Superhirn Sammelband
rausgerissene Seite etwa?« staunte Henri.
»Nein! Original! Etwa 1 Meter 20 breit und viel höher als das mit den Geisterhänden.«
»Nun brat mir einer Pinsel und Palette – und einen Zentner Farbe dazu … k stöhnte Superhirn.
– 3 –
Flammen am Himmel –
Auszug der Gäste …
»Wo ist die Seeschlacht' von Patrick Doyle?« fragte Henri. »Ich will sie mit eigenen Augen sehen.«
»Du glaubst noch immer nicht, daß hier geschehen kann, was normalerweise nicht möglich ist?« lächelte Superhirn trübe. »Der Fall ist allerdings noch schlimmer! Denn die Seeschlacht von Doyle hängt seit 1824 in der National Gallery in London! Also müßte das Bild über den Kanal geflogen sein: ein längerer und umständlicherer Weg als der vom Nachbargrundstück bis zu unserem Turm! Und in der Londoner Nationalgalerie hat Madame Dingdong bestimmt nicht Staub gewischt!«
Die drei Jungen spähten in die Wohnung von Tati und Micha hinein.
»Na, wo ist das Bild?« fragte Henri gereizt.
»W-weg …!« staunte Micha. »Verschwunden!«
»Sag mal, Micha«, fragte Superhirn rasch. »War die Seeschlacht in einem Rahmen? War Barbarinis RÄUBERSCHWUR überhaupt gerahmt, als er unten hing?« Er betrachtete die Wand: »Kein Haken, kein Nagel. Henri! Hast du im Aufenthaltsraum eine Vorrichtung zum Aufhängen bemerkt? Oder eine Spur in der Mauer, etwa durch das gewaltsame, das heißt eilige Beseitigen eines Hakens?«
»Nee, Mensch!« staunte Henri. Jetzt, wo du mich darauf bringst – es war keine Spur in der Wand! Ich hab extra darüberweg getastet!«
»Hier gibt's auch kein Anzeichen dafür, daß da ein Gemälde von Museumsgröße gehangen hätte«, murmelte Superhirn.
»Aber ich habe nicht geträumt!« beharrte Micha.
»Das behauptet ja auch niemand«, sagte der spindeldürre junge. »Und ich glaube mich auf einmal genau zu erinnern: Der RÄUBERSCHWUR war nicht gerahmt!«
»Die Seeschlacht auch nicht.« erklärte Micha mit Bestimmtheit.
»Immerhin, die Rahmen sind bei so teuren alten Schinken schließlich das Schwerste«, gab Henri zu bedenken. »Madame Dingdong ist zwar robust, aber so ein Gewicht kann sie nicht schwingen wie 'ne Putzmittelflasche!«
»Besonders nicht von London bis hierher!« spottete Superhirn. »Kommt jetzt auf die Plattform« oben, unter dem spätabendlichen Silberhimmel, umweht vom milden Atlantikwind, stand die Erwachsenengruppe: der Kripo-Assistent Gide, der Sohn des überfallenen Schloßbesitzers und die beiden »Kofferschränke«. Prosper und Gérard hielten sich schweigend abseits. Auch Tati sprach kein Wort. Sie streichelte geistesabwesend den Pudel auf ihrem Arm. Ebbe hatte eingesetzt. Der Seudre-Kanal und der Seudre-Fluß führten wenig Wasser. An den Kais lagen die Fischerboote schräg. Die kleineren, die man an Laternen vertäut hatte, wirkten, als seien sie zum Trocknen aufgehängt, An der gewaltigen Brücke zur Insel Oleron sah man rote und grüne Lichter. Und wenn man sich vorbeugte und mit den Blicken nach links oder rechts dem Küstenverlauf folgte, sah man überall die ferngesteuerten Lichtblitze, Blinker und Richtungsschwenker, die Warnzeichen und Orientierungsmale.
Diese Schiffahrtssignale hatten mit der Zeit die Leuchttürme – wie den Turm von Cap Felmy – pensioniert, auf Rente gesetzt oder zweckentfremdet. Die Bucht von Royan funkelte mit den gleißenden Lichterketten ihrer teuren Hotels. An den Stränden der »Küste der Schönheit« wechselten Lämpchen in allen Farben einander ab: Da war Musikterrasse neben Musikterrasse. Dort tanzten jetzt die Sommergäste, aßen Eis und tranken Sekt, Wein oder Säfte. Wie gern hätte Tati dort mitgemacht!
»ich halte es für ausgeschlossen, daß der Raub über See abtransportiert worden ist«, meinte Robert Rodincourt, der zu seiner Jagdjoppe ein Fernglas trug. Das hielt er eifrig vor die Augen.
»Ich habe die Verdächtige ja samt dem Karton mit dem angeblichen Kleid für ihre Schwester selbst nach Averne gebracht – und das liegt 50 Kilometer landeinwärts.«
»Entschuldigen Sie«, wandte sich Superhirn an Gide. »Wer leitet die Suche nach dem geraubten Bild? Ich meine, wer ist der oberste Chef der Fahndung? Es gibt doch noch andere unaufgeklärte Kunstdiebstähle in dieser Gegend! und man vermutet ja eine ganze Bande: Mittäter, Mitwisser, Hehler und Auftraggeber …
»Richtig.« antwortete der Assistent. »In der Gegend von Brossac hat mein Chef, Kommissar Vinloh, die Sache in der Hand. Er ermittelt bei der Schwester der Täterin
Weitere Kostenlose Bücher