Superdaddy: Roman (German Edition)
riesenfehler. scheiß auf die abfindung, scheiß auf bielefeld. Ich bleib in hh. und du behältst die sendung.
Ich hätte heulen können. Sie war die schnellste Frau der Welt. Aber für das hier hatte sie eindeutig zu lange gebraucht. Dieser ICE hatte den Hauptbahnhof bereits verlassen. Nächster Halt Hannover. Vergiss es.
zu spät, honey.
Es klopfte sehr laut. Ich entriegelte. Die Tür öffnete sich ganz langsam. Larissa lugte herein. Sie hatte Angst. Aber sie musste keine Angst haben. Ich stand zu meinem Wort. Ich kippte nicht mehr um. Ich schaltete das Telefon aus.
»Ich komme. Einen Moment, ja?«
Sie wartete in der Tür.
»Ich sagte, einen Moment!«
Sie schloss die Tür. Ich schaltete das iPhone wieder ein.
philipp, es ist nicht zu spät. nie!
Sie war durchgedreht. Aber ich würde nicht durchdrehen. Und überhaupt, was bedeuteten Ruhm, Geld, Fernsehen? Nichts. Das war nicht das Leben. Das Leben waren Lasse, Luna und Linus. Sie waren meine Wirklichkeit. Ich würde jetzt da rausgehen. Und nicht mehr antworten.
Brr Brr.
liest du das? sag, dass du es liest. philipp!
Ich schaltete das Gerät aus, steckte es ein und ging schnellen Schrittes zur Studiobühne.
10
Mein Animateur hieß Great Jones, ein völlig durchgeknallter 28-jähriger Pykniker aus Brighton. Er zog Grimassen, zauberte, jonglierte, fuhr Einrad, spielte Tuba und brachte den Saal zum Toben. Ich liebte Great Jones. Er machte mir keinerlei Konkurrenz. Eine Acht auf der nach oben offenen Jubelskala schlug mir entgegen, als ich mit meinem berühmten schiefen Lächeln die Blinklämpchentreppe herunterschlenderte. Sonst ignorierte ich den Applaus. Heute hörte ich ihm zu. Mein letztes Mal. Ich kriegte eine Gänsehaut, den ganzen Rücken runter. Hoffentlich zitterte meine Stimme nicht.
»Hi«, rief ich, »und willkommen bei Germany’s next Superdaddy ! Heute mit den Stargästen Axel Hubi, Störtebernd und drei phantastischen Kandidaten. Und wir beginnen gleich mit einer Schweigeminute für alle Männer da draußen, die kinderlos sind. Ja, DU!« Ich blickte pastoral in Kamera zwei. »Weißt du eigentlich, was du verpasst? Das Strahlen deines Sohnes am Tag der Einschulung, die Schultüte im Arm – richtig guter Schwarzer Afghane! Die Buntstift-Krakelbilder, die deine Tochter dir zu jedem Geburtstag schenkt. Und die alle aussehen wie Ronald Pofalla. Und das Geräusch, das dein Sohn macht, wenn du ihm nach zehn Stunden sagst, dass jetzt Schluss ist mit Pflanzen gegen Zombies . Wie geht das Geräusch?«
Die Kinder im Studio brüllten so laut, dass selbst der Rammstein-Schlagzeuger davon einen Hörsturz erlitten hätte.
»Seht ihr, was ihr versäumt? Und hier ist unser erster Kandidat: Anton!«
Da kam er, der geborene Verlierer: hellblauer Pullunder, schmächtige Figur, Körpergröße 1,66. Bloß nicht über ihn lustig machen. Die beste Kritik an schlechtem Fernsehen war es, gutes Fernsehen zu machen. Ich schüttelte ihm die Hand.
»Anton, du hast vier Kinder?«
Er nickte.
»Und du arbeitest für eine Versicherung?«
Er nickte wieder. Aber er musste etwas sagen! Sonst würde ich doch noch Anton aus Tirol singen. Oder über das Kaff scherzen, aus dem er kam.
»Haftpflicht?«
»Ja, genau«, er räusperte sich einen ganzen Schleimpropf von den Stimmbändern. Und guckte zu den Kindern im Saal. »Wir zahlen all die Sachen, die ihr kaputtgemacht habt. Gläser. Vasen. Schulgebäude.«
Lacher. Ein Glück, er war doch keine Fehlbesetzung.
»Anton, du willst Superdaddy werden. Jetzt sag mal: Was macht einen guten Vater aus?«
Anton überlegte. Und sah mich an. Wieso guckte dieser schmächtige Versicherungsheini mir so selbstbewusst in die Augen?
»Ein guter Vater«, sagte er ohne jedes Äh, »ist einer, der weder auf seine Kinder hört, noch auf seine Frau, noch auf irgendeinen Erziehungsratgeber.«
»Sondern?«
»Auf sich selber.« Er wurde nicht rot, er rückte nicht seine Brille zurecht. Ich glaube sogar, er lächelte ganz leicht.
»Hey, was sagt ihr dazu?«, fragte ich die Kinder.
Sie jubelten.
»Gut, Anton, jetzt erfahren wir ALLES über dich. Film ab!«
Der Einspieler. Antons Kinder waren drei, fünf, sieben und neun. »Wir konnten einfach nicht aufhören!«, sagte eine kleine, rothaarige, noch nicht mal dreißigjährige Frau mit einem extrem süßen Lächeln und vier Zwergen um sich rum. Ich wurde neidisch. Ich musste mit Charlotte reden. Wenn ich schon aufhörte, wollte ich wenigstens ein viertes Kind.
Kandidat Nummer zwei war Ibrahim
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