Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
ganz normale solide Steckkarte aus. Blaue
Verpackung.«
    »Arbeitet deine Kamera denn nicht in Echtzeit?«, fragte
Frank.
    »Ich hab die Kamera gesehen, das tut sie sehr wohl. Aber sie
hat einen eingebauten Sicherheitsspeicher, für den Fall, dass
das Netz mal ausfällt«, erklärte Alice knapp.
»Lass mich raten: Du hast den Kanal in deiner Kamera, um die
örtliche Zensur zu umgehen. Also kannst du deine Aufnahmen in
Echtzeit machen, die Ausbeute speichern und deinem Redakteur dann
direkt auf den Schreibtisch übermitteln, stimmt’s? Das muss
ja so teuer sein, dass jemand dafür bluten muss. Also gut, wo
genau ist diese Kamera?«
    »Im Zimmer 117, zweiter Stock. Am Eckfenster mit dem
Balkon.«
    »Hm. Hast du die Balkontür offen gelassen?«
    »Glaub schon. Warum?«
    Alice sah über die taillenhohe Sicherheitsmauer und trat
danach vom Dachrand zurück. »Ich klettere da nicht
hinunter, aber ein Vogel… hm. Ich glaube, ich habe noch einen
Abtaster zur Probeentnahme übrig. Wenn der die Karte herausholen
kann… Soll ich’s versuchen? Bist du bereit, mir dafür
die Hälfte der Sendekapazität abzutreten, falls es
klappt?«
    »Denke schon. Müssten noch sechs Terabits übrig
sein. Wir teilen sie auf, jede von uns die Hälfte.« Thelma
nickte. »Einverstanden?«
    »Sechs Terabits…«, Frank schüttelte
verblüfft den Kopf. Er mochte gar nicht daran denken, wie teuer
es gewesen sein musste, diese Milligramm von verschränkten
Quantenpunkten mit Unterlichtgeschwindigkeit-Starwisps durch die
endlosen Lichtjahre zu befördern, die Turku von diesem Planeten
trennten. Hatte man sie erst einmal benutzt, waren sie für alle
Zeiten verbraucht, denn ihre Kohärenz wurde von dem Prozess
zerstört, der es ermöglichte, den Zustand eines einzelnen
Bits zwischen zwei Punkten in kausal verbundener Raumzeit zu
teleportieren. Die Mindestkosten für
Unterlichtgeschwindigkeits-Transporte lagen bei einer Million Dollar
für das Kilogramm pro Parsec. Ein Parsec entsprach 3,26
Lichtjahren. Das war sehr viel teurer als der Transport mit
Überlichtgeschwindigkeit. Und man musste im wahrsten Sinne des
Wortes Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vorausplanen, um so etwas zu
bewerkstelligen. Aber wenn dadurch eine sichere, unverzügliche
Verbindung zu den interstellar arbeitenden Außendienstlern
gewährleistet war, die das Rückgrat der Redaktion
bildeten…
    »Ja, lasst es uns versuchen«, sagte Alice. Jenseits der
Brüstung schwoll der Lärm an.
    Frank sah, dass Alice bereits in ihrer Zaubertasche wühlte.
Schließlich zog sie eine dünne, durchsichtige Scheibe
hervor, so groß wie ihre Hand, von der kurze Tentakel
herunterbaumelten. Das Ding sah einer Qualle beängstigend
ähnlich. »Ich glaube, damit könnten wir’s
schaffen.«
    »Ist es auch genügend belastbar?«, fragte Thelma
nervös. »Falls das Ding den Kanal fallen lässt, werden
wir nie…«
    »Es wird die Sache schon packen«, rief Alice, drehte die
Scheibe um und verband sie mit einem kleinen Propangasbehälter.
»Bin gleich so weit, muss es nur noch schnell mit Gas
auftanken.«
    »Okay.« Phibul regte sich wieder, und sein Stöhnen
wurde immer lauter. Frank wandte sich um und kniete sich neben ihn.
»Ist ja gut, Mann, ist ja gut. Das wird schon wieder.
Phibul?«
    »Mein…« Als Phibul versuchte, eine Hand
hochzustrecken, griff Frank danach. Sein Mitgefühl kämpfte
gegen den starken Drang, zur Brüstung hinüberzugehen, um
einen Blick auf den Platz zu werfen. Die Menschenmenge machte enormen
Lärm. Alice hatte mittlerweile aufgehört, die Spur ihrer
fliegenden Drohnen zu verfolgen, sie waren verschwunden. Frank bekam
wackelnde Bilder übermittelt, die ihn benommen machten: einen
Ausblick auf Seitenstraßen, ein Meer von Köpfen, das die
Straße der Einheit herunterströmte, danach ein Schwenk
über das Dach einer Bank auf eine andere Straße, auf der
sich kastenförmige graue Fahrzeuge zielstrebig vorwärts
bewegten.
    »Alice!«, brüllte er und setzte sich auf.
»Lass das Ding nicht starten!«
    Alice sah geistesabwesend zu ihm hinüber, während sie
den Abzug ihres Dreifußes bediente: Die Scheibe wirbelte
über das Dach in die Luft. »Was hast du gesagt?«, rief
sie. Einen Moment lang hätte Frank verzweifelt gern daran
geglaubt, dass schon alles gut gehen würde – dass die grau
getönten Fahrzeuge, die munter herumwirbelnde Scheibe und die
grellen Blitze in seinem Augenwinkel nichts weiter zu bedeuten
hatten. Aber das Datenfenster in seinem linken Auge

Weitere Kostenlose Bücher