Supernova

feindseliger Akt betrachtet. Bitte
bestätigen Sie, dass Sie diese Erläuterung verstanden
haben.«
    »Ich…« Mannheim schluckte. »Ja, ich verstehe
und habe keine weiteren Fragen.«
    »Gut.« Der zweite Hund nahm wieder Platz und machte sich
unbekümmert daran, seinen rechten Hinterlauf abzulecken.
»Die anderen Einheiten dieses Rudels wissen nichts von dieser
Sache. Sie sind nur einfache Hunde im Dienst der Geheimpolizei. Also
belästigen Sie sie nicht mit unangenehmen Fragen! Die Befragung
ist beendet. Ich nehme an, Sie müssen sich jetzt um Ihr Schiff
kümmern?«

 
    Einschlag: T plus 1393 Tage, 02 Stunden, 01 Minuten
     
    Zusammen mit ihren Eltern und der Hälfte der Passagiere des
Rosendecks sah Wednesday von der Kantine aus zu, wie ihre Welt
unterging. Während sich das Schiff startbereit machte, hatte man
die Luft aus den aufblasbaren Tischen und Bänken gelassen und
sie an einer Wand aufgestapelt. Inzwischen nahm ein großer
Bildschirm die gegenüberliegende Wand ein. Von hier aus wurde
der Start aus der Perspektive der Sensoren übertragen, mit denen
die Radnabe der Raumstation ausgerüstet war. Eigentlich hatte
Wednesday den Start auf ihrem eigenen Bildschirm verfolgen wollen,
doch ihre Eltern hatten sie in die Kantine mitgeschleift. Offenbar
wollten die meisten Menschen bei diesem Sprung nicht allein sein.
Nicht, dass jemand die Veränderung überhaupt mitbekommen
würde: Im Gegensatz zu den dramatischen Darstellungen tat sich
gar nichts, wenn ein Sternenschiff zwischen zwei Orten mit gleichem
Potenzial, die durch Lichtjahre voneinander getrennt waren, hin- und
hertunnelte. Aber dieser Sprung besaß gewisse Symbolkraft, denn
diesen Meilenstein auf ihrem Weg würden sie nie wieder
sehen.
    »Hermann?«, fragte sie unhörbar.
    »Ich bin hier, aber nicht mehr lange. Nach dem Sprung bist
du auf dich allein gestellt.«
    »Das verstehe ich nicht. Warum?« Da Jeremy sie
anstarrte, schnitt sie ihm eine grässliche Grimasse. Er fuhr
zurück und stieß dabei so gegen die Wand, dass seine
Mutter ihn mit einem finsteren Blick bedachte.
    »Kausalkanäle funktionieren nicht mehr nach einem
Sprung, der in eine Region außerhalb ihres ursprünglichen
Lichtkegels führt. Zwar gewährleisten sie
unverzügliche Kommunikation, aber sie verletzen die
Kausalität nicht. Wenn man die miteinander verschränkten
Quanten mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander trennt, bricht
man die Verschränkung, auf die sich die Verbindung stützt.
Da ich durch eine solche, die mit deinem Zugangsimplantat
verknüpft ist, mit dir kommuniziere – und nur dadurch mit
dir sprechen kann –, werde ich nach deiner Ankunft für
einige Zeit keinen Kontakt mit dir haben. Allerdings besteht für
dich keine Gefahr, solange du im Passagierbereich bleibst und nichts
unternimmst, das Aufmerksamkeit erregen könnte.«
    Sie verdrehte die Augen. Für einen Freund, der unsichtbar
war, besaß Hermann leider ein ziemliches Talent dafür, den
aufgeblasenen Leiter irgendeiner Jugendgruppe zu imitieren. Die Wand
gegenüber war bis auf die Sterne, die hier und da wie kleine
Juwelen funkelten, dunkel und leer. Durch die Reihen der Leute, die
vor ihr saßen, wogte eine Welle leiser Gespräche. Wie so
oft fröstelte es sie bei dem Gedanken, dass sie noch so viele
Fragen hatte, aber keine Zeit, sie zu stellen. »Warum haben die
mich überhaupt gehen lassen?«
    »Die haben keine Bedrohung in dir gesehen. Hätten
sie’s getan, hätte ich dich erst gar nicht um diesen
Ausflug gebeten. Verzeih mir. Es bleibt nur noch wenig Zeit. Was du
erreicht hast, war wichtiger, als ich dir sagen kann, und ich bin dir
dankbar dafür.«
    »Was hab ich denn erreicht? Waren diese Papiere das wirklich
wert?«
    »Das kann ich dir noch nicht sagen. Der erste Sprung soll
in weniger als zwei Minuten losgehen. Von da an haben wir keinen
Kontakt mehr. Danach wirst du außerdem sehr beschäftigt
sein: Septagon ist nicht wie Alt-Neufundland. Pass auf dich auf. Zu
gegebener Zeit werde ich wieder Verbindung mit dir
aufnehmen.«
    »Stimmt was nicht, Vicki?« Erschrocken merkte sie, dass
ihr Vater sie beobachtete.
    »Alles in Ordnung, Dad.« Instinktiv schaltete sie auf
Abwehr. Warum verhielt er sich plötzlich wie ihr
Beschützer? »Was wird jetzt passieren?«
    Morris Strowger zuckte die Achseln. »Wir… äh…
müssen fünf Sprünge hinter uns bringen, ehe wir am
Ziel ankommen. Der Erste…« Er schluckte. »Unsere
Heimat, äh, die Explosion lassen wir links liegen. Du
weißt, was ein konischer