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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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wisse
über die Anlagen dieses speziellen Schiffes genau Bescheid und
könne sie ihr zeigen. Es war ein Schwertransporter der
Backhoe-Serie, ein neues Modell, das in den Werften oberhalb von
Burgund hergestellt worden war und dessen Versorgungssysteme aus der
Thurn & Taxis-Niederlassung Neu-Dresden stammten. Im Grunde
handelte es sich um einen mit Fusionsraketen und gegenläufig
rotierenden Spin-Rädern ausgestatteten Müllschlepper, der
über nichts so Ausgefeiltes wie eine Anlage zur
Schwungübertragung oder Schwerkraftgeneratoren verfügte.
Sein Sprungmodul war eine unabhängig arbeitende, in sich
geschlossene Einheit, irgendwo erworben, wo man wusste, wie derlei
Dinge fabriziert werden; weder Dresden noch Moskau verfügten
über ein solches technologisches Niveau, dass sie mit nackten
Singularitäten hätten um sich werfen können. Aber
Hermann kannte sich auf diesem Schiff aus, und Wednesday langweilte
sich. Also war es an der Zeit, auf Entdeckungstour zu gehen; und als
sie es Hermann mitteilte, hatte er ein paar interessante
Vorschläge parat, wohin sie sich wenden sollte.
    Wednesday konnte sich nicht von verschlossenen Räumen fern
halten, das lag ihr einfach nicht. In ihrem zweiten Schuljahr hatte
es ihre Beratungslehrerin auf den Punkt gebracht: »Sie ist wie
eine Katze – sie fasst eine verschlossene Tür als
persönliche Beleidigung auf.« Selbstverständlich nahm
sie ihren Satz von Dietrichen und den Werkzeugkasten mit. Nicht, weil
sie Böses im Schilde führte oder gern irgendwo einbrechen
wollte, sondern schlicht deswegen, weil sie sich nicht damit abfinden
konnte, nicht zu wissen, was sich auf der anderen Seite einer
Tür befand. (Das Schiff hatte eine doppelte Hülle, und die
einzigen Türen, die ins Vakuum führten, waren
Luftschleusen. Wenn sie nicht so dumm war, sich ausgerechnet eine
schwer abgedichtete Tür mit mechanischen Verriegelungen
auszusuchen, an der rote Lämpchen blinkten und vor Druckabfall
warnten, ging sie kein Risiko ein. Jedenfalls nahm sie das
an…)
    Zwar war die Begehung des Schiffes Passagieren nicht
ausdrücklich verboten, aber sie hatte das Gefühl, dass man
sie wegscheuchen würde, sobald man sie hier entdeckte. Deshalb
schlich sie sich auf schlaue Weise in die mittlere Achse, in der die
Versorgungsräume lagen, und danach hinunter in den Ring, der die
Besatzungsquartiere beherbergte: Sie setzte sich einfach auf das Dach
eines betriebsbereiten Fahrstuhls und verband sich mittels ihrer
Haftpolster mit dem Metall, während der Lift den Schacht
entlangglitt, langsamer wurde und sie mit seiner Schwungkraft zur
Seite zu drücken drohte. Zweimal fuhr sie auf diese Weise hinauf
und hinunter und hielt dabei mit Hilfe einer Taschenlampe nach
Luftschächten Ausschau, bis sie sich zum ersten Schritt
entschloss. Nachdem sie durch finstere Versorgungsschächte und
eine weitere Röhre nach unten gelangt war, setzte sie ihre Reise
auf dem Dach eines Personenfahrstuhls fort und surfte so lange, bis
sie einen der Hauptentlüftungsschächte erreicht hatte. Die
Wartungsmaulwürfe im Belüftungssystem ließen sie,
Gott sei Dank, in Ruhe, weil sie ein lebendiges Wesen war und sich
bewegte. Nachdem sie eine Stunde lang in den Schächten
herumspioniert hatte, war sie müde und leicht desorientiert. Und
genau in diesem Moment stieß sie auf die Filterhaube, die
Hermann ihr angekündigt hatte.
    Die Haube, die leise vor sich hin summte, befand sich im Boden
eines engen Schachtes, während die dazugehörigen
blattähnlichen Pumpen im Zwielicht nur undeutlich auszumachen
waren. An ihren Rändern war der schwache blaue Lichtschein
ultravioletter Lampen zu erkennen. Fasziniert beugte sich Wednesday
darüber, um die Sache zu inspizieren. Sterilisatoren an Bord
eines Sternenschiffs? In der Regel fand man sie nur innerhalb
eines Versorgungssystems. Aber das hier war das Deck mit den
Unterkünften, was also taten sie hier? Ein schneller Blick auf
die Verriegelungen brachte eine weitere Absonderlichkeit an den Tag:
Ein feines Kabel führte durch ein Loch im Fußboden des
Schachtes nach unten. Offensichtlich ein Alarmkabel und keiner dieser
unzuverlässigen Infrarot-Sensoren, den irgendein zufällig
vorbeikommender Wartungsgehilfe auslösen konnte. Auch kein
Sensor mit neuronalem Auge, der sich schon durch Schatten verwirren
ließ, sondern ein ehrlicher altmodischer Einbrecheralarm! Sie
machte sich mit ihrem Mehrzweckgerät und dem kompakten kleinen
Werkzeugkasten, den sie sich vor einigen Monaten angeschafft

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