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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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Ratschlag, und er sprach von einem Ersatzbrett in seiner Garage, das ich unbedingt nehmen sollte, bis ich wieder ein neues hatte.
     
    Eine Krankheit, nehme ich an, oder als solche erschien es jedenfalls meinen Mitbewohnern, die mich normalerweise als ernsthaften jungen Mann ansahen. Es ist schon schlimm genug, schlechte alte Spielfilme im Fernsehen wegen ihres Kitschgehalts anzuschauen, sie aber gleich im Dreierpack auszuleihen? Mitten in der Woche mittags dazusitzen und sich Geschichten anzusehen, die schon, als sie rauskamen, nicht gut waren und die niemand mehr verabscheute als die Surfer selbst? Wie gesagt, jeder Verstand tut, was er tun muss. In diesem Fall entscheidet er sich angesichts einer Woche Regen und dem mehr oder weniger ausgelesenen Stapel von Surf und Abenteuerbüchern für Kunst anstelle von Leben, tritt dem East-Cliff-Video-Verleih bei und ruft ein privates Surf-Filmfestival aus. So, wie man vielleicht von einem Laden in Manhattan erwartet, dass er eine Riesenauswahl an Woody-Allen-Filmen vorrätig hat, gibt es hier einen bemerkenswerten Fundus an alten Surfstreifen auszuleihen, die, was nicht unbedingt überrascht, mehr über Hollywood, wo sie produziert wurden, aussagen als über das Surfen. Zuerst: Surfen und Krieg. Mit Vince im Hinterkopf lieh ich mir Francis Ford Coppolas Apocalypse Now! mit Robert Duvall als Captain Kilgore («Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen»), aber Apocalypse Now! zählt sicherlich nicht zu den Surf-Streifen, also ging ich zum Genre selbst und seinem wahren Thema über: Surfen und Liebe, eine Konstellation, die meinem eigenen Herzen näher steht. Vinces Frau Fran gibt da ein glänzendes Beispiel für gesunden Menschenverstand ab, weil es ihr rundweg lieber ist, wenn er jeden Tag surft, denn dadurch hat sie selbst mehr Zeit, und er ist ihr gegenüber wesentlich ausgeglichener, abgesehen von den fürchterlichen Tagen, an denen er überall herumgefahren und leer ausgegangen war. Und Willies Frau, die früher darauf beharrt hatte, dass Surfen «eine andere Frau» war, machte vor kurzem eine große symbolische Geste, indem sie ein Göttinnen-Festival mit dem göttlichen Titel «Tsu» wie Tsunami besuchte. Und meine Susan? Na, sie war kürzlich so weit gegangen, die verbotene Frage zu stellen: Was liebst du mehr, mich oder …? Also sah ich die Klassiker durch, darunter die Liebesgeschichten Ride the Wild Surf (1964) und The North Shore (1987), sogar die echten Kracher wie Muscle Beach Party (1964) mit Annette Funicello und Frankie Avalon, zu dem Stevie Wonder seinen ersten Soundtrack geschrieben hatte. Das Sahnehäubchen war schließlich Gidget (1959), in dem das zeitlose und abgedroschene Thema aller Liebesgeschichten, der Kampf zwischen männlichem Individualismus und weiblichen Zwängen, strapaziert wurde. Der gemalte Ozean-Hintergrund wogt unter einer Studio-Brise, und die Panorama-Aufnahmen vom Surfen – mit Mickey Muñoz in Bikini und Perücke als Gidget – wirken wie von einem anderen Kontinent. Die leuchtenden Primärfarben dieser frühen Farbfilme lassen Gidget aussehen wie eine bunte Bonbonschachtel, und die Herumtreiber am Strand sind joviale Seemänner direkt aus alten Piratenfilmen. Das einzige Anliegen der sentimentalen Handlungen, ausgehend von europäischen Romanen des 18. Jahrhunderts und perfektioniert in den amerikanischen Liebesgeschichten des 19. Jahrhunderts, ist, dass nette Mittelstandskinder auch ganz bestimmt andere nette Mittelstandskinder heiraten und bis dahin allen Versuchungen widerstehen. Im Allgemeinen kommt die Versuchung in Gestalt dessen daher, was der Kultur der Zeit insgesamt nicht geheuer war – Unterschicht, Indianer, Sklaven, Piraten, Motorradfreaks –, und Surfer passen genau da rein.
    Frances, gespielt von der spröden, blauäugigen Schönheit Sandra Dee, ist ein wohlbehütetes süßes junges Ding, das einfach nicht den richtigen Jungen trifft. Der fürsorgliche Daddy will sie mit dem Sohn eines wohlhabenden Geschäftspartners zusammenbringen, aber Frances will davon nichts hören. Wie alle dickköpfigen, idealistischen Mädchen will sie Abenteuer und wahre Liebe, also zieht sie alleine los und bahnt sich beim Strandtempel – einer polynesischen Hütte mit Strohdach – mit Charme ihren Weg in eine Gruppe von Surfern. Das ist der Albtraum des Mittelstands: Deine Tochter hängt mit den Taugenichtsen herum und nimmt zudem noch deren Spitznamen an – Gidget. Und natürlich wird sie auf zwei von ihnen ganz heiß, und alles

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