Supernova
Mordanschlag auf Sie
kommen, und das halten wir in den kommenden acht Tagen für sehr
wahrscheinlich – der Anschlag keinen Erfolg hat. Und zweitens so
daneben geht, dass wir herausfinden können, wer die Drahtzieher
sind und aus welchen Motiven diese Leute handeln. Wir wollen nicht
nur den Täter vor Ort dingfest machen, sondern das ganze Netz
ausheben, das dahinter steckt.«
»Verüben Sie manchmal auch selbst Attentate?«
Morrow starrte sie so an, als sei Rachel ein zweiter Kopf gewachsen.
»Ich wusste gar nicht, dass die Erde…«
»Nein!« Rachel lachte abwehrend auf. »Ganz im
Gegenteil.« Der Kellner kam. »Ich möchte die
Mangokroketten und die gebratene Schweineschulter, danke. Und ein
Glas von dem, ähm, traditionellen Roten, dem Bonnet Viper
Tisane.« Sie bestellte, ohne aufzublicken, sah aber aus dem
Augenwinkel, dass der Leibwächter den Kellner mit aufdringlicher
Wachsamkeit beschattete. Sie nickte Morrow zu. »Wie Sie sich
bestimmt vorstellen können, würden die Vereinten Nationen
sehr gern dazu beitragen, die gegenwärtige Sackgasse in den
Beziehungen zwischen der Moskauer Exilregierung und Neu-Dresden zu
überwinden. Schon deshalb, um die schreckliche Katastrophe zu
verhindern, die eintreten würde, sollte Ihr Geschwader seine
Vergeltungsmission vollenden. Insbesondere möchten wir nicht
erleben, dass bis dato unbekannte Täter so viele Mitglieder der
verbliebenen Moskauer Exilregierung umbringen, bis die Lage
unwiderruflich auf eine Katastrophe zusteuert. Wir wollen wissen, wer
eine solche Situation herbeizuführen versucht. Und
warum.«
Morrow nickte. »Nun ja, das möchte ich auch«,
bemerkte sie gelassen. »Deshalb habe ich ja
Leibwächter.«
Rachel gelang ein schwaches Lächeln. »Bei allem
gebührenden Respekt: Ich bin mir zwar sicher, dass Ihre
Leibwächter vollkommen ausreichen, um mit alltäglichen
Problemen fertig zu werden, aber in allen bisherigen Fällen,
also dreimal, ist es dem Attentäter gelungen, in eine
Sicherheitszone vorzudringen und ungehindert davonzukommen. Das sagt
uns, dass wir es hier nicht mit dem üblichen Verrückten zu
tun haben, sondern mit einem ernst zu nehmendem Berufsverbrecher,
wenn nicht sogar mit einer ganzen Gruppe. Normale Leibwächter
reichen da nicht aus. Hätte ich Mordabsichten gehabt, wären
Sie jetzt schon tot. Meine Aktentasche könnte mit einer Bombe
geladen sein, und ich hätte Ihren Leibwächter mit seiner
eigenen Waffe erschießen können… Verstehen
Sie?«
Morrow nickte widerwillig.
»Ich bin hier, um Sie am Leben zu halten«, bemerkte
Rachel leise. »Es gibt da… Nun ja, ich darf unsere Quellen
nicht nennen. Aber wir nehmen an, dass vermutlich in sechs bis zehn
Tagen ein Mordanschlag auf Sie verübt wird.«
»Oh.« Die Botschafterin schüttelte den Kopf.
Seltsamerweise schien sie sich ein wenig zu entspannen, als sei diese
direkte Warnung vor einer sehr konkreten, großen Gefahr etwas,
an dem sie sich festhalten konnte. »Was können Sie Ihrer
Einschätzung nach unternehmen, wenn dieser Profikiller mich
wirklich umbringen will?«
Der Kellner kam mit einem Tablett und servierte Rachel das
Bestellte. »Oh, mir fallen ein halbes Dutzend Möglichkeiten
ein«, erwiderte Rachel. Sie lächelte müde und fixierte
die Botschafterin so lange, bis sie zwinkerte. »Wir müssen
es mit dem Schiffsarzt abklären, aber ich glaube, Plan A
könnte klappen.«
»Wie bitte? Was haben Sie vor?«
»Plan A ist der Falschspielertrick.« Rachel stellte ihr
Glas ab. »Wir gehen davon aus, dass unsere unbekannten, aber
höchst kompetenten Attentäter ebenfalls gut informiert
sind. Falls das stimmt, werden sie wahrscheinlich, noch ehe sie zum
Schlag ausholen, erfahren oder erraten können, dass Sie
vorgewarnt sind. Deshalb möchte George einen Falschspielertrick
anwenden. Der vorbereitende Schritt besteht darin, Dr. Baxter von
diesem Planeten fortzuschicken – irgendwohin, wo mit ziemlicher
Sicherheit keine Attentäter sind. Wir möchten Sie bitten,
für den Zeitraum des höchsten Risikos so wenig
öffentliche Auftritte und wichtige Sitzungen wie möglich zu
vereinbaren.
Und dann… Nun ja, ich habe etwa Ihre Größe, und
die Unterschiede im Körperumfang können wir durch Polster
und lose Kleidung ausgleichen. Der wahre Trick wird darin bestehen,
Gesicht, Haare und Haltung richtig hinzubekommen. Wir werden
sicherstellen, dass Sie bei den unvermeidlichen öffentlichen
Auftritten ein Double haben. Mit anderen Worten: Wir sorgen für
einen Köder. Sie selbst
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