Supernova
man als
verdeckt arbeitende Waffeninspektorin einging.
Gildas Lächeln verwandelte sich unmerklich zu einer
bösen Grimasse. Ihr kosmetisches Implantat (Modell
»Politikerin«) wusste nicht, wie es einer solchen, nicht
vorgesehenen Stimmung Ausdruck verleihen sollte: Einen Moment lang
zeichneten sich bläuliche Schuppen auf ihren Wangen ab, und die
Pupillen verengten sich zu vertikalen Schlitzen. Sekunden später
verschwand das Echsenhafte aus ihrem Gesicht. »Da bin ich
anderer Meinung«, gab sie leichthin zurück und wischte
jeden Einwand weg. »Es war Ihre Aufgabe als Beamtin vor Ort,
Rechenschaft über die mit Ihrem Einsatz verbundenen Ausgaben
abzulegen. Die Vereinten Nationen sind kein Goldesel. Wir alle haben
gegenüber unseren Aktionären die treuhänderische
Pflicht, dafür zu sorgen, dass auch Einsätze zur
Friedenssicherung gewinnbringend durchgeführt werden. Und nun
ist da eine klitzekleine Sache aufgetaucht, nämlich achtzig
Kilogramm von stark angereichertem, für militärische Zwecke
geeignetem Uran, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Uran,
meine Liebe, wächst nicht auf Bäumen. Außerdem haben
wir noch Ihre unbefugte Nutzung diplomatischen Notgepäcks erster
Klasse. Nach der wirren Aufstellung Botschafter Chos sollte es dazu
dienen, Ihre so genannte Dienstreise an Bord des Schlachtkreuzers im
Zielgebiet Ihres Einsatzes abzusichern. Später, als alles schief
lief, ging dieses Notgepäck bei Ihrer Flucht drauf. Schon zu
Beginn des Einsatzes haben Sie ein Scheitern prognostiziert –
also hätten Sie es von Anfang an besser wissen müssen und
gar nicht erst mitfliegen dürfen. Und dann haben Sie sogar noch Tramper anBord der Notkapsel genommen…«
»Nach den Vorschriften des Allgemeinen Raumgesetzes war ich
sogar dazu verpflichtet, jede gestrandete Person zu bergen,
soweit noch Platz an Bord war.« Rachel warf dem obersten
Speichellecker einen wütenden Blick zu, den er sofort erwiderte,
um dann hastig die Augen abzuwenden. Verdammt, das war ein Fehler.
Der Schlag hat gesessen. »Außerdem möchte ich Sie
daran erinnern, dass ich nach Abschnitt zwei der Einsatzrichtlinien
im Fall eines militärischen Konflikts das Recht habe,
dienstliche Einrichtungen zur Rettung von Angehörigen zu
nutzen.«
»Damals waren Sie ja noch gar nicht mit ihm
verheiratet«, fiel ihr die Vorsitzende eiskalt ins Wort.
»Sind Sie sicher, dass es keine Zweckheirat war?«,
zwitscherte Speichellecker Nummer zwei, der die Chance witterte,
seinerseits einen Treffer zu landen.
»Ich würde sagen, die Fakten legen diese Vermutung
wirklich nahe«, bestärkte ihn der oberste
Speichellecker.
»Die Fakten besagen, dass Sie offenbar sehr viel Geld derVereinten Nationen ausgegeben, aber nichts von Bedeutung
bewirkt haben«, stimmte Madame Vorsitzende tirilierend ein.
Jetzt war sie in Fahrt gekommen: Sie beugte sich vor, um zum letzten
Schlag auszuholen, wobei sich ihr Busen vor Erregung hob. Das
Triumphgefühl zeichnete rote Flecken auf ihre Wangen. »Wir
verlangen von Ihnen volle Rechenschaft für diesen Einsatz,
Attaché Mansour. Grob gesagt haben Sie mehr als zwei Millionen
ECUs offizieller Gelder in den Sand gesetzt; für eine Mission
verschwendet, die keine messbaren Vorteile erbracht hat, auf die Sie
sich berufen könnten. Sie stehen auf unserer Personalliste und
sind mir unterstellt; Ihr Versagen wirft ein schlechtes Licht auf die
Abteilung Unterhaltung und Kultur. Oder war Ihnen etwa nicht klar,
wie nachteilig sich Ihre Spionagespinnereien auf unsere ernsthafte
Arbeit auswirken können? Auf die Aufgabe, die Produkte unserer
Kunden im Ausland zu vermarkten? In Ihrer fernen Vergangenheit kann
ich ein paar unbedeutende Beiträge zu unseren
grundsätzlichen Zielen ausmachen, aber für das hier können Sie kaum mildernde Umstände geltend machen.
Deshalb geben wir Ihnen siebenundzwanzig…«
»Sechsundzwanzig!«, warf Speichellecker zwei ein.
»… sechsundzwanzig Tage, sich einer vollen
abteilungsübergreifenden Anhörung zu stellen, mit der
Auflage, einen detaillierten Bericht über die Verwendung der
Gelder während der Operation Mike November Charlie Vier Sieben
Schrägstrich Delta zu erstellen. Außerdem erwarten wir von
Ihnen eine Evaluierung der bestmöglichen Schadensregulierungen,
die Ihre berufliche Haftpflichtversicherung im Zusammenhang mit Ihrem
Einsatz bieten kann. Dem Einsatz, der angeblich verhindert hat, dass
sich ein Buschfeuer zu einem richtigen interstellaren Krieg
ausgeweitet hat.« Angesichts ihrer
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