Superdaddy: Roman (German Edition)
bist. Und alle, alle trällerten mit. Ich hatte es der Redaktion schon zwanzig Mal gesagt: Es machte keinen Sinn, Erzieher einzuladen. Das war genau die Art Vater, die es jedem halbwegs attraktiven Mann austrieben, sich Kinder zu wünschen.
Vor der Halbzeit sollten die drei den Kindern erklären, was Photosynthese ist. Matze stellte den Studiokindern lauter Fragen: Hab ihr schon gefrühstückt? Hat’s geschmeckt? Kennt ihr Blumen? Wisst ihr, was Blumen frühstücken? Wisst ihr, welche Strohhalme sie benutzen? Die Kinder schrien richtige und falsche Antworten durcheinander, und meine Quote wanderte in den Bereich von arte und theaterkanal. Welchen Sinn machte es, Kinder nach etwas zu fragen, was man ihnen noch nicht beigebracht hatte?
Ibrahim erzählte mit einer Stimme, die ganz tief aus seinem Bauch kam, von den Alchemisten, die über Jahrhunderte versucht hatten, aus Wasser, Feuer, Erde und Luft Gold herzustellen. Und von der Natur, der ein noch größeres Kunststück gelang: aus Licht, Wasser und Chlorophyll Sauerstoff zu zaubern. Ich saugte seine Worte in mich auf wie die Rose das Sonnenlicht und fragte mich, wieso um alles in der Welt ich mir das von Charlotte hatte abnehmen lassen. Wieso erklärte Charlotte den Kindern alles? Das war es, was ein Vater tun sollte.
Der hellblaue Pullunder kam. Er ahnte, dass der Araber gut gewesen war. Deshalb stand er erst mal nur da, die Hände in den Taschen, und guckte die Kinder an.
»Wisst ihr, was das Beste an unserem Planeten ist? Das wirklich Aufregende?«
Kunstpause. Die Kinder schrien nicht rein. Sie spürten seine Ernsthaftigkeit. Seinen Willen zur Erkenntnis. Den die meisten Erwachsenen längst verloren hatten.
»Das Leben. Versteht ihr, Wesen, die wachsen, die atmen, die geboren werden und sterben, so wie wir. Aber was macht das Leben eigentlich zu so etwas Besonderem?«
Wieder diese Fragezeichenpause. Wieso konnte dieser Hänfling so gut reden?
»Es ist die Zeit. Schau eine Blume an. Sie wird nie wieder so aussehen wie jetzt gerade.«
Ich musste an Lasse, Linus und Luna denken, die jetzt vorm Fernseher saßen. Gleich würden sie diskutieren. Und mir nachher erklären, warum das Väterhilfswerk besser gewesen war als der Erzieher und die Haftpflichtversicherung besser als das Väterhilfswerk. In ihren Augen der Stolz darüber, dass ihr Papa sich diese coole Sendung ausgedacht hatte. Die ich jetzt sausen ließ. Ich musste bescheuert sein. Das, was ich wirklich konnte, ließ ich bleiben, um zu Hause Pfannkuchen zu backen. Ich moderierte noch Axel an, den Halbzeit-Comedy-Act, der die Showtreppe runterstolzierte mit einem Blick, der weniger für eine Familiensendung taugte als für das Anbaggern betrunkener Blondinen. Ab jetzt hatte ich noch vier Minuten. Ich hetzte in meine Garderobe und schaltete mein iPhone ein. Elf SMS.
Nummer eins: philipp, lies das! read this! lisez ceci!! leggi questo!!! bu okuyun! (das ist türkisch, du vollidiot)
Nummer zwei: du gibst die sendung nicht ab. das ist ein befehl!
Nummer drei: »liebe, was du tust. und tue, was du liebst.« steve jobs.
Nummer vier: liebst du das denn nicht, philipp?
Nummer fünf: okay, ich werde konkret: kein sonderforschungsbereich. ich nehme die kinder zwei tage die woche.
Nummer sechs: drei Tage.
Nummer sieben: 3,5. aber davon 1,5 mit nanny.
Nummer acht: sonst schlafe ich nie wieder mit dir.
Nummer neun: jedenfalls nicht in deiner lieblingsstellung. ich weiss, dass du das liest!!
Nummer zehn: letztes angebot: das steuerpolizistinnenrollenspiel. genau wie du es willst. philipp!!!!!
Nummer elf: schlag ihn nieder. ali gegen foreman, kinshasa 74. linker haken, rechte gerade … zack!
Brr Brr. Neue SMS. Von Linus. Mir brach der Schweiß aus.
papa, gip nicht auf. dain linus
11
Sechste Runde: Unsere Kandidaten sollten die Kinder zum Lachen bringen. Die einzige Aufgabe, die jedes Mal kam. Aber heute mit dem Zusatz: ohne etwas zu sagen. Geräusche waren erlaubt. Wörter nicht.
Matze fiel alles aus dem Gesicht. Wahrscheinlich hatte er seinen vorbereiteten Witz an allen nordfriesischen Kitas getestet (Was liegt am Strand und ist sehr schwer verständlich? Eine Nuschel!). Er fing an, Grimassen zu schneiden, schielte, zog sich an den Haaren, von den ganz kleinen Kindern gniggerten einige, die anderen schmunzelten nicht mal. Totalausfall.
Ibrahim strich sich einmal langsam über seine glänzende Halbglatze und bat dann ein Kind, die Fäuste aneinanderzulegen, beide Daumen nach außen. Dann griff er
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