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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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dringen.
Weder so noch so.«
    Auf Mathildes Gesicht breitete sich langsam ein Lächeln
aus.

 
    Wednesday eilte durch verlassene Räume eines Habitats, die
sich in den Hochdruck-Ringen einer uralten Raumstation befanden.
Links und rechts von ihr gähnten offene Eingänge wie leere
Augenhöhlen. Der Fußboden klebte wie Sirup an ihren Fersen
und zerrte sie zurück. Irgendetwas Unsichtbares rannte hinter
ihr her, verfolgte sie wie ein Albtraum: Sie hörte das Schaben
von Klauen, das Klappern von Stiefeln. Ihr war klar, dass das Ding
die Messer für sie wetzte, konnte sich aber nicht an den Grund
dafür erinnern. Alles, was hinter ihr lag, war ein Buch mit
sieben Siegeln. Und auch das, was vor ihr lag, ließ nichts
Gutes vermuten. Irgendetwas verbarg sich vor ihr und lauerte auf sie.
Ihr Verfolger kam näher und näher, und als er sie eingeholt
hatte, spritzte eine Fontäne roter, klebriger Flüssigkeit
über ihr Gesicht. Sie befand sich am Eingang zu den
öffentlichen Toiletten auf dem Deck mit den Diensträumen,
und da lag eine Leiche, und als sie daran zerrte und »Komm
schon, Dad« sagte, wandte die Leiche den Kopf, und dieses
Gesicht, das im Erstickungstod bläulich angelaufen war,
gehörte gar nicht ihrem Vater, sondern Sven, dem Clown, und er lächelte.
    Nach Luft ringend, wachte sie auf. Ihr Herz schlug so heftig, als
wollte es gleich explodieren, und die Laken unter ihr waren kalt und
feucht vor Schweiß. Ihr linker Arm war taub, weil sie darauf
gelegen hatte, denn sie hatte auf der Seite geschlafen. Und hinter
ihr…
    … hörte sie ein Grunzen und Schnaufen, als ob dort
jemand schnarchte. Als sie ihre Lage wechselte, kuschelte er sich an
ihren Rücken und nahm sie beschützend in die Arme.
Wednesday schloss die Augen und lehnte sich zurück. Du musst
dich erinnern, dachte sie halb schlafend und zitterte bei dem
Gedanken. Immer noch konnte sie den heißen metallischen
Geschmack von Blut auf ihren Lippen geradezu riechen. Und den
Fäkaliengestank, der aus zerrissenen Eingeweiden drang. Nachdem
sie in ihre Kabine zurückgekehrt war, hatte sie sich eine halbe
Stunde lang in der Dusche abgeschrubbt, doch sie fühlte sich
immer noch so, als wäre sie von verspritzten Gedärmen
besudelt. Bald darauf hatte sich Frank von der Krankenstation aus,
die ihn gerade entlassen hatte, bei ihr gemeldet. Sie hatte ihm
gesagt, dass sie ihn sehen wolle, also war er zu ihr gekommen. Sie
hatte die Tür aufgemacht, ihn ins Zimmer gezerrt, und sofort
waren sie auf dem Fußboden wie die Tiere übereinander
hergefallen. Er hatte es genauso eilig gehabt wie sie selbst. Immer
noch schläfrig, lächelte sie bei der Erinnerung daran und
drängte sich mit den Hüften gegen ihn, bis sie seinen Penis
im Kreuz spüren konnte.
    »Frank?«, sagte sie leise.
    Er schnarchte weiter, drückte sich im Schlaf jedoch gegen
sie. Er war sehr vorsichtig mit ihr umgegangen, war sich seines
riesigen Körpers bewusst gewesen. Ganz anders als erwartet,
genau so, wie sie es gebraucht hatte. Danach hatten sie sich wie
Ertrinkende aneinander geklammert, und er hatte geweint. Ist das
klug?, hatte sie sich gefragt und die Frage gleich darauf selbst
beantwortet: Als ob das irgendeine Rolle spielte…
    Selbst im Schlaf hielt Frank sie umfangen. Seine langsamen,
rasselnden Atemzüge und sein riesiger Körper gaben ihr
Sicherheit; zum ersten Mal seit der schrecklichen Partynacht auf
Centris Magna fühlte sie sich wirklich sicher und geborgen. Zwar
war ihr durchaus klar, dass sie sich selbst etwas vormachte, aber es
tat gut und war wunderbar tröstlich. Ich hoffe nur, dass er
nicht vorhat so zu tun, als wäre das hier nie passiert.
    Irgendwann stieg Wednesday vorsichtig aus dem Bett, um ins Bad zu
gehen. Kaum war sie auf den Beinen, vibrierte ihr Ohrläppchen
wie eine aufgestachelte Biene. »Hallo?«, sagte sie
wütend und bemühte sich dabei, möglichst leise zu
sprechen. »Zu welcher Uhrzeit rufst du denn an?«
    »Wednesday, kannst du mich hören?«, erwiderte ihre
eigene Stimme, die genauso seltsam und hohl wie immer klang, wenn sie
von außen auf sie eindrang.
    »Ja. Hermann? Hier ist es mitten in der Nacht, ich habe zu
schlafen versucht.«
    »Als du aufgestanden bist, hat das eine Meldung an mich
ausgelöst. Die Romanow hat bereits abgelegt und
beschleunigt jetzt, da sie sich dem ersten Absprungpunkt nähert.
Sobald sie springt, bricht die Verbindung über den Kausalkanal,
den ich derzeit benutze, zusammen, dann bist du ganz auf dich
gestellt. Wenn alles nach

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