Survive
ist noch immer mit einem riesigen Ring geschmückt.
»Margaret«, flüstere ich.
Es ist eigenartig und kommt unerwartet, aber mir wächst ein Kloß im Hals. Das ist so verdammt willkürlich. Ich lebe und Margaret ist tot. Wieso habe ausgerechnet ich überlebt? Ich verdiene es nicht. Ich verdiene es nicht.
Ich stelle mir Eddie und Margarets Geschwister vor, ihre Mutter und ihren Vater, die in diesem Augenblick alle hoffen, dass sie diejenige ist, die Glück hatte. Ich kann Eddies Stimme so deutlich hören, als stünde ich noch immer hinter ihm in der Schlange: »Wenn irgendjemand überlebt, dann Margaret. Sie ist der Typ, der überlebt.« Nun ja, ich schätze, das sind wir alle, bis wir es nicht mehr sind.
Und dann kommt mir plötzlich das Gesicht meiner Mutter in den Sinn. Dieses traurige, gebrochene Gesicht, das sie noch Jahre nach dem Tod meines Vaters zur Schau getragen hat. Für einen Moment gebe ich mir alle Mühe, mich daran zu erinnern, wie ihr Gesicht an jenem Abend an Weihnachten ausgesehen hat, bevor er starb. Wir haben Plätzchen gebacken. Ob sie sich wohl noch daran erinnert? Ich frage mich, ob vielleicht unsere Gehirne in diesem Moment quer über den Kontinent hinweg in Verbindung treten könnten. Und ob sie glaubt, dass ich der Typ bin, der überlebt.
Kapitel 14
Der Eingang zum Flugzeugwrack befindet sich einige Meter hinter Margarets Hand. Inmitten des dichten Schneefalls liegt das Wrack da wie eine riesige Metallskulptur, nur für meine Augen sichtbar. Ich bewege mich langsam und gefasst durch den Schnee, bis meine Hände das kalte Metall ertasten. Ich arbeite mich um ein gezacktes Loch herum, in dem einst das Heck des Flugzeugs gesteckt hat, und betrete dann das, was zuvor der gesamte Mittelteil des Flugzeugs gewesen ist. Auf der anderen Seite, wo die Tür zur Pilotenkabine war, befindet sich ein weiteres klaffendes Loch.
Das Flugzeug muss in drei Teile zerbrochen sein: das Heck mit der Toilette und mir, der Rumpf, in dem ich jetzt stehe, und die Pilotenkabine, wo immer sie sein mag. Ich gehe durch den Gang und bleibe vor einem Mann stehen, der noch immer an seinen Sitz geschnallt ist. Er ist eiskalt, hat die starr gefrorenen, toten Augen weit aufgerissen. Ich untersuche schnell die anderen. Die wenigen, die noch an ihre Sitze geschnallt sind, leben alle nicht mehr. Die übrigen Passagiere sind draußen, zerstückelt. Keine Bewegung, kein Leben.
Dann werfe ich einen Blick auf meine Sitzreihe. Beide Sitze sind weg, einfach herausgerissen. Sie wurden wohl hinausgeschleudert, weil sie sich offenbar direkt an der Stelle befanden, wo das Heck des Flugzeugs vom Mittelteil abgerissen wurde. So konnte Paul überleben.
Ein heftiger Windstoß fährt durch die leere Flugzeughülle, und ich merke, wie kalt mir ist und wie wenig Schutz die an beiden Enden weit offene Kabine mir bietet. Ich sehe mich um. Überall sind Taschen. Bücher, Kulturbeutel, Kleider. Der Laderaum ist aufgerissen und Gepäck über den Schnee verstreut.
Dann mache ich die erste gute Entdeckung, seit ich Paul gefunden habe. Es ist die grüne Reisetasche, die die Bergsteiger unter einen der Sitze vor uns gezwängt haben. Ich gehe jede Wette ein, dass sie mit Kletterausrüstung vollgestopft ist.
Ich versuche, ihren Griff zu packen, aber meine Hände sind kalt, und es ist schwer, sie richtig zu fassen zu bekommen. Stattdessen versuche ich, meinen Ellbogen um sie herumzuschlingen und ziehe wie ein Maultier. Die Tasche bewegt sich nicht, und der Reißverschluss klemmt an den Sitzen fest. Ich gehe zur nächsten Reihe vor und setze mich auf den Boden. Mit dem Rücken gegen die Sitze gestemmt, drücke ich die Tasche mit den Füßen heraus. Sie rückt ein kleines Stück vorwärts.
Ich stehe auf und gehe wieder auf die andere Seite der Reihe zurück. Ich begutachte den Sitz, dann ziehe ich das Sitzkissen herunter, nehme die Rettungsweste heraus und kann darunter den Reißverschluss der Tasche sehen. Ich stelle mich auf die Tasche und trample sie so flach wie möglich. Ich gehe auf die Rückseite und blase eine Minute lang auf meine rechte Hand und meine Finger, bis sie sich wärmer anfühlen. Ich umfasse den Griff am Ende der Tasche mit der rechten Hand und helfe mit der linken nach. Ich ziehe, und die Tasche bewegt sich, aber nur zwei oder drei Zentimeter. Ich versuche es noch einmal, indem ich die Füße gegen die Sitze vor mir stemme und mit den Beinen schiebe, während ich mit den Armen zerre. Nichts.
Ich lache kurz auf. Das ist echt
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