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kann; andere nicht. Verstehen Sie?“
„Verstehe.“
Aber hören Sie mal! Natürlich!
Nestor Burma ist das personifizierte Verständnis. Um einen verständnisvolleren
Typen aufzutreiben, muß man schon einige Kilometer weit laufen.
„Alles, was ich Ihnen sagen
kann“, läßt Goldy die Katze aus dem Sack, „ist
folgendes: der junge Mann — der Sohn meines Freundes — ist durch diesen
Chinesen in eine schmutzige Sache hineingezogen worden, wegen einer Frau... Und
nun interessiert uns der Chinese“, setzt er eilig hinzu, als er sieht, daß ich
den Mund öffne. Höflich wie ich bin, will ich mich nach dieser Frau erkundigen.
„Nur der Chinese. Im Augenblick. Sobald wir einige Auskünfte über ihn haben,
werden wir weitersehen. Aber im Augenblick also nur der Chinese.“
„Schön“, sage ich. „Also nur
der Chinese.“
Monsieur Goldy wird noch etwas munterer.
„Es gibt Dinge, die man sagen
kann; andere nicht“, wiederholt er. „Aber was ich sagen kann... ja, ich glaube,
das kann ich sagen... Ich meine, in welcher Richtung Sie Ihre Nachforschungen anstellen
sollen. Natürlich wollen wir erschöpfende Auskunft über Tchang-Pou .
Aber in einer ganz bestimmten Richtung.“
Ich nicke wieder zustimmend.
„Wir wollen wissen, ob er
Russen kennt, einen oder mehrere, und wenn ja, welche.“
„Ein Chinese! Russen! Sind Sie
sicher, daß Sie sich nicht besser mit der UNO in Verbindung setzen sollten?“
Er lächelt.
„Ich bewundere Ihre
Schlagfertigkeit. Leider verfüge ich nicht über Vergleichbares...“ Das Lächeln
verschwindet. „Für uns ist das sehr ernst, Monsieur Burma.“
„Das glaub ich gern. Dann ist
die besagte Frau also Russin? Und der Sohn Ihres Freundes ist dem slavischen Charme erlegen?“
Noch ein Schlag. Er läßt wieder
seinen Hut los und breitet die Arme aus. Eine Geste der Mutlosigkeit und der Mißbilligung .
„Es gibt Dinge...“
„...die man sagen kann; andere
nicht. Das wissen wir jetzt.“
„Entschuldigen Sie, aber mehr
kann ich Ihnen nicht sagen.“
„Gut. Fassen wir zusammen: Tchang-Pou hat Umgang mit Russen, oder auch nicht. Wenn er
welchen hat, würde es Ihrem Freund sehr viel nützen zu wissen, was das für
Russen sind. Um seinem Sohn aus der Patsche zu helfen, in der er sitzt.
Richtig?“
„Richtig. Sie müssen mich bitte
entschuldigen, daß ich nicht deutlicher werden kann, aber...“
„Jaja, ich weiß. Und ich bin
Ihnen deswegen auch nicht böse, Monsieur Goldy . Also,
nicht über Sie oder Ihren Freund soll ich Nachforschungen anstellen, sondern
über den Chinesen.“
„Genau. Nehmen Sie an, Monsieur
Burma?“
„Also, eigentlich... Lassen Sie
mich mal überlegen...“
Ich tu so, als überlege ich, als
zerplatze mir die Hirnschale. Natürlich gibt es gar nichts zu überlegen. Alles
ist schon wohlüberlegt. Fühle mich sehr überlegen. Um mir die Zeit zu
vertreiben, schiele ich nach Hélènes Beinen. Unter dem Rock schaut etwas
Unterrock hervor. Sehr hübsch. Welche Dessous wird sie sich erst mit ihrer
Million leisten können! Meine Augen reißen sich von den Beinen der hübschen
Puppe los und kehren zu Monsieur Goldys Gesicht
zurück. Welch ein Unterschied! Monsieur Goldy schwitzt leicht. Wenn ich ablehne, wird er alt
aussehen vor seinem Freund. Aber ich lehne nicht ab. Ich räuspere mich.
„Also gut... ich nehme an.“
„Oh! Vielen Dank, Monsieur
Burma. Vielen Dank!“
Ich hebe die Hand:
„Ich nehme an, aber...
Vorsicht! Wenn ich über den Chinesen zu der besagten Russin gekommen bin und
Ihnen ihre Adresse gegeben habe... Was werden Sie dann tun? Sie, Ihr Freund
oder der Sohn Ihres Freundes? Ich halte mich aus solchen Liebesdramen am
liebsten raus. Meinen Sie nicht, daß man ihr den Spaß am Kaviar gründlich
verderben wird? Wär gar nicht so gut für meinen Ruf, wenn’s schlecht ausgeht.
Einem meiner Kollegen ist das mal so gegangen, so um 1925. Hat einem gehörnten
Ehemann alle möglichen Beweise für das Treiben seiner Frau geliefert. Ganz
präzise sogar: morgen um die und die Zeit an dem und dem Ort wird sie sich mit
ihrem Geliebten treffen. Der Mann geht zu dem Rendezvous und schießt die beiden
Turteltauben über den Haufen. Mein Kollege hatte ‘n Mordsärger und konnte sich
arbeitslos melden. So was möchte ich nicht erleben.“
„Das werden Sie auch nicht
erleben.“
„Kann man nie wissen!“
„Hören Sie“, sagt der immer
heftiger schwitzende Goldy . „Wir wissen selbst nicht,
ob die Russen, mit denen Tchang-Pou eventuell zu
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