Super Nova (German Edition)
Nächstes kommen?
Ich blickte zu Shiva, der noch immer auf der Treppe stand. Ich hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Das angstverzerrte Gesicht meiner Mutter hatte sich in mein Gehirn eingebrannt. Sie hatte ganz eindeutig zu ihm gesehen.
Konnte er ihre Schreie verursacht haben?
Wer war er? Hatte Rania etwa doch recht?
Ich erinnerte mich an die Furcht, die ich noch vor Wochen em p funden hatt e, wenn ich ihn sah. Was löste er nur in Menschen aus?
Ich suchte eine Antwort – in seinen Augen.
Ich suchte nach dem Frieden, den sie mir schenken konnten – und ich fand ihn.
Nein, Shiva war nicht gefährlich oder böse. Nein, das konnte nicht sein! Ich wusste nicht, was Babette erschreckt hatte, aber niemals dieser Engel, der mich mit seiner bloßen Erscheinung beglückte.
Maria, Rania und Torben brachten Babette an diesem Abend zu unserem Cottage. Während Maria meine Mutter bis zum Bett begleitete und Torben sich verabschiedete, war ich Ranias Ko m mentaren ausgeliefert.
»Glaubst du mir nun, dass mit ihm etwas nicht stimmt? Deine Mutter hat seit Jahren keinen Ton herausgebracht, da sieht sie ihn einmal und schreit um ihr Leben! Wer oder was immer er ist, es steckt nichts Gutes in diesem Typen. Lass die Finger von Shiva und halte dich von ihm fern!«
»Damit du ihn für dich alleine hast? Nein, so leicht mache ich es dir nicht, Rania! Ich weiß nicht, was Babette heute ängstigte, vie l leicht erfahre ich es irgendwann, vielleicht auch nie. Wir beide gehen morgen zu diesem blöden Arzt und dann sehen wir weiter.«
Sie schien zufrieden zu sein und nickte.
Als alle Schreibers gegangen waren, schlich ich leise zu Babette ins Zimmer. Ich musste wissen, was sie in einen solchen Schrecken versetzt hatte. Ich wehrte mich innerlich heftig gegen den Geda n ken, dass es Shiva sein konnte.
» Mom ? Mom ?«, hauchte ich verunsichert und strich ihr über die Schulter. Sie lag auf der Seite, war zusammengerollt und hatte ihre Bettdecke fest umklammert. Allmählich drehte sie sich zu mir. Das Grauen starrte mich aus ihren Augen an, die sich mit Tränen füllten, als sie mich ansah.
» Mom , was ist nur los? Bitte rede doch mit mir! Weshalb hattest du solche Angst? Sag es mir, irgendwie, bitte! Schreib den Grund auf!«, bat ich und holte ihr Stift und Zettel. Sie setzte sich ins Bett. Die Tränen liefen ihr über die Wangen und dennoch versuchte sie, mich anzulächeln. »Bitte, Mama, wieso hast du geschrien? Was ist passiert ? Was hat dich erschreckt?«, flehte ich weiter um Antwort und betete, dass sie nicht Shivas Namen aufschreiben würde.
Babette griff nach meiner Hand, drückte sie fest und nahm den Notizblock an sich. Mein Puls wurde schneller, als sie den Stift ansetzte. Bitte kein »S«, alles, nur kein »S«, hoffte ich und war sehr nervös. Ich schaute zu, wie sie einen wunderschönen Stern zeichn e te. Was hatte das jetzt zu bedeuten?
In den Stern hinein skizzierte sie eine Figur, einen Mann. Mutter malte ihn schwarz aus. Dann folgte eine weitere Figur direkt dan e ben, eine kleinere – ein Kind? Auch die malte sie schwarz aus. Zum Schluss zeichnete sie noch eine dritte Figur an die andere Seite des Mannes. Es war die Silhouette einer jungen Frau mit längerem Haar, doch diese Figur blieb weiß.
Ich wartete auf mehr, doch Babette legte den Stift beiseite, riss das Blatt vom Notizblock und gab es mir. Verweint sah sie mich an. Die Tränen rannen ihr nur so übers Gesicht. Ihre Hand fuhr sacht an meiner Wange entlang und streichelte mich. Dann gab meine Mutter mir einen Kuss auf die Stirn, drehte sich um und versank in ihre eigene, schweigsame Welt.
Verdattert saß ich neben ihr auf dem Bett und hielt die Zeic h nung in der Hand. Drei Personen, umschlossen von einem trau m haft schönen, strahlenden Stern: zwei schwarz, eine weiß …
Was um alles in der Welt wollte sie mir damit sagen? Es war wie ein Rebus. Leider hatte ich keinerlei Begabung auf diesem Gebiet und so schlief ich an diesem Abend unzufrieden ein. Mein Kopf ratterte die halbe Nacht, ich suchte nach der Antwort und konnte sie einfach nicht finden. Am nächsten Tag nahm ich den Zettel mit in die Schule und zeigte ihn Tommy auf der Heimfahrt.
»Was ist das?«, fragte ich ihn, ohne auf die Hintergründe hinz u weisen. Er schaute sich das Bild kurz an. »Ein Stern, in dessen Mitte ein Mann mit Frau und Kind steht. Weshalb sind die beiden schwarz und die Frau weiß?«
»Keine Ahnung, ich dachte, du hilfst mir auf die Sprünge. Babe t
Weitere Kostenlose Bücher