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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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in
Neu-Dresden verlasse – das ist das vorläufige Ende meiner
Tour –, werde ich vielleicht der einen oder anderen dieser
Neigungen frönen, wie ich gestehen muss.«
    »Hoffentlich keinen mörderischen Neigungen.«
    Svengali grinste ohne jede Spur von Humor. »Wie sollte ein
einfacher Clown mit so etwas zu tun haben? Die einzigen Dinge, die
ich regelmäßig aus der Welt schaffe, sind klare
Grundsätze.«
    »Freut mich zu hören.« Frank nahm einen weiteren
Zug von der Zigarre, ließ den Rauch in einem dicken blauen
Strom aus seinem Mund weichen und tat so, als habe er nicht
bemerkt, dass sich die Kellnerin verstohlen Propfen in die Nase
gesteckt hatte. »Sind Sie je auf Flüchtlinge aus Moskau
gestoßen?«
    »Hm, das müsste dann ja… vor wie vielen
Jahren?… vor vier Jahren gewesen sein, stimmt’s?«
    »In etwa. Die Katastrophe selbst hat sich vor…«,
Frank sah auf die Armbanduhr, »… vor rund vier Jahren und
neun Monaten ereignet, wenn man die Standardzeit des Reiches zugrunde
legt.«
    »Hm.« Svengali nickte. »Ja, es gab dort abgelegene
Raumstationen, nicht wahr? Ich erinnere mich daran.« Er legte
seine Zigarre einen Augenblick ab. »Die ganze Sache hat die
Flugpläne hier wirklich durcheinander gebracht. Jedes Schiff
hatte Gewehr bei Fuß zu stehen, um Rettungsaktionen
durchzuführen. Und das geschah auch. Allerdings habe ich damals
für eine äußerst böswillige Zirkusdirektorin auf
der Erdseite von Morgaine gearbeitet, für eine Frau namens
Eleanor Ringling. Sie hatte die seltsame Vorstellung, Clowns
wären so etwas wie ungelernte Arbeiter, und pflegte uns
härter ranzunehmen als die Zirkustiere. Am Ende musste ich
tatsächlich vor ihr fliehen, ausgestattet mit falschen
Papieren und Bargeld für eine Kälteschlaf-Reise nach
irgendwo.
    Sie versuchte nämlich, mich wegen einer angeblichen
Schuldverschreibungsurkunde, auf der sie meine Unterschrift
gefälscht hatte, vor Gericht zu bringen.« Er schnaubte.
»Glaube, ich bleibe beim Rum, wie?«
    »Nur zu.« Frank zog an seiner Zigarre, die zwar nicht so
gut schmeckte wie solche aus seinem persönlichen Vorrat, aber
durchaus der Qualität der von irgendwelchen
Sicherheitskontrollausschüssen beschlagnahmten Waren entsprach.
Für eine öffentliche Bar war sie auf jeden Fall annehmbar.
»Hm. Ringling. Da klingelt was bei mir. Wurde sie nicht vor ein
paar Jahren unter seltsamen Umständen tot aufgefunden? Hat einen
Skandal oder so was ausgelöst.«
    »Dazu kann ich unmöglich etwas sagen. Aber es würde
mich nicht wundern, wenn sich ein Zirkuselefant auf sie draufgesetzt
hätte. Diese Frau hatte wirklich ein Talent dafür, sich
Feinde zu machen. Falls ich diesen Kontinent je wieder sehe, werde
ich jedenfalls ihr Grab besuchen. Nur um sicherzugehen, dass sie auch
wirklich tot ist, wissen Sie.«
    »Klingt ja wirklich so, als wären Sie Feuer und Flamme
füreinander gewesen.«
    »Oh, das waren wir auch«, erwiderte Svengali, der in
Fahrt gekommen war. »Sie war die Brandstifterin und ich der
Katalysator. Und die Zündung wurde durch ihre seltsamen
Vorlieben ausgelöst. Sie stand nämlich darauf, gefesselt
auf einem Bidet zu hocken, während ein Mann mit Gumminase auf
sie eindrosch – mit Würsten. Wir…«
    Er brach ab und blickte über Frank hinweg.
    »Was ist…« – Frank wandte sich um –
»… denn los?« Als er aufblickte, sah er über sich
das Gesicht eines der Jugendlichen vom Ecktisch, das ihn schweigend
und missbilligend musterte. Der Junge war blond, hohlwangig und so
schwer gebaut wie ein Atombunker. Außerdem so groß, dass
er selbst Frank überragte.
    »Sie verpesten die Luft«, sagte er mit eisiger
Höflichkeit. »Bitte machen Sie das sofort aus.«
    »Ach ja?« Frank setzte ein hinterhältiges Grinsen
auf. Gleich geht’s hier rund. »Wie seltsam, hab ich
ja gar nicht bemerkt. Das ist eine öffentliche Bar, oder
nicht?«
    »Ja. Aber so, wie die Dinge liegen, habe ich nicht die
Absicht, diesen scheußlichen Gestank weiter einzuatmen.«
Die Nasenflügel des Jungen bebten.
    Frank inhalierte noch einmal gründlich und ließ den
Rauch durch die Nase entweichen. »He, Fräulein. Würden
Sie diesen Scherzkeks bitte über die Vorschriften zur
Brandsicherheit an Bord aufklären?«
    »Klar doch.« Es war das Erste, was er sie seit seiner
Ankunft sagen hörte. Sie wirkte wie der starke, wortkarge Typ,
eine dieser jungen Frauen, die sich durch Arbeit das Geld verdienen,
um verschiedene Welten kennen zu lernen und ihren Horizont zu
erweitern. Eine Seite

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