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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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außenpolitisch nicht sonderlich
engagiert. Sozusagen eine Versicherungspolice gegen Invasoren.
    Moskau besaß seinerzeit vier von diesen Monstern. Und wir
wissen mit Sicherheit, dass das Frühwarnsystem sie aktiviert
hat, ehe die stellare Schockwelle ihre Abschussbasen erreichte. Wir
wissen auch, dass wenigstens drei davon zu voller Beschleunigung
hochfuhren. Was mit dem vierten Schiff passiert ist, können wir
derzeit noch nicht sagen. Wahrscheinlich hat die Nova ihnen
ernsthaften Schaden zugefügt, aber wir müssen davon
ausgehen, dass diese vier Bomber unterwegs sind, um zum Gegenschlag
auszuholen.«
    George nahm wieder Platz und schenkte sich Wasser nach. Rachel
zitterte leicht. Sie sind gestartet? Aber mit welchem Ziel? DieVorstellung war nicht nur beunruhigend, sondern auch
empörend. »Hat irgendjemand, soweit bekannt, schon einmal
eine Abschreckwaffe mit Unterlichtgeschwindigkeit losgeschickt? Ich
glaube nicht, dass ich je davon gehört habe.«
    »Darf ich?«, meldetet sich Chi Tranh zu Wort, ein
stiller Mann mit hagerem Gesicht. Er war der Experte für
Massenvernichtungswaffen und führte für Rachel hin und
wieder Recherchen in seinem Büro durch. Er war kein Agent, der
vor Ort eingesetzt wurde, aber nach dem zu urteilen, wie George
zustimmend nickte, war er offenbar von Anfang an in die Operation
einbezogen worden. »Die Antwort ist nein«, sagte Tranh.
»Wir haben noch nie erlebt, dass eines dieser Waffensysteme in
aggressiver Absicht eingesetzt wurde. Niemand kann einen Krieg
anfangen, indem er Unterlichtgeschwindigkeitsschiffe einsetzt: Er
würde seinem Gegner einen Spielraum von Jahren für einen
präventiven Vergeltungsschlag einräumen. Die ganze Idee
besteht einfach darin, über eine Abschreckmöglichkeit zu
verfügen, ein Ass im Ärmel, das einen Aggressor allzu viel
kosten würde, sollte er in eine andere Welt einfallen und sie
besetzen. Das hier ist eine Premiere, zumindest innerhalb unseres
Lichtkegels.« Er lehnte sich zurück und nickte George
zu.
    »Auf wen waren diese Abschreckwaffen gerichtet?«, fragte
Gail vorsichtig. »Ich meine, wer würde so etwas tun? Wie
werden sie gesteuert? Haben sie…« Sie wirkte verwirrt, was
Rachel mit leiser Genugtuung registrierte. Hätte sie entscheiden
dürfen, wer zum inneren Zirkel gehören sollte, wäre
diese für die diplomatische Etikette zuständige Beamtin,
die so leicht nervös wurde, bestimmt nicht ihre erste Wahl
gewesen. Was mochte sich George dabei denken?
    »Es ging um die Sicherung des Friedens.« George hob die
linke Hand zu einer beschwichtigenden Geste. »Wir,
ähm… Zum Zeitpunkt der Katastrophe führte Moskau
hitzige, unerfreuliche Handelsgespräche mit Neu-Dresden.
Übrigens steht das auch in Ihren Unterlagen. Ein früheres
Handelsabkommen, das von einer Moskauer Delegation und dem
Zentralkomitee der Balearischen Föderation bestätigt worden
war, platzte, als… ähm… die Balearen schließlich
gezwungen waren, bei der Provisorischen Regierung von Novy Srebenicza
um Frieden nachzusuchen. Vor dem Frieden von ’62 kontrollierten
die Balearen den einzigen noch intakten Raumhafen des Planeten. Das
gab ihnen die Möglichkeit, Druck auf den Frachthandel mit
Massengütern auszuüben, denn der war darauf angewiesen,
diese Güter vom Planeten in die Umlaufbahn zu transportieren.
Aber nach ’62 gewann die Patriotische Heimatfront die Oberhand.
Sie beschloss, mehrere der bilateralen Handelsabkommen zu annullieren
und die Konditionen neu festzulegen – selbstverständlich zu
ihren Gunsten –, um den Wiederaufbau des vom Bürgerkrieg
zerstörten Landes zu fördern. Die Situation spitzte sich
außerordentlich zu, als die Patriotische Heimatfront ein
Moskauer Sternenschiff sicherstellte und dessen Fracht
beschlagnahmte. Was das technologische Niveau der Einrichtungen in
der Umlaufbahn betraf, so bestanden große Unterschiede zwischen
Moskau und Neu-Dresden. Der Transport von Frachtgütern kostete
Moskau im Verhältnis gesehen ungleich mehr, auch wenn
Neu-Dresden ein Chaos hinter sich hatte und sich von einem Krieg
erholen musste. Aber Moskau verfügte nicht über das
technologische Niveau, Antriebskerne zu produzieren. Das Moskauer
Konsulat auf Neu-Dresden wurde in seinen Kompetenzen so beschnitten,
dass es nur noch Unterhändler stellen durfte. Und im Gegenzug
verwies Moskau wenige Wochen vor der Katastrophe die meisten
Angestellten der Dresdner Botschaft des Landes.«
    »Also starteten die Moskauer Bomber und nahmen Ziel auf
Neu-Dresden«,

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