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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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jeden Daumen wie einen Lenker und machte »Brrrm, brrm«, als führe er mit dem Motorrad los. Riesenlacher. Dann bat er ein anderes Kind, zwei Kreise mit Daumen und Zeigefinger zu bilden, steckte Zeige- und Mittelfinger der linken Hand in die Kreise wie in eine Steckdose und rasierte sich mit der anderen Hand das Kinn, während er das Brummen eines Elektrorasierers nachahmte. Zwei Saalbrüller in dreißig Sekunden. Kaum zu toppen.
    Auftritt Anton. Er sah die Kinder sehr ernst an und legte den Finger zu einem Psst an den Mund. Zwei Kids kicherten, er ging auf sie zu und kniff die Augen zu grimmigen Schlitzen zusammen. Drei andere lachten los, hielten sich aber grade noch rechtzeitig die Hand vor den Mund. Er fixierte sie und stampfte drohend auf sie zu. Immer mehr Kinder hielten sich den Bauch, Anton fletschte die Zähne, grummelte, die Augen traten ihm aus dem Kopf, er hielt die Luft an, wurde tiefrot, die Kinder schrien vor Lachen. Die Runde ging an ihn, aber mir war mulmig zumute. Nicht nur, weil ich die Sendung gleich an Axel übergeben musste. Nein, Anton hatte eben das Drama des modernen Vaters gespielt: Der Versuch, sich Autorität zu verschaffen, erzeugte nur noch Heiterkeit. War das lustig? Und warum nahm uns niemand ernst?
    Unser Quotentrumpf hieß Willi, war vierundreißig Jahre alt und 1,36 groß. Er spielte Robin, das Kandidatenkind. In der siebten Aufgabe hatte er bereits drei Stunden Computer gespielt und guckte jetzt seit zwei Stunden fern. Anton, Ibrahim und Matze mussten ihn dazu bringen, den Fernseher auszuschalten. Obwohl Superdaddy lief.
    Bei Matze klang das so: »Robin? Robin, hör mal … Robin, wir haben eine Vereinbarung! Robin? Äh, Robin, du möchtest doch auch, dass wir beide uns … äh, Robin?«
    Was würde aus einem Land werden, dessen nächste Generation von Matze erzogen wurde?
    Ibrahim brauchte nur sieben Worte: »Sieh mich an! Wie spät haben wir?«
    »Halb sieben.«
    Dann zeigte er auf die Fernbedienung. Er zeigte, er fragte nicht. Robin schaltete aus. Wir brauchen eine Araberquote unter deutschen Vätern.
    Anton betrachtete die Fernbedienung. »Ich schnall das nicht.« Er tippte. »Wieso wird das nicht lauter?«
    »Papa, so wird es heller.«
    »Ach so.«
    Kinderquieken im Saal.
    »Und wieso wird es jetzt nicht dunkler?«
    »O Papa, jetzt hast du umgeschaltet!«
    »Ach so … Na ja, ich kann diesen Kirschblut-Zarenstolz sowieso nicht ab.«
    Lacher.
    »Äh, ich meine Hirschbaum-Bärenpelz … Pirschlaus-Haremsbraut … verdammt, wie heißt dieser Loser?«
    Der Saal schrie.
    »Nicht mal ausschalten kann man das Ding!«, brüllte Anton völlig außer sich.
    »Doch!«, rief Robin und drückte auf den roten Knopf.
    »Aaaah.« Anton schielte vor Begeisterung. »Ruuhe. Ich HASSE Fernsehen.«
    Die Kinder pfiffen und trampelten. Verdammt, das war der postmoderne Vater. Er machte sich zum Hampelmann. Aber behielt trotzdem die Autorität. Aber wie? Wie machte dieser Hänfling das?
    Noch drei Aufgaben, und diese Lebensphase war vorbei. Charlotte konnte noch zweiundzwanzig SMS schicken, sie fürchtete sich ja nur vor ihrem dunklen, schlechten Gewissen. Sie wusste genau, dass ich nicht mehr umkehren würde. Wie denn auch?
    Achte Runde: Robin hatte sein Kuscheltier, die Schnuffelziege Bert, die ihn seit seiner Geburt in den Schlaf mähte, im Zug liegen lassen. Er weinte. Die drei sollten ihn trösten.
    »Weißt du was?«, singsangte Matze eine Quinte über seiner normalen Stimmlage, »Bert war ganz toll. Gaaaanz ganz toll. Aber weißt du was?«
    »Naaa?«
    »Es gibt noch ganz viele andere Kuscheltiere, die auch ganz süß sind.«
    »NEIN.«
    »Doch, mein Hase. Wir kaufen morgen zusammen ein neues. Ein Äffchen. Oder ein Bärchen.«
    »ICH WILL BERT!«
    »Ja, aber Bert ist ja weg. Wir kaufen ein neues. Was für eins möchtest du denn?«
    »BERT!«
    Matze hatte wirklich nichts verstanden. Wenn seine Mutter starb, wollte er dann getröstet werden mit: Es gibt aber noch ganz viele andere nette, alte Frauen in Nordfriesland?
    »Siehst du«, sagte Ibrahim zu Robin, »das war ein Zeichen. Du bist jetzt groß. Ab jetzt musst du ohne Kuscheltier einschlafen. Ein echter Mann schläft nicht mit Kuscheltier.«
    Robin heulte auf. Das Publikum buhte. Und Ibrahim hatte keine Ahnung. In Deutschland schliefen sogar mehr Männer mit Teddybär ein als Frauen. Erwachsene Männer.
    Anton kratzte sich am Kinn. »Weißt du was? Bert ist nicht verlorengegangen.«
    »Nicht?« Robins Augen weiteten sich vor

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