Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
der da mitdarf. Der hat in Englisch ’ne Vier. Tja, und weg war er, der Goldesel.»
«Stimmt. Dieter war plötzlich mal ein halbes Jahr weg. Schüleraustausch. Wir waren alle neidisch.»
«Na, jetzt ja wohl nicht mehr.»
«Und weiter?», fragte Hölderling.
Viktor blätterte und las die Seiten quer. «Es bleibt unschön … Die Buttlars waren auch nicht ohne. Ich fasse zusammen: Die haben die Geschichte mit der Schwangerschaft den Eltern von Constanze gesteckt und gedroht, sie anzuzeigen. Herrschaften! Und Constanze schreibt, dass ihre Eltern ihr das Leben zur Hölle gemacht haben. Sie wollten mit ihr nach Holland fahren, um das Kind abtreiben zu lassen. Und dann ist sie abgehauen. Mit dem Geld der Buttlars. Die ist echt einfach abgehauen. Nach Düsseldorf gefahren, Ticket gekauft, und weg war sie. Chapeau!»
«Und ihre Eltern?»
«Waren offensichtlich froh, sie los zu sein. Constanze schreibt nichts mehr über sie.» Viktor blätterte weiter. «Hier, das ist nach der Geburt von Susan-Moon. Habe meinen Eltern ein Foto von Moonie geschickt. Sie melden sich nicht. Scheiß Spießer. Ich frage mich nur, ob Sonja diese Geschichte so kennt, wie sie hier steht.»
«Ich fürchte, nein. Ich glaube, Constanze hat ihr genau das erzählt, was sie den Buttlars damals weismachen wollte. Dass sie vergewaltigt wurde von Dieter. Und vermutlich wird Constanze die Story später noch dramatisch ausgeschmückt haben – eben, dass das alles passiert ist, weil ihre Freundinnen sie in die alte Fabrik gesperrt haben. Der große Verrat. Das böse Quartett … Wer weiß, was sie sich alles zurechtgedichtet hat in ihrem Drogenschädel. Sie brauchte eine Erklärung für ihr verpfuschtes Leben, fürchte ich, und da kam ihr die Story gerade recht … Und ihre Tochter hat ihr das alles geglaubt. Was sollte sie auch sonst denken? Und als sie mit ansehen musste, wie ihre Mutter starb, scheint bei ihr eine Sicherung durchgebrannt zu sein. Jemanden an Leberzirrhose verrecken zu sehen ist … scheußlich … Aber Sonja oder Susan-Moon ist definitiv von jemand anderem. Die Buttlars hatten recht.»
«Woher willst du das so genau wissen?»
«Weil ich dabei war, als sich Dieter bei einem Turnwettkampf in der Quarta mit dem Reck angelegt hat. Er wusste, dass er keine Kinder mehr würde zeugen können. Was er natürlich nie an die große Glocke gehängt hat. Da hatte sich Constanze den Falschen ausgesucht, um ihm was anzuhängen.»
«Und Dieter ist tot. Vielleicht war sein Autounfall gar kein Unfall. Was meinst du? Wo ist er verunglückt?»
Hölderling kniff die Augen zusammen, weil ein entgegenkommendes Fahrzeug nicht auf Abblendlicht zurückschaltete, und fluchte: «Affe!»
«Könntest du mal ein bisschen vom Gas gehen, damit wir nicht enden wie Dieter?», sagte Viktor und stützte sich am Armaturenbrett ab.
«Der Unfall passierte in der Schweiz. Die Umstände sind … na ja, fragwürdig. Ich hab mit seiner Witwe telefoniert. Wir müssen überprüfen, ob Sonja Keller zu der Zeit in Montreux gearbeitet hat. Wäre doch möglich … nein, ich glaube sogar sicher, dass sie das war. Wir hätten den Laptop mitnehmen sollen. Sie hat sich die Infos über uns alle aus dem Netz geholt. Wenn ich es mir recht überlege, hat sie ihren Rachefeldzug seit dem Tod ihrer Mutter geplant und nichts dem Zufall überlassen.»
«Stimmt – bis aufs Wetter.»
«Was?», fragte Hölderling.
Mittlerweile hatte Schneeregen eingesetzt, und er hatte den Eindruck, durch einen Tunnel zu fahren.
«Bis aufs Wetter, sagte ich. Sie hat nicht damit gerechnet, dass wir alle drei Tage lang aufeinanderhocken würden und keiner aus dem Haus kann. Inklusive sie selbst. Das hat ihre Pläne komplett über den Haufen geworfen.»
«Könnte sein. Sie musste die beiden Spieße loswerden, als ich anfing, die Zimmer zu durchsuchen, und als sie den Koffer von Petra gesehen hat, hat sie die da entsorgt und es bei Annelies im Pool mit Handarbeit versucht. Und das Krähenfüßchen hatte Glück, dass keiner wusste, wohin sie verschwunden war. Ruf Sigrid oder Traudel an und frag, ob Sonja in der Nacht, in der wir Wache gehalten haben, bei den beiden im Zimmer geschlafen hat.»
Viktor nahm sein Handy, rief Sigrid an und fragte sie nach dem Zimmermädchen. Er beendete das Gespräch mit einem knappen «Danke, Sigrid».
«Und?»
«Hat sie nicht. Also hatte Sonja alle Zeit der Welt, Gretchen aus dem Fenster zu schubsen. Als Zimmermädchen hatte sie einen Generalschlüssel. Wir sollten nur
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