Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
Genfer
Abkommens zur Verhinderung von Kausalitätsverletzungen, wegen
Mordes an…
    »Offen gesagt war Moskau nur eine dieser langweiligen
McWelten. Und selbst nach deren Maßstäben ein wenig
rückständig. Aber Moskau hatte eine gemeinsame – und
recht aufgeklärte – Bundesregierung, eine gemeinsame
Sprache und eine Vergangenheit, in der Völkermord, Atomkrieg,
Kannibalismus, Sklaverei oder sonstige grässliche Dinge, die ich
hier nicht benennen möchte, nie vorgekommen waren. Moskau war
nicht Utopia, aber auch nicht die Hölle. Eigentlich, würde
ich sagen, waren die Moskowiter recht nette Leute. Gelassen,
freundlich, locker, ein bisschen verschlafen. Im Gegensatz zu den
Leuten, die ihnen das Leben genommen haben, wer sie auch sein
mögen.«
    Rachel lehnte sich zurück und beobachtete George. Cho war
nicht nur Diplomat, sondern auch ein glänzender, erfahrener
Spieler, der nichts höher schätzte als eine gute
Pokerpartie. Deshalb hatte es schon Neuigkeitswert an sich, Cho wegen
irgendeiner Sache tatsächlich einmal wütend und deprimiert
zu erleben.
    Die Wand hinter ihm zeigte zusätzliches Material: leicht
bewegte Kornfelder, so weit das Auge reichte; eine Stadt, die am
Fuße blauer Berge aufragte (wenn das der richtige Ausdruck
für eine ausgedehnte städtische Siedlung war, in der nur
das Rathaus mehr als drei Stockwerke umfasste); weiß
gestrichene Häuser; riesige Fabrikkomplexe mit voll
automatisierten Anlagen; breite, menschenleere Straßen, die
sich unter einem glockenblumenblauen Himmel bis in unendliche Fernen
erstreckten.
    »Allerdings war nicht jeder Moskowiter völlig
locker«, fuhr George fort, nachdem er an seinem Wasserglas
genippt hatte. »Sie hatten eine kleine Armee, die vor allem auf
Katastrophenhilfe ausgerichtet war, und Waffen zur Abschreckung. Es
waren mit Antimaterie betriebene Bomber, die außerdem den
Wasserstoff interstellarer Magnetfelder nutzten und rund zwölf
Lichtstunden entfernt in der Oort-Wolke stationiert waren.«
    Die Wand zeigte jetzt eisige galaktische Dunkelheit und die
Nahaufnahme eines Sternenschiffs. Es war allerdings keine so elegante
Yacht wie die Gloriana, die sich mit
Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen konnte und deren winziger
Antriebskern unter dem Turm der Fracht- und Passagierdecks für
das Surfen auf der Raumkrümmung sorgte. Dieses Schiff wies die
kantige Silhouette eines Planetenzerstörers auf. Den
größten Teil des Unterlichtgeschwindigkeitsbombers nahmen
Treibstofftanks und der riesige, umgestülpte Filter der
Ansauggeneratoren ein. Indem sich das Schiff auf seiner
interstellaren Reise Wasserstoff einverleibte, um ihn als
Reaktionsmasse einzusetzen, und als Antriebskraft Antimaterie
benutzte, konnte es innerhalb weniger Wochen auf achtzig Prozent der
Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Steuerte es ein Angriffsziel an,
konnte es so lange im Schwebezustand verharren, bis es zum
entscheidenden Schlag ausholte. Nicht, dass es dazu das Tempo
gedrosselt hätte. Vielmehr »seilte« sich die Besatzung
zu diesem Zeitpunkt samt Wasserstoff vom Bomber ab und
überließ es dem übrigen Schiff, mit dem Zielplaneten
zu kollidieren.
    »Das hier ist die Rekonstruktion eines
zweistufigen Moskauer Unterlichtgeschwindigkeitsbombers der
Vindicator-Klasse. Nach allem, was wir wissen, schätzen wir den
Tau-Faktor [4] auf maximal zwei Prozent ein und die trockene Restmasse auf drei
Kilotonnen - außerordentlich viel für das Produkt einer
relativ rückständigen Welt. Die geballte kinetische Energie
umfasst insgesamt hundertzwanzig Millionen Megatonnen. Vermutlich ist
der Bomber so konstruiert, dass er sich bereits vor dem Einschlag
aufspaltet. Wenn er, geschützt durch einen Hitzeschild, mit
achtzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit in mehreren hundert
Einzelteilen einschlägt, die den Planeten durchdringen, wird er
wohl in der Lage sein, jedes normale ballistische Verteidigungssystem
eines Planeten außer Kraft zu setzen. Er würde dabei
zwanzig Prozent mehr Energie abgeben als der Meteorit, dessen
Einschlag bei Chicxulub in Mexiko nachgewiesen wurde – der
Meteorit, der vor fünfundsechzig Millionen Jahren angeblich den
Dinosauriern den Garaus gemacht hat. Jedenfalls genug, um einen
ganzen Kontinent auszulöschen und einen neuen Dinsoaurier-Winter
herbeizuführen. Mit anderen Worten: Es ist eine recht typische
Zweistufenwaffe mit Unterlichtgeschwindigkeit, die Vorzugsweise zur
Abschreckung eingesetzt wird – typisch für einen Planeten,
der keine Feinde hat und sich

Weitere Kostenlose Bücher