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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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von zwanzig Milliarden Tonnen umschließt?«
    »Ich nehme an«, sie blieb stehen, um Luft zu holen,
»dass alles zu schnell vorbei wäre, um sich noch Sorgen zu
machen, sollte was schief gehen.«
    »Wahrscheinlich.« Er hielt inne. »Für einen
solchen Notfall ist der größte Teil der Besatzung ja
überhaupt an Bord. Ich natürlich nicht, ich gehöre
schließlich zur Unterhaltungsabteilung. Nein, ich meine die Schwarzkittel, das technische und Wartungspersonal. Falls
etwas schief läuft, müssen die improvisieren.«
    »Na, wenn das zuwissen nicht tröstlich
ist.«
    Wieder so eine sarkastische Bemerkung von ihr. Aber das rann von
ihm ab, so schnell wie das Wasser von einem Entenrücken.
»Da sind wir.«
    »Wo?« Über seine Schulter hinweg blickte sie
verständnislos auf eine Tür, die langweilig und ganz normal
aussah.
    »Hier.« Er lächelte affektiert. »Das hier ist
der hintere Bühneneingang zum Live- und Aktionstheater auf Deck
C. Möchten Sie eine Aufführung sehen? Oder vielleicht die
Theaterbar?«
    »Wow.« Sie grinste. »Lasst die Clowns
herein!«
    Mit schwungvoller Geste reichte Svengali ihr eine rote Nase. Dann
gingen sie hinein.

 
vorbereitung auf schimären und
spürhunde
     
    Rachel Mansour, Handlungsbevollmächtigte des Ständigen
Ausschusses der Vereinten Nationen für Interstellare
Abrüstung (Abteilung Ermittlungen), ging langsam die
einschüchternd breiten Treppen vor dem Gebäude hinunter, in
dem das Ministerium für Kosmische Harmonie residierte. Die hohen
Marmorsäulen in ihrem Rücken stützten eine massive,
mit Spiegeln verkleidete geodätische Halbkugel, die wie eine
riesige künstliche Schildkröte über ihrer Umgebung
thronte. Ringsum strömte eine wahre Menschenflut über den
Platz der Republik. Büroangestellte und Bürokraten gingen
ihrer täglichen Arbeit nach und pendelten zwischen den
Büros in den Kellergeschossen der Ministerien, den verstreuten
Unterabteilungen und den öffentlichen Promenaden am anderen Ende
des nicht überdachten Platzes hin und her. Rechter Hand lag das
Ostpalais, ein rosa-weißes Backsteingebäude, das man zur
Erinnerung an die einstige Hegemonie und die Volksrevolution –
welche die alte Herrschaftsordnung hier in der Reichshauptstadt
Sarajevo vor mehr als hundert Jahren beseitigt hatte – in ein
Museum verwandelt hatte.
    Rachel fühlte sich leicht überdreht, als sie jetzt in
die frische, kühle Luft hinaustrat, eine Folge ihres
beklemmenden Gesprächs mit dem Staatssekretär, der für
die Sicherheit ausländischer Botschaften zuständig war.
Nach sechsundzwanzig Tagen an Bord der Gloriana kam ihr alles
hier eigenartig vor – von der natürlichen Luft bis zur
Farbe des Tageslichts. Vielleicht musste sie sich auch erst ein
bisschen an die veränderte Schwerkraft gewöhnen. Und mit
dem milden Kulturschock fertig werden, der ihrem Kopf zu schaffen
machte.
    Mit großen Schritten ging sie die Treppe hinunter und
über den Platz. Händler, die würzige
Kakaogetränke, frittierte Tintenfische und illegale
Aufzeichnungen öffentlicher Hinrichtungen aus den alten Zeiten
verkauften, buhlten um ihre Aufmerksamkeit, aber sie beachtete sie
gar nicht. Immerhin hat er nicht einfach abgelehnt. Ihr fiel
ein, wie der Staatssekretär hinter seinem Schreibtisch heftig
die Stirn gerunzelt hatte; er war nicht gerade glücklich
über ihr Ansinnen gewesen. »Sie wollen mir damit also
sagen, dass unsere Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichen?«,
hatte er sie herausfordernd gefragt.
    »Nein, ich sage nur, dass drei andere Sicherheitsdienste bei
der Überwachung von Diplomaten versagt haben, einer nach dem
anderen, und zwei davon waren vorgewarnt. Ihre Leute mögen ja
besser sein, aber ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn ich mich nicht
darauf verlassen möchte.«
    »Also, dann setzen Sie Ihren Plan doch um, falls die
Moskowiter damit einverstanden sind. Selbstverständlich werden
wir leugnen, davon gewusst zu haben, falls irgendetwas schief
geht.«
    Das war mehr, als man ihr vor einem Menschenalter in Neu-Dresden
zugestanden hätte, aber es war hier auch längst nicht mehr
so schlimm wie früher. Inzwischen hatten sich diese Leute das
aufklärerische Prinzip des Selbstinteresses zu Eigen gemacht und
die Idee einer loyalen Opposition aufgegriffen. Heutzutage
wählten sie sogar ihre Regierungsvertreter, obwohl in dieser
Stadt DIE PARTEI immer noch ihr traditionelles Vetorecht geltend
machte. Insgesamt gesehen, war Neu-Dresden zivilisierter als viele
andere Welten, auf denen sie

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