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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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Pascale ihn nicht auf ihrem Weg zur Arbeit sehen musste, nicht mit Willies Freiheit konfrontiert wurde; immerhin konnte sie , ungeachtet Vinces Theorie, sich nicht einfach den Tag freinehmen, wenn ihr gerade danach war. Willie hatte auch eines seiner Boards in Vinces Wagen gelassen, damit Pascale nicht unbedingt herausfand, dass er sich, trotz finanzieller Engpässe, zwei neue gekauft hatte; und so waren wir überhaupt auf Gidget gekommen, auf Surfen und Liebe. Vince fand, dass Willies Zwang zu Betrug und Täuschung in einer ansonsten gesunden Beziehung eher ein Hinweis auf gesellschaftliche Missstände war als auf persönliche. Denn Männer schämten sich aller Aktivitäten, die Frauen und/oder Kindern keinen direkten Nutzen brachten. Jedenfalls hatte er darauf bestanden, dass wir auf dem Weg an einer bestimmten Bäckerei hielten, denn Fran liebte deren Zimtschnecken, also kaufte er ein paar davon für sie; und wir putschten uns mit Espresso auf, was ziemlich riskant ist bei drei höchst angespannten Menschen in einem kleinen Wagen. Dann fuhr Vince mit uns auf einer kurvenreichen Strecke durch eine neue Siedlung mit antiseptischem Asphalt und glatten Bordsteinen und gerade genügend architektonischer Abwechslung, damit es nicht ganz nach Neubausiedlung aussah. Er hielt den Wagen vor einem zweistöckigen grauen Haus mit breiter Rasenfläche ohne Zaun wie in der Vision eines Landschaftsarchitekten von suburbanem Grün. Am Strand darunter plätscherte eine perfekte kleine Welle über eine Sandbank, die letzte Woche noch nicht dagewesen war und zweifellos nächste Woche wieder weg sein würde: sie war durch den Regen angespült und von der ablandigen Küstenströmung noch nicht abgetragen worden. Alles schien ruhig; im Wasser waren keine Einheimischen. Die Dünung kam von weit her, völlig ohne atmosphärische Störungen wie ein Anruf aus Übersee mit perfekter Verbindung.
    «Sollen wir uns woanders umsehen?», fragte Vince. «Oder einfach die Ängste des Tages im Keim ersticken?»
    «Ersticken», sagte Willie.
    Vince blinzelte nach Norden, als ob man dreißig Meilen weiter die Mündung der Bucht sehen könnte.
    «Fang erst gar nicht damit an», sagte Willie. «Ich kann nicht erst um die ganze Welt fahren.»
    «Also los.»
    Und so war's dann auch; zurück zum Wagen, nackt auf der Straße. Ein Mann in grauem Anzug glotzte uns aus seinem silbernen japanischen Viertürer heraus an, wie wir halb nackt in aller Halböffentlichkeit dastanden, und Vince schüttelte gedankenverloren den Kopf aus Mitleid. «Seht ihr, es macht die Leute fertig, Jungs wie uns zu sehen, die die Gaben des Ozeans genießen, während sie selbst sich umbringen, um die dicke Kohle zu raffen, und das Meer nur nachts hören. Vielleicht noch mal am Wochenende mit der besseren Hälfte im Partnerlook am Strand spazieren gehen und Muscheln sammeln.»
    Besorgt sah Willie ihn an. «Hey, hey», sagte er. «Ruhig Blut, Alter. Sind auch nur Leute, die ihr Leben leben.»
    «Was ich nur sagen will», beharrte Vince und schüttete den Rest Kaffee in sich rein, «während Frauchen ihrem Männe den Seestern zeigt, ist der in Gedanken nur beim Schmusekätzchen seines Nachbarn.»
    «Meinst du?», fragte ich.
    «Na, jedenfalls wenn er gesund ist – aber wahrscheinlich hat er's am Herzen.»
    «Was hast du heute bloß getrunken?»
    Ein Schild blockierte die Holztreppe hinunter zum Strand: «Weg geschlossen, Rutschgefahr bei Regen.» Wir stiegen darüber hinweg, und als wir eine baumbestandene ausgewaschene Rinne hinunterstiegen, rief Vince über die Schulter zu uns hoch, dass er all den Feministinnenquatsch über Arbeit als totale Heuchelei ansah. Man sollte ihm eine Frau zeigen, die sich mit einem Mann einließe, der nicht arbeitet. «Ganz im Ernst», sagte er. «Sogar die glühendsten Feministinnen kommen damit zurecht, weniger als ihr Mann zu verdienen, und auch, genau so viel zu verdienen wie er – auch wenn es sie garantiert hart auf die Probe stellt –, wenn er aber weniger verdient als sie, ist sie weg .» Kein schöner Gedanke, wenn das wahr ist: Susan würde bald befördert werden und dann jährlich zehntausend Dollar mehr als ich verdienen. Wir sprangen von der Treppe auf einen ausgehöhlten Lehmweg durch Farne, Weiden und Eichen; eine üppig bewachsene, stille Rinne mit der hohen Vegetation eines Regenwaldes. Der Regen hatte den Weg fast völlig aufgeweicht, und so rutschten wir den matschigen Abhang hinunter und stiegen über Bachbetten, die sich tief

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