Superhirn Sammelband
auch der hatte sich sicherlich seit dreißig Jahren nicht mehr damit rasiert. Doch Superhirn behauptete mit kalter Stirn:
»Das ist das Tatwerkzeug! Damit ist das Bild aus dem Rahmen geschnitten worden.«
»Zeig mal!« rief Monsieur Robert eifrig.
Er und die beiden »Kofferschränke« sausten auf den leeren Rahmen zu. »Hm. Aber man sieht keine Schnittstellen«, bemerkte »Kofferschrank X«.
»Vielleicht stellen Sie sich mal neben den Rahmen«, meinte Superhirn. »Von der Seite erkennt man die Schnittstellen besser.«
Die beiden Wachmänner und der junge Rodincourt gehorchten verblüfft. Dann drehten sie sich um. Alle drei murmelten nacheinander:
»Das hat die Kripo hundertmal untersucht!«
»Schnittstellen sind nicht sichtbar!«
»Gerade das ist ja das Unbegreifliche an der Sache …!«
»Danke«, sagte Superhirn. »Wo ist die Alarmanlage?«
»Nun«, erklärte Robert. »Das ist ein ganzes System! Zur Zeit, als Madame Dydon hier putzte, war sie ausgeschaltet. Die empfindliche Anlage verträgt allein schon den Staubsauger nicht. Dafür saß ja mein Vater da! Er ist zwar 87 Jahre alt, aber er hat die Augen eines Adlers und die Straffheit eines Sportfunktionärs!«
»Hat jemand die Anlage in Tätigkeit gesetzt, als das Bild weg war?« fragte Superhirn. Die »Kofferschränke« guckten dumm. »Kofferschrank Y« gab zu: »Nein. Als wir den alten Herrn am Boden liegen sahen, benutzten wir das Telefon. Ehrlich gesagt, wir glaubten nur an einen Schwächeanfall, Daß das Bild weg war, bemerkte mein Kollege erst, als ich bereits telefonierte. Hätten wir den Diebstahl gleich begriffen, dann …«
»Was dann … ?« fragte Superhirn lauernd.
»Dann hätten wir uns das Telefonat mit dem Notarzt erspart«, erwiderte »Kofferschrank X«.
»wir hätten die Alarmanlage eingeschaltet und einfach auf den Bilderrahmen gedrückt!«
»Auf den Bilderrahmen gedrückt?« wiederholte Superhirn. »Was geschieht, wenn einer auf den Bilderrahmen drückt?«
»Um Himmels willen.« erwiderte Robert, »Da schrillen Alarmklingeln im ganzen Schloß! Auf den Schloßdächern drehen sich Blaulichter, und beim Kommissariat in Brossac fällt eine Klappel«
»Können Sie die Anlage mal kurz einschalten?« fragte Superhirn. »ich meine: das System, nicht den Alarm!«
»Natürlich. ich wüßte nur nicht, wie uns das weiterhelfen sollte«, antwortete der junge Rodincourt. Er tippte auf eine Kontaktstelle neben dem Rahmen, und sofort leuchtete unmittelbar darunter eine rote Kontrollampe auf.
»Danke!« rief Superhirn. Wie ein Panther sprang er auf den leeren Rahmen zu und klopfte mit beiden Händen darauf herum. Die Wirkung war entsetzlich.
Robert hatte von Klingeln, von Drehlichtern auf den Dächern gesprochen – aber in der Eile hatte er vergessen, die Sirenen zu erwähnen. Die heulten nun zum Steinerbarmen. im Schloß war ein Lärm wie auf einem untergehenden Schiff.
Superhirn stand schon wieder am Rundtisch, um seine Ananas in die Tüte zu stecken. Als die »Kofferschränke«, gefolgt von dem schreckensbleichen Robert, verwirrt und wütend auf ihn eindrangen, hob er nur die Hand:
»Alles okay. Eine optische Täuschung, die mit dem Abstellen der Alarmanlage zusammenhing. Sicher hat der alte Herr einen elektrischen Schlag an dem Schalter gekriegt und ist deshalb hingestürzt! Überfallen hat ihn wirklich niemand!«
»Waaas …?« brüllte »Kofferschrank X«.
»Na, da ist doch das Bild!« lächelte Superhirn. »Es hängt im Rahmen, wie eh und je! Der millionenschwere RÄUBERSCHWUR von Barbarini!«
Alle, die sich im Tresorraum befanden, fuhren auf dem Absatz herum und starrten auf das eben noch leere Rechteck innerhalb des Rahmens. Nur der Pudel lief schniefend hin und her, denn er wußte mit der furchtbaren Aufregung nichts anzufangen. jetzt war der Rahmen ausgefüllt mit herrlich kräftigen Farben: Da glomm das blutrote Feuer, da quoll der Rauch, da dräuten die Schatten, da reckten sich die überkreuzten Hände der schwörenden Räuber des Meisters Barbarini. Das unersetzliche Gemälde war wieder da …!
Und noch immer schrillten die Klingeln, weiter heulten die Sirenen in sägendem Ton. Superhirn hatte seine Tüte mit der Ananas vom Tisch genommen. »Ich sagte doch«, rief er triumphierend, »das Bild ist niemals gestohlen worden! Madame Dingdong ist unschuldig!«
– 8 –
Verwirrung am Tatort – und Superhirns Super-Triumph!
Zwanzig Minuten später wimmelte es im Schloß von Kriminalbeamten und uniformierten Polizisten. Die
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