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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Tagesbetreuungszentrum «Wir wachsen». Füße, Füße. Überall um uns herum Datensplitter, nutzlose Rankings, nutzlose Streams, nutzlose amtliche Verlautbarungen aus einer Welt, die nicht mehr war, an eine Welt, die es nie geben würde. Ich roch den Knoblauch, der aus Eunice’ Atem und Poren dünstete. Ich verwechselte ihn mit Leben. Ich spürte das kleine Gewicht eines Gedankens, den ich auf ihren Rücken richten konnte. Der Gedanke wurde zu einem Mantra, das ich rezitierte: «Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.»
    «Tompkins Park», sagte sie, und ihre Sturheit nagte an mir. «Meine Schwester.» Ein Strom schwarzer Menschen aus dem nicht gentrifizierten Viertel direkt hinter St.   George mischte sich mit unserem, und ich merkte, wie die Hipster sich von den Schwarzen abzusetzen versuchten, ein amerikanischer Überlebensinstinkt, den es seit der Ankunft des ersten Sklavenschiffes gab. Sich von den Verdammten distanzieren. Schwarz, weiß, schwarz, weiß. Aber nun war auch das egal. Am Ende waren wir alle eins. Waren wir alle verdammt. Ein neuer Regenschauer benetzte unsere Gesichter, eine rollende Hitzewelle folgte auf den Regen, Noahsvom Wetter mitgenommenes Gesicht schaute in meines, verfluchte meine Langsamkeit und Unentschiedenheit, Amy streamte nur noch ein einziges Wort, «Mommy», immer und immer wieder zu den Satelliten über uns, in die windige Wirklichkeit von Maine, und Eunice’ Gesicht war geradeaus gerichtet, ihr Arm um mich geschlungen, ich hielt sie fest.
    Noah und Amy rannten durch ein Tor aus fein zersplittertem Glas ins Fährterminal. Eunice hatte meinen Arm gepackt und zog mich auf unser Ziel zu. Zwei Fähren hatten gerade ihre letzten kreischenden Passagiere aus Manhattan ausgespuckt. Wer steuerte diese Fähren? Warum überquerten sie noch die Bucht? Bot ständige Bewegung Sicherheit? Gab es noch sichere Anlegestellen?
    «Lenny», sagte sie. «Jetzt mal klipp und klar: Wenn du mich nicht zum Tompkins Park begleitest, dann gehe ich eben mit Noah hin. Ich muss meine Schwester finden. Ich muss versuchen, meinem Freund zu helfen.
Ich weiß, dass ich ihm helfen kann.
Du kannst dich in unserer Wohnung in Sicherheit bringen. Ich komme zurück, das verspreche ich.»
    Eine Fähre, die
John F.   Kennedy
, begann in Vorbereitung der Abfahrt bereits, das Wasser aufzuwühlen, und wir steuerten auf den offenen Schiffsraum zu. Noah und Amy waren schon an Bord gegangen, kauerten unter einem Schild mit der Aufschrift «ARR Transport –
Ain’t That America, Somethin’ to See, Baby »
.
    Du kannst dich in unserer Wohnung in Sicherheit bringen.
Ich musste irgendwas sagen. Ich musste sie aufhalten, oder sie würde wie die Vermögensschwachen-Aufrührer einfach erschossen werden. Ihre Bonität war schließlich schlecht genug. «Eunice!», rief ich. «Lass das! Hör auf, von mir wegzurennen! Wir müssen jetzt zusammenhalten. Wir müssen nach
Hause

    Aber sie schüttelte meinen Arm ab und rannte auf die
Kennedy
zu, als die Rampe sich gerade zu heben begann. Ich riss sie an einer ihrer winzigen Schultern herum, und obwohl ich stark befürchtete, ich könnte sie auskugeln, könnte das Knirschen hören, das bedeuten würde, ich hätte ihr wehgetan, zog ich sie in Richtung des zweiten wartenden Schiffs, an dessen Brücke der Name
Guy   V.   Molinari
prangte.
    Über uns kreiste ein schwarzer Hubschrauber, sein goldener Waffenschnabel zeigte in unsere Richtung, dann auf die vor Wolkenkratzern starrende Insel in unmittelbarer Nähe. «Nein!», rief Eunice, als die
Kennedy
mit meinen Freunden, mit ihrem neuen Helden Noah an Bord ablegte.
    «Kein Problem», sagte ich. «Wir treffen sie auf der anderen Seite wieder. Komm! Los!» Wir stiegen an Bord der
Molinari
, bahnten uns mit den Ellbogen einen Weg zwischen den jungen Leuten und den Familien hindurch, so vielen Familien mit neuen Tränen, getrockneten Tränen und notdürftigen Umarmungen.
    «LENNY», teente mir Nettie Fine, «WO BIST DU JETZT?» Trotz der allgemeinen Verwirrung teente ich rasch zurück, wir seien auf einer Fähre nach Manhattan und im Augenblick sicher. «DEIN FREUND NOAH BEI DIR UND IN SICHERHEIT?», wollte sie wissen, die reizende, fürsorgliche Nettie Fine, die sich sogar um Menschen kümmerte, die sie noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich spürte sie uns mit GlobalTrace in Echtzeit auf. Ich schrieb, er sei auf einer anderen Fähre, aber ebenso sicher wie wir. «WELCHE FÄHRE?»
    Ich teilte ihr mit, wie seien auf der
Guy   V.  

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