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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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der im Auftrag seines Unternehmens im Weltraum unterwegs
ist. Falls Sie unsere zu Liegesitzen verstellbaren…«
    Wednesday griff in die Tasche und packte ihr Reisedokument beim
Genick: »Halt einfach die Klappe!« Die Maus verstummte
sofort, zog den Schwanz ein und umklammerte ihn mit allen sechs
Pfoten. »Ich möchte, dass du mir eine halbe Stunde vor dem
Boarding Bescheid gibst. In der Zwischenzeit möchte ich
völlige Privatsphäre – so privat, dass du’s nicht
einmal merken würdest, wenn ich tot umfalle. Keine Ohren, keine
Augen, keine Analyse meines Atems: Du hältst dich in jeder
Hinsicht zurück und verzichtest auf jede Störung,
kapiert?«
    Das Reisedokument blinzelte Wednesday mit seinen großen,
dunklen, außerordentlich niedlichen Augen an. »Gut.«
Sie verstaute es wieder in der Tasche und streckte sich auf der
riesigen Fläche von Polsterkissen aus. Einen Augenblick lang
fragte sie sich, ob sie die Maus hätte bitten sollen, ihr eine
Flasche mit irgendetwas Trinkbarem zu besorgen, verwarf den Gedanken
aber gleich wieder. Derzeit war es ihr wichtiger, ihre Ruhe zu haben.
Außerdem bestand bei ihrer Pechsträhne durchaus die
Gefahr, dass sie sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken und an
ihrer eigenen Kotze ersticken würde, sofern etwas Alkoholisches
zur Hand wäre. Sie hob die beringten Finger ans Gesicht:
»Mit Hermann verbinden.«
    »Ich bin dran«, erwiderte eine anonyme, ausdruckslose
Stimme.
    »Du Leichenschänder«, zischte sie.
    »Ich kann dir jetzt sagen, was hier los ist«, erwiderte
Hermann.
    Es dauerte einen Augenblick, bis sie sich räusperte.
    »Auf Alt-Neufundland, vor der Evakuierung, habe ich einen
Fehler gemacht, Wednesday.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Einen ähnlichen Fehler wie du, als du versucht hast,
nach Hause zurückzukehren. Außen an deiner Jacke waren
Hautpartikel, Wednesday, von dir und deinem Freund. Die forensische
Abteilung der Polizei wird mindestens vier Stunden brauchen, bis sie
dein Genom identifiziert hat, aber dann wird man dich als
tatverdächtig einstufen. Bestenfalls wird man dir Vandalismus
vorwerfen, schlimmstenfalls, dass du einen Mord angezettelt hast.
Gegen deinen Freund werden die nicht lange ermitteln, aber es kann
sein, dass du selbst nicht mehr nach Hause zurückkehren kannst,
bis diese Sache aufgeklärt ist. Hast du das bewusst
riskiert?«
    Sie konnte nichts sehen. Die Ringe, die ihr in die Handfläche
schnitten, waren ihre einzige Verbindung zur Realität.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich hab gesagt…« Sie holte tief Luft und versuchte
sich zu erinnern. »… wollte fragen, wie du auf die Idee
kommst, das hier als mein Zuhause zu bezeichnen?«
    »Schließlich lebst du hier.«
    »Das besagt nicht viel.« Sie unterließ es, noch
mehr zu sagen. Auch Hermann schwieg einige Sekunden. »Ich
hätte deine Familie beschützt, wenn es in meiner Macht
gelegen hätte.«
    »Was meinst du mit wenn?«
    »Ich dachte, es wären nur zwei oder drei Verfolger, aber
das war ein Irrtum. Vorher habe ich angenommen, die Ereignisse
würden keine besonderen Folgen nach sich ziehen. Ich hätte
dich hier nicht allein lassen dürfen. Und auch nicht zulassen
dürfen, dass deine Familie hier bleibt, so nahe beim
Umsiedlungszentrum. Ich hätte überhaupt nicht zulassen
dürfen, dass ihr euch im Septagon-System ansiedelt.«
    »Auf was willst du eigentlich hinaus?« Ihre Stimme nahm
einen schrillen Ton an, den sie selbst nicht leiden konnte.
    »Ich möchte, dass du mir ein weiteres Mal hilfst.«
Pause. »Ich möchte, dass du eine Reise für mich
unternimmst. Mit Geld wirst du versorgt. Es ist ein Auftrag, der
erledigt werden muss, danach kannst du dich erholen. Es wird nicht
einmal zweihundert Tage dauern, auf keinen Fall
länger.«
    »Ich will meine Familie wiederhaben. Ich
möchte…« Sie konnte nicht weitersprechen.
    »Ich kann dir deine Eltern nicht zurückgeben.«
Hermann klang unendlich fern, ausdruckslos, nicht menschlich.
»Aber wenn du für mich arbeitest, werden die Jäger,
die ihnen das Leben genommen haben, einen Rückschlag erleiden.
Und sie werden dir nie wieder Kummer machen.«

 
mord, serienweise
     
    Vierzig Lichtjahre von der Erde entfernt, tauchte die Yacht Gloriana aus der kalten Leere zwischen den Sternen auf und
nahm wieder feste Gestalt an, wobei sie Tscherenkowstrahlung
emittierte und stahlblau glühte. Wäre sie mit der
Restgeschwindigkeit dahingetrieben, die ihr nach dem letzten Sprung
verblieben war, hätte sie fast zweihundert Jahre gebraucht,

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