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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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schickte Drohnen, so groß wie Vögel,
aus, damit sie in der Luft kreisten und Panoramabilder vom ganzen
Platz aufnahmen. Als Frank tief Luft holte, nahm er den Geruch von
warmem Blut, Thelmas überraschend scharf riechenden
Schweiß und den Gestank der eigenen Angst wahr. Vom Pflaster
des Platzes, der bald glühend heiß sein würde, stieg
leichter Staub auf, dessen Hitze handgreiflich zu spüren war.
»Ich habe einen offenen Kanal gefunden«, rief Alice ihm
über die Schulter zu. »Einer der örtlichen Sender
bringt irgendeine Ankündigung der Föderierten. Tu mir einen
Gefallen, Frank, und schaff mir das vom Hals. Transkribier es und
fass es zusammen.«
    »Okay.« Frank stellte sich auf die Übermittlung ein
und ließ sie sich in einen Winkel des linken Auges projizieren,
während er zusah, wie Thelma fachkundig ein Pflaster abschnitt
und es auf den Schlamassel aus Blut und dünnem Haar auf Phibuls
Kopf klebte. Trotz seiner Furcht war er froh, dass sie sich der
Situation gemeinsam stellen konnten – nicht allein und
verängstigt in ihre Zimmer oder Polizeizellen gesperrt. Das
ferne Brandungsgeräusch hatte sich mittlerweile in ein
Gebrüll von Stimmen verwandelt, die näher und näher
kamen. Alice schickte ihm auch noch die Aufnahmen von zwei Drohnen,
mit denen er so lange herumjonglierte, bis er seinen eigenen
Hinterkopf erkennen konnte: Er kniete gerade am leeren Schwimmbecken,
neben einem verletzten Reporter und einer sehr beschäftigten
Frau. »Das ist ja… He, Leute!«
    Er leitete das Material des örtlichen Senders auf eines von
Alices Abspielgeräten um, das über einen Bildschirm
verfügte. Im Hintergrund war Marschmusik zu hören (die
hierzulande eher wie klassischer Heavy Metal klang). Zu sehen
war ein wichtigtuerischer Mann in Dunkelblau, auf dessen Brust jede
Menge bunter Orden und Abzeichen prangten. Er saß hinter einem
Schreibtisch und fühlte sich bei seiner Ansprache offenbar nicht
besonders wohl. »Angesichts des Notstands hat der
Friedensausschuss alle loyalen Bürgerinnen und Bürger
aufgefordert, nach Möglichkeit in den Häusern zu bleiben.
In den besonders betroffenen Städten Samara und Redstone wurde
gestern um 26.00 Uhr eine Ausgangssperre verhängt. Jeder, der
sich in oder im Umkreis von Samara und Redstone im Freien
aufhält, muss sich zum eigenen Schutz sofort zu einer Unterkunft
begeben. Ansammlungen von mehr als vier Personen sind untersagt.
Außerdem wird die Streitmacht zur Wiederherstellung von Ruhe
und Ordnung gemäß den Bestimmungen zum Kampf gegen den
Terrorismus tödliche Waffen einsetzen, sofern sie sich selbst
bedroht sieht…«
    Thelma stand auf. »Ich muss einen Kanal nach draußen
finden«, sagte sie angespannt. »Seid ihr bereit, mir zu
helfen?«
    »Und wie sollen wir das deiner Meinung nach
hinbekommen?«, fragte Alice nachsichtig und drehte sich um. Sie
zog es vor, an Stelle von optischen Implantaten eine Abspielbrille zu
benutzen, was Frank als blöden Retro-Tick betrachtete. Die
Brille warf ein verrücktes Farbmuster über ihre Augen.
»Hast du nicht gehört? Wir werden auf ihre Sender
umgeleitet. Und falls du versuchst, ihr Sicherheitssystem zu knacken,
werden sie dir vermutlich ihre eigenen Schnüffler und
Störsender an den Hals schicken…«
    »Ich hab einen Kausalkanal im Gepäck«, bekannte
Thelma mit ängstlicher, aber wild entschlossener Miene.
»Der ist im zweiten Stock. Falls wir an dem Witzbold da unten
vorbeikämen…«
    »Du hast einen eigenen Kausalkanal?« Bei Frank
kämpfte Hoffnung mit Skepsis.
    »Ja, einen, der mich direkt mit Turku verbindet, und zwar
über ein einziges Quanten-Relais in Septagon. Kein
Problem.« Abwehrend streckte sie ihre Handflächen hoch.
»Fragt mich nichts, dann bekommt ihr auch keine Lügen
aufgetischt. Aber wenn ich nicht an das Ding herankomme, nützt
es auch nicht gerade viel, oder?«
    »Was brauchst du?«, fragte Alice, plötzlich
zielstrebig. Mit forschendem Blick nahm Frank ihren Gesichtsausdruck
ins Visier: Ihre Augen waren weit aufgerissen, unter ihrer
gebräunten Haut zeichneten sich scharf die Backenknochen ab, und
sie atmete schnell…
    »Ich brauche das Ding handgreiflich hier oben, damit ich eine
Verbindung herstellen kann. Ich wusste ja nicht, dass wir hier
festsitzen würden, als…« Sie deutete mit dem Kopf in
Richtung der Treppe.
    »Wie groß ist es?«, erkundigte sich Alice.
    »Winzig: Es ist die zweite Speicherkarte in meiner
Kamera.« Sie spreizte den Daumen vom Zeigefinger ab. »Sieht
genau wie eine

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