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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Unternehmensphilosophie von
WhiteStar ist ein Unterhaltungsprogramm, das auf Teufel komm raus auf
Nostalgie macht. Betrachten Sie sich selbst als
Geschäftsreisenden, der die Reisezeit produktiv zu nutzen
weiß. Aber Sie sind eine Ausnahme zur allgemeinen Regel. Und
die besagt, dass sich die meisten Reisenden zu Tode langweilen und
nichts daran ändern können. Die Leute reisen, um an ein
bestimmtes Ziel zu gelangen. Warum sollten sie den Wunsch
verspüren, wach zu bleiben, über Wochen Langeweile zu
ertragen und sich dabei ständig für teures Geld den Bauch
voll zu schlagen? Sie könnten sich ja auch in Kälteschlaf
versetzen lassen und die Reise im Frachtraum hinter sich bringen. Die
Blindgänger im Kältesarg verbrauchen keinen Sauerstoff,
langweilen sich nicht und geben unterwegs kein teures Geld für
Essen und Trinken oder Unterhaltung aus. Also muss sich WhiteStar
etwas einfallen lassen, um ein Maximum von Ausgaben aus den
Passagieren herauszuholen, muss ihnen Abwechslung und ständig
Neues bieten. Ist Ihnen klar, dass der Unterhaltungsboss auf diesem
Schiff einen höheren Rang einnimmt als der Chefingenieur? Oder
worin das unternehmerische Ziel dieser Linie, inoffiziell
natürlich, besteht? Jeder Passagier, der die Reise im
Wachzustand mitmacht, soll über die Fixkosten hinaus
möglichst zusätzliche fünfzig Prozent
verpulvern.« Er deutete mit dem Kinn auf Franks neu
gefülltes Glas Rum und blinzelte verschlagen. »Woher wollen
Sie wissen, dass ich kein Animateur bin? Vielleicht ist in meinem
Glas nur Wasser, und ich bin bloß deswegen in dieser Bar, um
dafür zu sorgen, dass Sie sich selbst unter den Tisch trinken.
Und all das zu Ruhm und Ehre der Unternehmensphilosophie von
WhiteStar.«
    »Das würden Sie nicht tun«, erwiderte Frank mit
recht überheblicher Gewissheit, die von drei Gläsern
starken Rums gespeist wurde. Außerdem verfügte er
über ein feines Unterscheidungsvermögen und merkte, wenn
ihn jemand auf den Arm nahm. »Sie sind ein gottverdammter
Anarchist, und Ihr nächster Drink geht auf meine Rechnung, alles
klar?«
    »Hm.« Svengali seufzte. »Sie setzen bei mir
Ehrlichkeit voraus, dabei kennen wir uns erst seit fünf Minuten;
aber ich danke Ihnen aus der Tiefe meiner verbitterten und
verschrumpelten Herzkammern. Was für ein Schreiberling sind Sie
überhaupt, wenn Sie anderen Leuten teure Drinks spendieren
können?«
    »Einer, der sich wie ein Stinktier voll laufen lassen will,
und zwar in Gesellschaft. War ein verdammt harter Leitartikel, mit
dem ich da zurückgeschlagen habe. Und nirgendwo Politiker in
Sicht, die man verprügeln gehen könnte, bis wir – wo
immer auch – ankommen. Meine Mama hat mir immer gesagt, es sei
nicht gut, einsam und allein zu trinken. Also tue ich mein Bestes,
ihren Rat zu beherzigen. Ehrlich gesagt werden Sie mich nicht mehr
mögen, wenn Sie mich erst richtig kennen lernen; sobald ich
nüchtern bin, bin ich ein herzloser Mensch.«
    »Hm, vielleicht kann ich Ihnen helfen. Ich hab das Herz eines
Achtjährigen, bewahr es in meinem Gepäck auf, in einem Glas
mit Formaldehyd. Ah, bitte entschuldigen Sie – aber falls das
komisch war, sollte ich Ihnen den Witz wohl in Rechnung
stellen.«
    »Keine Sorge, ist bei mir gar nicht angekommen.«
    »Dann ist es ja gut.«
    »Noch einen Doppelten«, sagte Frank, an die Bedienung
gewandt. »Was für Zigarren haben Sie dabei?«
    »Zigarren, sagen Sie?«, fragte Svengali. »Mir sind
die Sargnägel gerade ausgegangen.«
    »Jawoll, Zigarren.« Die saubere Gruppe in der Ecke
gegenüber fing an, irgendwelche rhythmischen Wanderlieder zu
singen. Für Franks Ohren klangen die Worte so, als sei es ein
aus dem Deutschen abgeleiteter Dialekt. Als die Jugendlichen im Takt
des Liedes die Biergläser auf den Tisch knallten, fuhr Svengali
zurück, entnahm dem angebotenen Humidor zwei dicke
Havannazigarren und reichte eine an Frank weiter. »He, haben Sie
Feuer?« Svengali zuckte die Achseln, schnippte mit den Fingern
und ließ eine Flamme aufzüngeln.
    »Danke.« Frank nahm versuchsweise einen Zug, zuckte
leicht zusammen und nahm einen weiteren. »Schon besser. Einen
Drink und Zigarren, was könnte es im Leben Besseres
geben?«
    »Guten Sex, Geld und tote Gegner«, erwiderte Svengali.
»Allerdings nicht im Augenblick, wie ich gleich hinzufügen
sollte: Aufgrund von Erfahrung und Ehrlichkeit muss ich zugeben, dass
es im Allgemeinen keine gute Idee ist, das Leben an Bord mit Sex,
Geld und Mord zu vermischen. Aber sobald ich das Schiff

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