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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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sich in meiner Abwesenheit angewöhnt hatte,
ha- haah
,
ha- haah
  –, einem Lachen, das einem Leben schwindender Einkünfte entsprang, welches allerdings, sagte man mir, wie durch ein Wunder in die Heirat mit einer liebenden und vergebenden Frau namens Grace münden würde.
    Was mich anging, war ich jetzt das fünfte Rad am Wagen. Die Jungs würden eine Weile brauchen, sich an meine Rückkehr zu gewöhnen. Sie warfen mir seltsame Blicke zu, als hätte ich die englische Sprache verlernt oder unserem gemeinsamen Lebensstil abgeschworen. Ich war ohnehin schon ein bisschen absonderlich, weil ich so weit draußen in Manhattan wohnte. Und nun hatte ich auch noch ein ganzes Jahr und einen guten Teil meiner Ersparnisse inEuropa verschwendet. Als Freund, als angesehenes Mitglied der technologischen Elite und, ja, als einer der «Neeger» musste ich meine Spitzenstellung unter ihnen als eine Art Gegenpart zu Noah wiedergewinnen. Ich musste in der Heimaterde neue Wurzeln schlagen.
    Drei Dinge sprachen dabei für mich: meine angeborene russische Bereitschaft, mich zu betrinken und auf Kumpel zu machen, meine angeborene jüdische Bereitschaft, strategisch über mich selbst zu lachen, und, am beeindruckendsten, mein neuer Äppärät. «Gottverdammt,
cabrón »
, sagte Noah mit einem Blick auf meinen Kiesel. «Wasndas, ein 7.5er mit RateMe Plus? Das Scheißding werde ich in
Groß aufnahme
streamen.»
    Er filmte meinen Äppärät mit seinem Äppärät, während ich einen weiteren Becher Triacylglycerin hinunterstürzte. Ein paar Mädchen von Staten Island in trendigen Retro-Klamotten aus den Tagen meiner Jugend waren aufgetaucht und sahen mit ihren schaffelligen Ugg Boots und strassbesetzten Halstüchern total medien aus; einige kombinierten die Old-School-Mode mit Onionskin-Jeans, die durchsichtig an ihren dünnen Beinen und runden rosaroten Hintern klebten und uns all ihre rasierten Geheimnisse enthüllten. Außerdem schauten sie, auf ihren Äppäräten scrollend, in unsere Richtung, unter ihnen eine hübsche Brünette mit herrlichem Schlafzimmerblick.
    «Los, ficken wir», sagte Vishnu und zeigte auf die Mädchen.
    «Meine Güte, mal langsam, Nee-ger», sagte ich schon leicht schleppend. «Du hast doch eine süße Maus zu Hause.» Ich schaute direkt in das Kameraauge von Noahs Äppärät: «Alles klar, Grace. Lange nicht gesehen, Baby. Siehst du das hier live?»
    Die Jungs lachten mich aus. «Was für ein Idiot!», riefNoah. «Habt ihr das gehört, meine lieben Schwanzlutscher da draußen? Lenny Abramov hat gedacht, Vishnu Cohen-Clark hätte gerade ‹Los, ficken wir› gesagt.»
    «Es heißt FECen, mit F-E-C», erklärte Vishnu. «‹Los, FECen wir›, habe ich gesagt.»
    «Und was soll das heißen?»
    «Der klingt ja wie meine Oma in Aventura!», grölte Noah. «‹FEC? Was ist das denn? Wer bin ich? Wo ist meine Windel?›»
    «Es heißt ‹Forme eine Community›», sagte Vishnu. «Was so eine Möglichkeit ist, andere Leute zu beurteilen. Und sich selbst beurteilen zu lassen.» Er nahm mir meinen Äppärät ab und schob ein paar Einstellungen hin und her, bis ein Icon mit den Buchstaben FEC auf das Display glitt. «Wenn du dieses Icon siehst, drückst du dir das EmotePad ans Herz oder sonst wohin, wo es deinen Puls fühlen kann.» Vishnu deutete auf eine Art Saugnapf hinten an meinem Äppärät, mit dem man, so hatte ich vermutet, das Gerät an den Kühlschrank oder ans Armaturenbrett heften konnte. Mal wieder daneben.
    «Dann», fuhr Vishnu fort, «schaust du ein Mädchen an. Das EmotePad registriert jede Veränderung deines Blutdrucks. Daran kann sie ablesen, wie sehr du es ihr besorgen willst.»
    «Also, Medienhengste und Medienhuren», sagte Noah. «Wir streamen live, wie Lenny Abramov zum ersten Mal zu FECen versucht. Das ist von zukünftiger Bedeutung, also erhöht mal bei euch die Bandbreite. Es ist wie damals, als die Brüder Wright das Fliegen lernten, nur dass keiner von beiden leicht zurückgeblieben war wie unser Lenny hier. BG, Nee-ger. Sag Bescheid, wenn ich zu weit gehe. Nein, Moment. In Rubensteins Amerika gibt es kein ‹zu weit›. Zu weit wäre das: Jemand schießt dir irgendwo imHinterland in den Hinterkopf, die Nationalgarde fackelt deine Leiche ab und schüttet deine Asche in das winterlich kalte Außenklo einer sicheren Beobachtungseinrichtung in Troy. Lenny glotzt mich ahnungslos an, so nach dem Motto:
Was redest du denn da?
Hier die Kurzfassung dessen, was du in deinem ‹Austauschjahr› verpasst

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