Superhirn Sammelband
bevor noch mehr in der Gegend passiert!«
Gide hielt jetzt die Tüte mit dem falschen Holland-Meisje in der Hand: »Was treibt ihr euch überhaupt hier herum?« brüllte er zurück.
»Wir sind Gäste von Robert Rodincourt!« antwortete Superhirn scheinbar hitzig. »Und nicht nur auf dem Schiff in La Cotiniere. ich hab mit ihm telefoniert. Er erwartet uns im Schloß!«
»Von mir aus«, brummte Gide. Mit Tatis Tüte unterm Arm trat er den Rückweg an, während die jugendlichen eilig dem Schloß entgegenstrebten.
Das riesige, gespenstisch verwinkelte Bauwerk spiegelte einen Mischmasch verschiedener Zeitalter auf den Resten eines römischen Kastells. Einst war hier das abendländische Seerecht beraten worden. Und hier hatte vorübergehend die Dame »Alienors von Aquitanien« gewohnt: erst Königin von Frankreich, dann Königin von England. Ein Seitenteil des Schlosses verschmolz mit den Felsen von Cap Felmy, ebenso wie die dazugehörige Kirche, In jüngster Zeit hatte man in den drei Stockwerken einige Fenster zugemauert, scheinbar regellos, um den Betrachter über die Lage der »Schatzkammer« irrezuführen.
Vor der Freitreppe standen die Rodincourtschen Leibwächter »Kofferschrank X« und »Kofferschrank Y« mit einem uniformierten Polizisten.
»Kofferschrank X« winkte leutselig: »Da seid ihr ja«, begrüßte er Tati und die jungen. »Lehnt die Räder da an die Wand. Monsieur Robert erwartet euch schon.«
»Der Pudel muß mit hinein. Er ist dressiert und soll etwas aufspüren!« behauptete Superhirn. Geleitet von den beiden »Kofferschränken«, tappten die Gefährten ins Innere des kalten, dunklen Gemäuers, zunächst eine geschweifte Treppe empor, dann einen ansteigenden Gang entlang, dessen Boden getippt war, als gälte es, winterlichem Glatteis vorzubeugen. Plötzlich standen sie in einem gähnend leeren Spiegelsaal.
»Endstation!« beschied »Kofferschrank Y«. Das klang wie: Wer weitergeht, wird ins Bein gebissen!
»Ist das der Vorsaal zum Tresorraum, wo das Bild hing?« fragte Superhirn.
»Erraten«, knurrte »Kofferschrank X«. »Der Spiegelsaal ist sozusagen unsere Wachstube, wenn Besuch im Allerheiligsten' ist, haha …« Er winkte Superhirn an die mit vergoldeten Streben ausgestattete Spiegelwand heran: »Dahinter ist nicht etwa eine gewöhnliche Mauer. Die Gemäldekammer wird durch Material isoliert, wie man's in der Weltraumfahrt verwendet. Sie gleicht einer Kapsel. Wenn das Schloß brennt und einstürzt: Das Tresorzimmer mit dem Bild zieht ein Kran unversehrt aus den Trümmern!«
»Ohne das Bild jetzt, wollten Sie sagen«, grinste Superhirn. »Den RÄUBERSCHWUR von Barbarini hat Madame Dingdong ja geklaut, nicht?«
»Wer soll es sonst gewesen sein?« rief der andere »Kofferschrank«. »Es war ja niemand da.«
»Wirf mal einen Blick durch die goldene Rosette hier«, forderte »Kofferschrank X« Superhirn auf. »Das ist eins der vielen Gucklöcher aus Kinoglas, wie man's in Armee-Panzerwagen verwendet!«
Superhirn hielt sein Auge an das Loch, das in der Schnitzerei hervorragend getarnt lag.
»Was siehst du?« fragten beide »Kofferschränke« fast zugleich.
»Einen fensterlosen Raum mit wenigen Möbeln«, erwiderte Superhirn. Er sprach allerdings mehr zu den atemlos verharrenden Gefährten. »Der Raum ist künstlich beleuchtet, grell wie 'ne unterirdische Ladenstraße. Und darin war das Millionenbild? An welcher Seite hing es?«
»Links. Aber das Bild konnte man selbst durch diese Spionierlöcher nicht sehen«, erläuterte »Kofferschrank Y«. »Immer wenn ein Fremder dort drinnen war – wie Madame Dydon am Unglückstag -, mußten wir Wachmänner abwechselnd durch eins der Löcher spähen. Der alte Herr Rodincourt aber saß die ganze Zeit in einem Sessel neben dem Bild, Verstehst du? Er behütete es mit seinem Leben!«
»Und ihn und das Bild konnte man also nicht sehen«, überlegte Superhirn. Hm. Er hat die Gucklöcher so anbringen lassen, daß kein Unberufener von hier aus auch nur ein Eckchen seines Schatzes erblickt.« Er drehte sich um. »Hinter und neben dem Tresorzimmer gibt es kein Geheimkabinett, nicht wahr? Ein-und Ausgang besteht aus einer hermetisch schließenden Panzertür?«
»Oja. Wenn man von diesem Saal aus durch eine Schleuse geht, trifft man auf diese Panzertür«, bestätigte »Kofferschrank X« bereitwillig.
»Aber dann hätte doch die Dingdong mit dem geklauten Bild an Ihnen vorbeirennen müssen!« rief Tati gereizt. »Durch Panzerwände konnte sie nicht
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