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Surf

Surf

Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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2000 Kilogramm schweren Mine mit 100 Jahren Lebensdauer. Die harte, mit winzigen kleinen Zacken versehene Haut des Hais umhüllt sein biegsames Knorpelskelett, das keinerlei Knochen hat. Kegelförmige Schnauzen, schwarze Augen ohne sichtbare Pupillen, Brustflossen mit schwarzer Spitze. Die gezackten Zähne, die nachwachsen, wenn sie ausgerissen werden, haben bis zu 28 übereinander angeordnete Ersatzzähne (ein Haibiss übt einen Druck von 3000 Kilogramm pro Quadratzentimeter aus). Folgendes wurde schon in Haimägen gefunden: eine Ziege, ein Kater, drei Vögel, ein Regenmantel, weitere Mäntel, ein Nummernschild, Gras, Blechbüchsen, ein Kuhkopf, Schuhe, Strümpfe, Knöpfe, Gürtel, Hennen, Hähne, ein fast komplettes Rentier, sogar ein Mensch ohne Kopf in einer Ritterrüstung. Weiße Haie schwimmen mit offenem Maul und recyceln unterschiedslos alles Organische. Mein empfindsames Wesen, meine liebevolle Familie, meine Liebe zum Leben, mein ordentlicher Pick-up, mein Zimmer voller Bücher, meine Vorliebe für Schokolade am Nachmittag und meine Neigung, die Dinge persönlich zu nehmen – alles bedeutungslos, verglichen mit meinem Status als Proteinlieferant.
    Haie sind Überbleibsel aus der Zeit, bevor es Säugetiere gab, Überlebende aus der Ära der Dinosaurier, und sie entwickelten sich die ganze Zeit über im Meer, nie in Süßwasser. Sie traten erstmals vor 350 Millionen Jahren auf, stammten von 20 Meter langen, 50 Tonnen schweren prähistorischen Monstern ab, zu allem entschlossene Raubtiere. Es gibt ein Foto, auf dem eine Gruppe Wissenschaftler bequem in einem versteinerten Gebiss steht. Der Weiße Hai ist zu einer Geschwindigkeit von 40 bis 70 Knoten imstande – errechnet mittels Ultraschall. Angeblich wurde im Mittelmeer ein Taucher mit so großer Wucht getroffen, dass er explodierte. Ein anderer erwähnt, wie ein Weißer Hai einmal vollständig aus dem Wasser sprang, um eine Robbe von einem Felsen zu zerren, und schreibt, dass «die Augenzeugen der meisten Attacken weder Seehund noch Hai sehen, sondern nur eine plötzliche Explosion, fünf Meter hoch spritzende Gischt und einen Blutfilm auf der Wasseroberfläche». Nie sieht man den Weißen Hai, bevor er zuschlägt, nie eine heranschießende Flosse: Mit weit aufgerissenem Maul taucht er aus dem Hinterhalt auf und reißt 50 Pfund schwere Fleischbrocken aus seiner Beute. Der Tod trifft das Opfer wirklich wie ein Blitzschlag. In der dreidimensionalen Weite des Meeres ist die Welt des Surfers eher zweidimensional, ganz Oberfläche und Küste, ohne Tiefe. Der List des Hais kommen die mit Gallert gefüllten, unter der Haut verlaufenden Kanäle am Kopf und an den Seiten zu Hilfe; diese sind gesäumt von Neuromasten, den Lorenzini'schen Ampullen, einer Art Beuteradar, das schwache elektromagnetische Felder auffängt. (Wenn ein Surfer auf eine Welle wartet, pulsiert seine Lebenskraft gewissermaßen wie ein Funkfeuer.) Die Augen des Hais – mit Sehnerven dick wie Taue – können Details nur schwer erkennen und sind nur darauf angelegt, die Beute vom Hintergrund zu trennen. Der Weiße Hai, der zu den effektivsten Raubtieren der Welt gehört, hat eine Tötungsquote von über 90 Prozent, während Bussarde einen ganzen Tag über kein Jagdglück haben können.
    Ich ließ gerade eine Seegrasknolle aufplatzen, da steckte eine Robbe ihren Kopf aus dem Wasser, sah mich an und bemühte sich, meine Gegenwart zu verarbeiten. Vielleicht wunderte sie sich, warum ich so blöd gewesen war, in dieser Gegend das Gleiche anzuziehen wie sie.
    «Gefällt mir nicht, diese Seehunde hier», sagte ein Surfer in der Nähe.
    Jetzt wurde ich nervös, hatte ich Seehunde doch immer für ein gutes Zeichen gehalten.
    «Bin nur etwas paranoid», antwortete der Surfer, als ich ihn fragte, warum, «ich bin nämlich Erik Larsen.» Fast klang er so, als wolle er sich entschuldigen.
    Ich sah ihn genauer an und bemerkte die Ähnlichkeit mit dem bandagierten Mann auf den Fotos. Er rollte einen Ärmel seines Surfanzugs hoch und zeigte mir die tiefen Narben auf dem Unterarm; ich verpaßte eine kleine Welle – und dann musste ich ihn einfach fragen.
    «War ziemlich neblig da draußen», sagte er und erzählte mir die Geschichte, die er schon so oft erzählt hatte. «Mein Bruder war gerade ins Wasser gegangen. Plötzlich hatte ich das merkwürdige Gefühl, dass da ein großes Tier unter mir war, und hoffte inständig, es sei ein Seelöwe. Dann sah ich die Zähne, die direkt auf mich zukamen.»
    Willie ließ

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