Superhirn Sammelband
Kragen, der Schädel »tauchte« schließlich in den Kittel ein – er war nur noch so groß wie eine Kokosnuß.
»Er – schrumpft!« hauchte Tati.
»Zieht ihm den Kittel aus!« schrie Henri, als er sah, wie Professor Kyber in seiner Kleidung verschwand. »Eine Schere! Wo ist eine Schere …?«
Der Kantinenwirt, dessen Gestalt unverändert groß und breit geblieben war, zerrte an dem Stoffbündel herum. Nur ein Zappeln und Flattern verriet darin das Vorhandensein eines Menschen.
Der Kittel flog auf den Fußboden. Mittlerweile ragte aber auch schon der Kopf des Professors nicht mehr aus dem Anzugskragen. Die Hände schienen sich verflüchtigt zu haben, und was sich in der Kleidung bewegte, schien aus Geflügelteilen zu bestehen.
Das Unheimlichste aber war die Stimme. Professor Kyber quäkte wie ein Kind, das ein böser Bursche an den Haaren zog.
Superhirn rannte in den Vorraum. Dort, auf einer Wandplatte, lag die Heckenschere, die Madame Dydon zur Pflege des Turmgartens benutzte. Der Kantinenwirt hatte Kyber auf den Eßtisch gelegt.
Superhirn reichte ihm die Schere, und nun stutzte Herr Roller – in den Knien zitternd, aber mit sicherer Hand – an der Kleidung des schrumpfenden Professors herum. Zum Vorschein kam ein Wesen, das die Größe eines fünfjährigen Jungen hatte, aber nicht dessen Proportion. Kyber wirkte jetzt wie eine dünngliedrige Puppe, die einen Erwachsenen darstellen soll. Seine Stimme klang hoch. Doch was er mitzuteilen hatte, ließ auf sein unvermindertes Denkvermögen schließen:
»Eine Nachwirkung …!« fistelte er. »ich – ich habe einen Minuswellen-Schub abgekriegt, ohne es zu merken! Monsieur Roller! Fahren Sie mich schnell ins Institut. Wenn wir alle so winzig werden, kommen wir an die Apparate nicht mehr heran, nicht ans Telefon, an keinen Schalter…«
Der Kantinenwirt hob das verkleinerte Lebewesen in den zerschnittenen Kleidern mit seinen mächtigen Armen hoch.
»Superhirn!« quietschte Kyber. »Melde dich bei uns! Ich fürchte, bald wird keiner von uns mehr ins Freie gehen können! Jeder Grashalm wäre ein Hindernis! Jeder Raubvogel, jeder Hund, jede Katze würde uns fressen! Du mußt den Dieb des Filters finden – unsere einzige Rettung …«
»Tragen Sie ihn ins Auto!« drängte Tati den Kantinenwirt. »Fahren Sie ihn so schnell wie möglich hinunter.«
Mit dem Schrumpfmännchen auf den Armen rannte der verstörte Kantinenwirt in die stürmische Nacht hinaus. Die drei Jungen und das Mädchen blieben mit dem winselnden Pudel im Turm zurück.
»W-w-was soll das heißen, sie können bald nicht mehr ins Freie – die Raubvögel, die Hunde und die Katzen würden sie fressen?« ächzte Prosper. Er tastete nach einem Hocker.
»Mein Onkel meint, wenn der Schrumpfprozeß bei einigen so weitergeht«, erklärte Superhirn.
»Oder falls neue Nachschübe eintreten. Stell dir doch nur so ein paar Mim-Männchen im Freien vor! jeder Windstoß könnte sie davonblasen, jede Blume stellte eine Palme dar, jeder Bach den Mississippi, jede Pfütze einen See! Allein eine Mücke oder eine Biene würde so winzige Schrümpflinge schließlich wie ein Jagdflugzeug vernichten!«
»Nicht gleich das Schlimmste ausmalen«, mahnte Henri. »Kyber hat die Gefahr ja erkannt.«
»Stimmt«, überlegte Superhirn fieberhaft. »Er hat alles erkannt und uns sehr viel verraten. Aber etwas, und zwar etwas Ausschlaggebendes behielt er für sich …«
»Wie denn das – wo wir ihm doch helfen sollen?« zweifelte Tati. Ihre Augen funkelten vor Empörung. »Das wär allerdings ein tolles Stück! Superhirn, bist du sicher? Wenn ja, dann hauen wir sofort hier ab! Garantiert! Und wenn es draußen noch so sehr stürmt!«
Wuff, machte der Pudel alarmiert, waff, wuff, waffwaff!
Prosper quetschte seine Nase an ein Vorderfenster, schirmte die Augen mit den Handflächen ab und spähte durch Glas und Gitterwerk.
»D-d-da steht doch schon wieder so 'ne Schrumpftype!« meldete er. »Man sieht den Schatten, wenn's b-b-blitzt!«
»Hat er diesen – diesen Pilz in der Hand?« forschte Tati.
Zur Verblüffung der anderen lautete Prospers Antwort: »Ja …!« Er wich vom Fenster zurück und fügte mit bebender Stimme hinzu: »I-i-ich glaube, sogar zwei Pilze. Jedenfalls hält er die Arme so komisch von sich ab!«
»Moment, Moment«, beschwichtigte Superhirn. »mein Onkel hat nichts davon erwähnt, daß der Dieb auch eine Minuswellen-Dusche abgekriegt hat. Und weshalb, bitte, sollte er ein Gerät mühsam geklaut haben, um
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