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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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Kindheit an auf See war und überall gedient hatte … auf Handelsschiffen, Kriegsschiffen, Piratenschiffen und Sklavenschiffen». Einem der Hawaiianer, benannt nach dem Missionar Hiram Bingham (der den Niedergang des Surfens auf Hawaii dokumentiert hatte), fehlten zwei Vorderzähne, die ihm seine Eltern ausgeschlagen hatten, um ihrer Trauer über den Tod König Kamehamehas Ausdruck zu geben. Dana zieht ihn mit der Bemerkung auf, er habe sie wohl beim Verspeisen von Kapitän Cook verloren, worauf Bingham ominös antwortet, er sei damals noch zu jung gewesen, sein Vater hingegen nicht.
    Dana findet, das Strandleben der Schiffsmannschaften, die sich aus «Halbblut»-Mestizen, chilenischen Indianern, Schwarzen und Mulatten, Männern von Tahiti und den Marquesa-Inseln zusammensetzen, mache träge und faul, öffne jedoch auch die Augen für so manches. Er selber erwähnt zwar nur die Hurerei der anderen, doch Lawrence Clark Powell berichtet, Jahre später sei ein Brief von einem Schiffskameraden eingetroffen, in dem dieser sich wundere, warum Dana weder etwas über «die wunderschönen indianischen Mädchen» schrieb, «die so oft in deine bescheidene Unterkunft in der Gerberei kamen und durch die umliegenden herrlichen Haine streiften, noch von den schönen Erlebnissen in den glücklichen Stunden der Streifzüge über die romantischen Hügel oder wenn du in der Dämmerung auf jenen majestätischen Felsen saßest, ein hübsches indianisches Mädchen auf den Knien». So bekommt dieser Sohn von Puritanern, was er immer haben wollte: Strandleben als Liebesleben, Freiheit. Man denke hier auch an den jungen Herman Melville ein paar Jahre später: Typee , Melvilles erste Südsee-Erzählung, beginnt damit, dass es den Helden, einen jungen Neuengländer, nach einem halben Jahr auf See in einen Hafen der Marquesa-Inseln verschlägt. Spielerisch, ja ironisch, bemerkt er: «Welch absonderliche Bilder beschwört allein schon der Name Marquesa herauf! Nackte Huris – Menschenfresser-Bankette – Kokosnuss-Haine – Korallenriffe – tätowierte Häuptlinge – Tempel aus Bambus; sonnenbeschienene Täler voller Brotfruchtbäume – geschnitzte Kanus, die auf blinkendem blauem Wasser tanzen – Urwälder, bewacht von furchteinflößenden Götzen – heidnische Riten und Menschenopfer !»
    Eine Gruppe marquesischer Mädchen schwimmt zum Schiff hinaus und klettert an Bord, «das Salzwasser rinnt ihnen am Leib herunter, ihre Haut glänzt nach ihrem Bad im Meer, die jadeschwarzen Haare fallen ihnen über die Schultern und bedecken die ansonsten nackte Gestalt». Melville schildert den Schock der Männer, den man sich gut vorstellen kann, nachdem sie sechs Monate kein Land mehr gesehen haben und aus dem zugeknöpften Nantucket hier eintreffen. Dabei gesteht er, dass «man sich auf unserem Schiff von da an völlig jeder Art von Aufruhr und Ausschweifung hingab. Auch nicht die geringste Schranke wurde zwischen die unheiligen Leidenschaften der Mannschaft und ihre grenzenlose Befriedigung geschoben.» Als es Zeit wird, den Anker zu lichten, beschließt er – wen wundert's – zu desertieren. Aber nach einigen Wochen lösen Einsamkeit und Angst vor Persönlichkeitszerfall bei Dana und Melville Heimweh aus. Als ein hawaiianischer Freund während Danas letztem Zwischenstopp in San Diego an Syphilis stirbt, befällt ihn panische Angst vor den Folgen der Lasterhaftigkeit, und der ganze wilde Sex hier am Rande der westlichen Welt wird ihm allmählich unheimlich. Auf der Heimfahrt ist er ganz auf Erzählungen über Weiße fixiert, die durch den Verkehr mit den «Mischblut»-Prostituierten Kaliforniens moralisch verkommen und nie mehr nach Hause zurückkehren. Und so schließt diese kurze Initiationsreise an die Grenze der Gesellschaft nicht den Wunsch ein, dort zu bleiben; erst stößt man sich die Hörner ab, dann kehrt man an seinen Platz in der Gesellschaft zurück.
    Nach den sechzehn Monaten an der Küste fehlt Dana der Ort, «den alle nur die Hölle Kaliforniens nennen», zunächst überhaupt nicht. Doch als ein Freund im Bostoner Hafen sieht, wie er «vom Schiff steigt und wie ein Gassenjunge aussieht in seiner Segeltuchhose und dem roten Hemd, den langen Haaren und einem Gesicht so braun gebrannt wie das eines Indianers», strahlt er – ein Seemann und Wilder, nach Hause zurückgekehrt aus den Besitzungen. Der Historiker Kevin Starr schreibt, dass Dana seine Zeit in Kalifornien zunächst als eine Abweichung vom geziemenden Pfad des Lebens

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