Super Nova (German Edition)
Andererseits war er abgelenkt genug, um die Intensität meiner Fragen nicht zu durc h schauen.
»Ich störe dich nur ungern, aber ich muss etwas wissen. Ich habe heute in der Kanzlei aufgeräumt und die Akten sortiert. Doch irgendetwas stimmt mit Shivas Akte nicht. Da fehlt die Hälfte! Besser gesagt: Da stand gar nichts drin. Fehlen etwa die richtigen Seiten? Ich konnte nichts finden«, sagte ich, als würde es mir nur um die Ordnung gehen. Torben drehte sich halbherzig zu mir um.
»Stella, schön, dass du endlich wieder zu uns kommst! Shiva?«, begrüßte er mich und sprach diesen Namen so aus, als hätte er ihn noch nie gehört.
»Ja, Shiva Novak, dein Prak tikant, von dem du so schwärmst! «
»Ah, der … Ja, stimmt, in seiner Akte steht nicht viel. Da hatte ich nur seine Bewerbung und den Lebenslauf abgeheftet.«
Ich war verdutzt. »Aber in seiner Akte steht gar nichts! Da sind nur weiße Blätter – kein Lebenslauf, keine Bewerbung, einfach nichts!«
»Egal, dann wirf sie nächstes Mal weg, das hat sich sowieso erl e digt«, sagte er unbeeindruckt und wandte sich wieder dem Fußbal l spiel zu und i ch konnte es nicht glauben. Vor einem Monat wollte er ihm eine Partnerschaft anbieten und nun das?
»Ich denke, er ist grandios und eine echte Bereicherung für dich? Wie kannst du ihn da so einfach gehen lassen? Wo ist er überhaupt hin?«, horchte ich ihn neugierig aus.
»Bereicherung? Ich kann mich kaum an ihn erinnern! Ich glaube, er studierte in Jena und wollte jetzt ins Ausland. Ist mir aber egal«, erklärte Torben mit völligem Desinteresse und ich verstand die Welt nicht mehr. Shiva war vor vierzehn Tagen gegangen und er konnte sich kaum an ihn erinnern?
Ich fuhr am selben Abend noch mal zurück in das Büro nach Eisenach und durchstöberte dort sämtliche Aktenschränke in der Hoffnung, auf Shivas Bewerbung und den angeblichen Lebenslauf zu stoßen. Selbst nach endlosen Stunden des Suchens fand ich nirgendwo etwas. Ich wagte es sogar, an die Computer der Kanzlei zu gehen, um dort nachzuforschen. Nichts! Fest entschlossen nahm ich mir vor, am Montag in Jena an der Uni anzurufen. Vielleicht wuss ten die, wo Shiva steckte, aber e inmal mehr wurde ich auch da enttäuscht.
»Novak, Shiva? … Novak …? Nein, da haben wir keinen, der so heißt. Warten Sie mal, ich schaue noch mal nach … Nein, einen Shiva Novak hatten wir hier noch nie. Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen«, teilte mir eine Sekretärin mit.
Ich kann nicht behaupten, dass ich überrascht war. Ich hatte s o gar mit dieser Antwort gerechnet. Shiva war ein Phantom. Es war, als hätte er nie existiert – ein Hirngespinst. Es gab nichts Greifbares, was an ihn erinnerte, gar nichts. Ich musste lernen zu akzeptieren, dass ich Shiva nie wiedersehen würde. Er war ein Teil meiner Vergangenheit – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und doch wusste ich eines ganz genau: Solange ich lebte, würde ich ihn ni e mals vergessen können. Sollte ich je wieder richtig glücklich werden, würde ich ihn spüren, seine Augen funkeln sehen und seinen bet ö renden Duft riechen.
Das Glück hatte einen neuen Namen: Es hieß Shiva und ich sehnte mich danach.
~ 7 ~
Die Sternenkinder
Am nächsten Wochenende war Ostern. Diese Tage verbrachte ich mit Tommy, Sascha und Piri . Die drei halfen mir, die Trostlosi g keit wenigstens tagsüber vergessen zu können. Nachts hatte ich die Einsamkeit gepachtet.
Meine Clique lud mich für Karfreitag zu einer Party ein, doch ich sagte entschieden ab. Peter rief mich sogar noch einmal an und versuchte, mich umzustimmen. Wahrscheinlich glaubte er noch immer, dass meine Abstinenz der letzten Zeit auf sein Konto gehen würde, was aber nicht der Wahrheit entsprach. Ich vertröstete ihn auf ein anderes Mal und verbrachte den Abend allein.
Am nächsten Morgen hatte das Kinderheim einen Ausflug in u n seren Bad Liebensteiner Tierpark geplant. Tommy und ich gingen selbstverständlich mit. Wir trafen uns alle im Elisabethpark und schlenderten durch die schöne Parkanlage. An den Teichen hielten die Kinder an und fütterten die Schwäne und Enten. Langsam spazierte unsere Gruppe zum Tierpark hinauf. Während einige der Kids losgelöst bei dem Affengehege herumalberten und Sascha sich wissbegierig der Beschilderung einzelner Gehege zuwandte, hielt ich Piri fest an der Hand und bestaunte mit ihm die Rentiere. Kiara war ganz wild auf die Zwergziegen und bat mich flüsternd um Kleingeld, damit sie
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