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Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Titel: Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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schwächer zu werden drohte, mischte sich eine weitere Stimmlage dazu, dann noch eine und noch eine.
    Hölderling und der Koch rannten die Treppe hinauf, stoppten in der Lobby und horchten. Viktor stand hinter dem Empfangstresen und warf den Telefonhörer auf. Als sich noch ein Sopran in das Geschrei mischte, sagte Hölderling: «Jetzt reicht’s aber. Da wird ja die Milch sauer.»
    «Oben», rief der Koch. «Das kommt von oben.»
    Aus dem Gang neben der Rezeption kam Conrad Faust getaumelt. Hinter ihm knallte die Tür zur Midsommar-Suite zu. Conrads Haare standen wirr vom Kopf ab, und er schlurfte barfuß, nur mit Boxershorts bekleidet, auf Hölderling und Ferdi Bundt zu. «Was soll dieses Scheißgekreische? … Kann mal jemand die Sirene abstellen?!»
    Der Quelle des schallenden Infernos schien das nicht zu imponieren, der Ton schwoll weiter an.
    Conrad Faust riss die Augen auf. Im nächsten Moment war er hellwach und raste die Treppe hinauf. «Ruhe! Verdammt noch mal, was ist denn hier los?»
    Hölderling und Bundt liefen hinterher, Viktor sprang mit einem sportlichen Satz über den Tresen. Im Treppenaufgang stießen die Männer mit Traudel und Sigrid zusammen, die in entgegengesetzte Richtung unterwegs waren und auf der Stelle verstummten. Damit waren schon zwei Quellen der Ruhestörung identifiziert und befriedet. Nach und nach klappten auf dem Gang im ersten Stock alle Türen auf, und die müden Gesichter von Jürgen Zahn, Otto Lobenthal und Müller & Witsch erschienen. Annelies, im roten Negligé, rauschte aus ihrem Zimmer, übernahm die Führung, und gemeinsam stürmten sie die Suite von Gretchen Harrison, wo immer noch Bob Dylan vor sich hin säuselte, was aber kaum zu hören war, denn Sonja stand am offenen Fenster, die Arme weit ausgestreckt, einen Ton produzierend, der Oskar Matzerath zur Ehre gereicht hätte. Bevor allerdings Lampen, Gläser und Fensterscheiben zerbersten konnten, hatte Conrad das Zimmermädchen vom Fenster weggezerrt und ihr eine Ohrfeige verpasst. Endlich war Ruhe. Bis auf Bob Dylan. Don’t think twice, it’s allright …
    Gar nichts ist allright, dachte Hölderling. Dasselbe Lied, das sie in der Nacht schon gehört hatten. Als er den CD-Player ausstellte, fiel ihm auf, dass das Gerät auf «Repeat» stand.
    Annelies schubste Conrad zur Seite, packte Sonja an den Schultern und schob sie in die Arme von Viktor. Dann beugte sie sich aus dem Fenster. Alle im Raum warteten gespannt. Sie lehnte sich noch weiter hinaus, sodass Hölderling kurz davor war, Annelies bei den Hüften zu packen, weil er befürchtete, sie würde aus dem Fenster fallen.
    «Verdammt», sagte Annelies plötzlich und schwang die nackten Füße aufs Fensterbrett.
    Nun sprang Hölderling wirklich nach vorn und hielt sie fest. «Nicht so schnell. Was ist da unten?» Er beugte sich ebenfalls hinaus und kam zum selben Ergebnis. «Verdammt», sagte er.
    «Wie schön, dass ihr euch einig seid», sagte Viktor. «Können wir jetzt mal erfahren, was da los ist?»
    Bevor jemand Einwände erheben konnte, quetschten sich alle ans Fenster und versuchten, einen Blick auf das Mirakel zu erhaschen.

    Das Käuzchen, das keine zwei Meter entfernt in einem Baumwipfel saß und schon seit Stunden bei dieser skurrilen Schnee-Installation Wache hielt, hätte es so beschrieben: Ein toter Mensch steckt kopfüber bis zur Taille im Schnee. Nur noch die nackten Beine schauen heraus, die Knie angewinkelt. Auf den schlanken Schienbeinen türmen sich bereits kleine Schneehaufen. Um den Krater herum, in dem der Oberkörper steckt, hat sich der Schnee rot gefärbt wie bei einem Grießflammerie, der mit Himbeersoße übergossen worden ist. Ein Kranz aus Spitze, der den Saum des Nachthemdes der toten Person umgibt, liegt über dem Blut und dem Schnee.
    Das Käuzchen schrie, und vor Schreck taumelten alle zurück ins Zimmer.
    «Wer? … Wann? … Wer fehlt? …», riefen alle durcheinander, bis Gregor Hölderling mit einem lauten «Stopp!» alle zur Ruhe brachte. In die Stille hinein sagte Annelies, die noch einmal aus dem Fenster schaute: «Das ist Gretchen.»
    «Wir müssen die Leiche bergen», sagte Hölderling.
    Lobenthal und Zahn zeigten auf wie zwei brave Schüler und sagten: «Vermutlich ins Kühlhaus?»
    Annelies nickte.
    «Alle anderen gehen bitte in die Bibliothek», sagte Hölderling. «Und Sonja: Warum sind Sie hier ins Zimmer gegangen?»
    Sonja wischte sich das Gesicht mit ihrer Schürze ab und sagte: «Weil es gezogen hat. Es war kalt auf

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