mich schnell aus dem Schlamassel zu reden, ohne auf meine wahren Gefühle hinzuweisen.
»Tommy«, sagte sie fast spöttisch. »Ich bitte dich! Was hast du nur für einen Narren an diesem Kind gefressen? Gut, er ist süß, wie ein Hündchen …« Dieser Schilderung musste ich sogar zustimmen.
»Aber er ist kein Mann für dich! Du brauchst endlich einen ric h tigen Kerl! Seit David lief da nie wieder etwas bei dir. Ich an deiner Stelle würde das gar nicht aushalten«, gab sie mir schockiert zu verstehen. »Was gibt es denn da auszuhalten? Ich kann mich doch nicht auf Befehl verlieben oder irgendjemanden nehmen, nach dem Motto: Hauptsache, ich habe einen Freund!«
»Gott, Stella, du Romantikerin, das Leben ist nicht so süß, wie du glaubst. Nimm dir, was du brauchst, dann hast du in der Not. Und vor allem: Denk nicht immer so viel nach. Du benutzt deinen Kopf zu oft und deinen Bauch zu wenig!«, tadelte sie mich. Wieder diese Leier, ich war es ehrlich gesagt leid. Dabei fiel mir noch etwas anderes ein. »Themawechsel! Sag mal, hast du
gestern auf der Party irgendetwas im Raum versprüht?«
Rania war sichtlich überrascht.
»Versprüht? Wie meinst du das?«
»Da hat es so sonderbar und fremdartig gerochen. Außerdem haben sich alle seltsam verhalten, keiner war er selbst! Sie schienen irgendwie berauscht.«
»Also ich habe definitiv nichts versprüht. Es roch nach Minze, von dem ganzen Tee. Ich hatte Organzasäckchen mit Zitronensch a len und Patschuli-Räucherstäbchen gefüllt, mehr nicht! Gut, es war orientalisch angehaucht, aber das sollte es auch sein. Das war ja der Sinn meiner Party«, erklärte sie mir und sprach gedankenverloren weiter. »Um ehrlich zu sein, kann ich mich kaum an die Feier eri n nern. Ich weiß weder, wann ich gekommen bin, noch, wann ich gegangen bin. Ich weiß auch nicht mehr, was wir überhaupt gemacht haben. Ich kann mich nur noch an Shiva erinnern, alles andere ist irgendwie weg.«
Aus der Küche kam ein klirrendes Geräusch, das unser Gespräch unterbrach. Gemeinsam sprangen wir auf und hasteten in die Küche zu Babette, die immer noch seelenruhig das Fenster putzte, obwohl ihr Scherben zu Füßen lagen. Ihr war vermutlich die Vase von der Fensterbank gefallen und zu Bruch gegangen, ohne dass sie Notiz davon nahm. Schnell ging ich zu ihr.
»Babette, das Fenster ist sauber. Komm, lass uns Kaffee trinken, ich hole Plätzchen und wir setzen uns gemeinsam an den Tisch. Sieh, Rania ist auch da!«
Ich zog sie sanft von dem offenen Fenster weg. Sie war eiskalt. Rania schloss schnell das Fenster und ich nahm meiner Mutter den gefrorenen Lappen aus der Hand. Vorsichtig führte ich sie in die warme Stube, zu dem hohen Glastisch in unsere abgeteilt e Essecke, die wir nur selten nutzten. »Warte hier, wir kochen Kaffee und kommen gleich wieder zu
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