Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
lauschten zunächst dem Straßenzustandsbericht von WDR 2, der nichts Gutes verhieß, außer man war ein Freund von Schneeverwehungen. Dann wurde Viktor abkommandiert, sich um den Kaffee zu kümmern, Hölderling bekam die ehrenvolle Aufgabe, das Rührei zu schlagen, und Ferdinand Bundt telefonierte über die Hausanlage mit Sonja, um sie zum Frühstücksdienst zu rufen. Dann widmete er sich den Themen Brot, Wurst und Marmelade.
Von der Welt vor der Haustür konnten sie wenig sehen, denn der Schnee stand bis zur oberen Kante des Küchenfensters der Bundt’schen Souterrainwohnung. Als der Kaffee fertig war, sagte Viktor: «Ich gehe jetzt an die Rezeption und gebe den Weckdienst und lade alle zum Frühstück in die Bibliothek. Ist das okay, Herr Kommissar?»
Der Koch grinste, denn Gregor Hölderling stand mit hochrotem Gesicht und voll konzentriert an den beiden Herdplatten und schüttelte nach allen Regeln der Kunst zwei Pfannen mit Rührei. «Mach nur», presste er zwischen den Zähnen hervor. Jetzt vor Ferdinand Bundt schlappzumachen oder den Rhythmus zu verlieren wäre einer Niederlage gleichgekommen.
«Sonja hat schon eingedeckt. Weiß gar nicht, was wir ohne das fleißige Lieschen machen würden», sagte Ferdi Bundt. «Sie wartet oben in der Bibliothek auf uns. Wenn wir fertig sind, beladen wir den Rollwagen und schicken ihn mit dem Aufzug rauf.»
Viktor schenkte sich einen Kaffee ein und nahm die Tasse mit.
«Aufzug?» Hölderling unterbrach seine Rüttelaktion.
«Ja. Da passt mal grad der Servierwagen rein. Damit schicken wir Sachen aus der Küche nach oben. Es kann ja keiner immer mit den Tellern von hier unten nach oben rennen», erklärte der Koch.
«Aha», sagte Hölderling und beeilte sich, das Rührei aus den Pfannen auf zwei Vorlegeplatten zu drapieren. «Und wo hält der?»
«Auf jeder Etage, bis oben zum Dach, wo die guten Hausgeister wohnen.»
«Aha.»
«Was soll das Aha?!»
«Es könnte also auch jeder den Aufzug rufen?», fragte Hölderling unbeirrt weiter.
«Ja.»
«Also hätte jeder Marielles Suppe auf dem Weg in den Rosensaal anhalten und kontaminieren können.»
«Ja. Aber ich dachte, sie ist erstochen worden. Das ergibt doch gar keinen Sinn.»
«Noch nicht.»
«Vor allem, weil meine Chefin von Sherry gar nichts hielt. Conrad ist derjenige, der das Zeug fassweise verklappt. Dafür hat er Geld, der feine Herr.»
«Welche Suppe hatte eigentlich Conrad?»
«Auch Bouillon. Er vermeidet Sahne, wegen der Figur.»
«Sehen Sie, Ferdi, jetzt hat es beinahe wieder Sinn. Vielleicht war der Teller, der vor Marielle stand, gar nicht für sie. Sondern von ihr.»
«Was?!» Ferdi Bundt schnaubte. «Also … also, das ist doch … na ja, wenn ich mir die Szenen der letzten Woche … also …»
«Sehen Sie! Und bitte, kein Wort darüber zu irgendjemandem. Ich bin fertig mit dem Rührei.»
Ferdi Bundt nickte zustimmend, widmete sich einem Berg von geschnittenem Brot und fuhr fort, als hätte die Sherry-Diskussion nie stattgefunden: «Heute schmeckt es noch, aber morgen? Da muss ich auf Tiefgekühltes zurückgreifen. Aufgetautes Brot … ist ja nicht mein Ding. Irgendwo müsste doch eigentlich noch Hefe sein … da könnte ich …»
«Wir können das Brot im Kamin rösten. Das schmeckt auch», sagte Hölderling und wischte sich die Hände an einem karierten Trockentuch ab.
«Sie machen das gut», sagte Ferdi Bundt.
«Danke.» Hölderling strahlte und hielt die Zeit für gekommen, dem Koch das Angebot zu machen, über das er schon die ganze Nacht nachgedacht hatte. Egal, ob es ihm jetzt den direkten Zugang zur Profiküche gewährte oder nicht – aber er hatte offensichtlich in Ferdinand Bundt jemanden aus dem inneren Zirkel der Cuisine, dem er zutraute, sich seines Problems anzunehmen.
«Kann ich Sie was fragen, Herr Bundt?»
«Ferdi, bitte.»
«Also gut. Ferdi. Ich habe da was, das könnte Sie interessieren. Ein Kochbuch.»
Die Miene des Kochs verfinsterte sich, und Hölderling sagte schnell: «Mein Kochbuch. Ein kölsches Kochbuch. Von mir geschrieben. Es braucht ein Fachlektorat.»
«Aha? Und warum?»
«Sonst wird mein Vater es nicht veröffentlichen. Also, unsere Familie betreibt einen Buchverlag – ich bin sozusagen das schwarze Schaf, was meine Berufswahl betrifft. Mein Vater hat gesagt, es sei zu lang, zu dick, zu kompliziert, zu selbstverliebt … und noch ein paar Sachen, die es ihm erlauben, seinem Sohn ein eigenes Buch zu verweigern. Wenn Sie es aber professionell so auf
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