Supernova
zuständig?«
»Die Stadtverwaltung hat eine externe Stelle damit beauftragt
- ich glaube, Lloyds hat etwas damit zu tun. Wie auch immer: Alles,
was Sie an Ausgaben haben, stellen Sie uns in Rechnung, und
wir klären es ab. Alles, was Sie für diesen Einsatz
brauchen, wird Ihnen zur Verfügung gestellt, basta.«
»In Ordnung.« Sie seufzte, leicht angewidert davon, wie
einfach es war, in alte Denk- und Verhaltensmuster
zurückzufallen. Beim letzten Mal hatte sie sich geschworen,
einen solchen Einsatz nie wieder zu übernehmen. Damals hatte sie
nach Abschluss der Arbeit tatsächlich versucht, sich die
Pulsadern aufzuschneiden, war aber schließlich zur Vernunft
gekommen und hatte sich gesagt, dass es leichtere Methoden gab,
diesem Job zu entkommen. Zum Beispiel die, noch riskantere
Aufträge zu übernehmen – wie sich im Nachhinein
herausgestellt hatte. »Eine Bedingung: Sorgen Sie dafür,
dass jemand sofort meinen Mann benachrichtigt. Falls er in der Stadt
ist, soll er in Deckung gehen. Und veranlassen Sie, dass so viele
Menschen wie möglich Schutzräume aufsuchen. Die
älteren Wohnungen sind so löcherig wie Schweizer Käse,
stimmt’s? Ich kann nicht garantieren, dass ich diese Sache ganz
allein ohne unterstützendes Team und Abfangteam erledigen kann,
und möchte nicht, dass Sie Wunder erwarten. Ist ein
Katastrophendienst in Bereitschaft?«
»Wir lassen die benachbarten Gebäude bereits
räumen. Der Katastrophendienst erwartet Sie bei Ihrer Ankunft
vor Ort. Unser regulärer SXB-Trupp ist auf dem Heimweg, aber
früher als in anderthalb Stunden werden die nicht eingreifen
können. In etwa zehn Minuten sind sie wegen des Wiedereintritts
in die Atmosphäre nicht mehr zu erreichen. Deshalb werden die
Ihnen wohl kaum eine große Hilfe sein.«
»Alles klar.« Rachel nickte
überflüssigerweise. Wegen der Anhörung trug sie
formelle Kleidung, doch im Unterschied zu Madame Vorsitzender hielt
sie nicht viel von femininen Rüschen und sonstigen
Kinkerlitzchen im Retro-Stil. Es reichte ihr, dass sie so etwas in
dem Jahr hatte tragen müssen, das sie in der Neuen Republik
verbracht hatte. Was hat die Kuh überhaupt gegen mich?, fragte sie sich und nahm sich vor, später in den
entsprechenden Unterlagen zu graben. Sie veränderte die Farbe
ihrer Jacke und Hose zu himmelblau, weil das beruhigend wirkte,
lehnte sich zurück und atmete tief und gleichmäßig.
»Hat wohl keinen Zweck, Sie um eine kugelsichere Weste zu
bitten. Stehen irgendwelche Scharfschützen zur
Verfügung?«
»Es sind drei Mannschaften auf dem Weg. In etwa zwanzig
Minuten könnten sie den Tatverdächtigen ins Kreuzfeuer
nehmen. Sie sind mit Sichtgeräten ausgestattet, die auch durch
harte Böden dringen. Inspektor MacDougal hat die
Einsatzleitung.«
»Hat er die anderen Wohnungen schon räumen
lassen?«
»Das läuft bereits. Sie – Inspektor MacDougal ist
eine Sie - sorgt dafür, dass zur Ablenkung Krach gemacht
wird, während ihre Leute die Zivilisten herausholen. Unsere
Befehle lauten so, dass alles zu vermeiden ist, was ihn vorwarnen
könnte.«
»Gut… Hm, Sie sagten, er sei Künstler…«
Rachel dachte kurz nach. »Weiß jemand, welche Art von
Künstler?«
Der Transporter bog um die Ecke zum Boulevard Jacques und raste
danach die einspurige Straße entlang. Andere Fahrzeuge, durch
Funksignal gewarnt, machten den Weg frei und schwenkten zur Seite.
Zwei Lastwagen der Polizei mit federnden pneumatischen Reifen holten
schnell auf. Die Gebäude in dieser Gegend waren alt. Sie
bestanden aus Stein und Holz – Materialien, die noch aus der
Zeit vor der Diaspora stammten und längst aus der Mode waren.
Das verlieh dem alten Viertel etwas von der Atmosphäre eines
Themenparks mit Nachbauten des einundzwanzigsten Jahrhunderts;
allerdings war dieser »Park« sehr heruntergekommen und
längst dem Verfall preisgegeben.
»Er stellt gewisse historische Szenen nach. Hier steht etwas
über Kolonien. Über Kolonialismus. Offenbar geht es ihm
stets darum, den Befreiungskampf der Schwarzen vor dem Holocaust in
Szene zu setzen. Er will den historischen Prozess zeigen.«
»Vor dem Holocaust? Welchem Holocaust?«
»Dem in Afrika. Es heißt hier, er verkörpere einen
Herrscher aus der Zeit vor dem Völkermord, einen Herrscher
namens Idi Amin… äh… Idi Amin Dada. Laut einer
Pressemitteilung versucht er, die absurden Elemente in der
Dialektik der proletarischen Erneuerung Ugandas neu zu
interpretieren, indem er sie im Eicht des neo-dadaistischen
Situationismus
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