sus
Flachdruck,
funktionstüchtig. So was wird gar nicht mehr hergestellt. Ein Gelegenheitskauf
aus dem Auktionshaus Drouot am Ende der Straße. Frage
mich, was Tchang-Pou mit einer Druckerpresse
anstellen kann. Wird doch wohl keine Dollarblüten
herstellen?
Ich wühle in den Papieren, die
neben der Presse liegen. Mein Blick fällt auf eine rosafarbene Karte. Ich heb
sie auf und seh sie mir an. Der ziemlich unleserliche
Text (wohl eine erste Druckprobe) ist auf englisch verfaßt . Würde mich wundern, wenn das ein
Willkommensgruß für Ihre Majestät wär. Ich kann kein Englisch, aber da stehen
zwei oder drei Wörter, die ich schon irgendwo mal gesehen habe und die nicht
zum Protokoll passen. Ich stecke die Karte ein, dazu zwei oder drei andere mit
demselben Text, allerdings technisch gelungener. Dann sehe ich mich weiter im
Zimmer um. Vielleicht gibt’s ja noch was zu holen.
Es gibt aber nichts mehr. Auch
gut.
Leise lache ich in die Stille
hinein. Ich weiß zwar nicht, was Goldy vorhat, aber
jedenfalls kann das noch heiter werden . Wenn das so
weitergeht, muß ich auf seine Kosten Sprachkurse belegen. Finden Sie die
russischen Verbindungen des Chinesen heraus! Und jetzt druckt dieser Chinese
englische Texte.
„Verdammter Goldy “,
murmele ich.
Dann erinnere ich mich daran,
daß er großen Wert auf seinen Vornamen legt, und präzisiere:
„Verdammter Omer Goldy .“
Doch sofort beiß ich mir auf
die Lippen. Hab vollkommen aus dem Blick verloren, daß ich mich in der
Privatwohnung des Restaurantbesitzers rum treibe. Er kann mich ohne weiteres
wegen Hausfriedensbruch zur Strecke bringen, falls er mich hier antrifft.
Regungslos lausche ich. Kein Ton. Nichts. Gut. Soll ich die Inventur fortsetzen
oder lieber verduften? Vor mir seh ich eine Tür.
Ziemlich verlockend. Ich öffne sie.
Er erinnert mich an die Statue
des Kommandanten. Genauso steif und beunruhigend. Auf seinen schmalen Lippen
liegt das wohlbekannte Lächeln, dieses geheimnisvolle Lächeln der geheimnisvoll
lächelnden Chinesen.
Er sieht mich an. Ich sehe ihn
an. Wir sehen uns an. Fünf Sekunden oder eine Ewigkeit, ich weiß es nicht. Eher
aber eine Ewigkeit. Der Chinese geht als erster zum Angriff über.
„Beim nächsten Mal nehmen Sie
sich besser eine Taschenlampe mit“, rät er mir väterlich.
Er spricht ein korrektes
Französisch, ohne den geringsten Akzent.
Einen Augenblick lang frage ich
mich, ob das ein echter Chinese ist oder ein falscher. Wo ich schon mal so weit
bin...
„Das erspart es Ihnen, Licht zu
machen, wenn Sie die Treppe hochgehen wollen. Und so wird mir meine
Kontrolllampe unten neben der Kasse nicht anzeigen, daß ein ungebetener Gast in
meiner Wohnung herumgeistert.“
Ich antworte nicht, schäume
aber innerlich vor Wut. Saublöd hab ich mich angestellt. Warum, um Himmels
willen, mußte ich so schnell handeln? Warum konnte ich Tchang-Pou nicht überwachen, abwarten und das Netz immer enger ziehen? Nein, das ist jetzt
die moderne Masche. Schnell. Schnellschnell. Schwarzer Humor an einem
rabenschwarzen Tag. Würde ihn am liebsten irgendwohin beißen, diesen Tchang-Pou . Schlimmer kann’s nicht werden. Seine Küche war
jedenfalls gut.
„Sie antworten nicht?“ bemerkt
er.
„Nein.“
„Sie haben es nicht gefunden,
nicht wahr?“
„Ich hab auch nichts gesucht.“
„Ach, ich dachte. Entschuldigen
Sie.“
Er macht sich in aller Ruhe
über mich lustig. Mal einer, der nicht modern ist. Er hat’s überhaupt nicht
eilig. Nimmt sich richtig Zeit. Macht sich in aller Ruhe über mich lustig, läßt
den Spaß dauern, so lange er will, er, der erhabene Himmelssohn.
Dann steckt er sich ‘ne
Zigarette ins Gesicht und... Scheiße... holt eine Kanone raus.
Also darf ich nicht lange
fackeln. Der Chinamann hat wohl ‘ne Menge zu verbergen. Wenn er die Flics ruft, steh ich einigermaßen dumm da. Aber die Gefahr
besteht nicht. Er wird sofort auf der Stelle mit mir abrechnen. Moment. Wut
macht blind. Ich stürze mich auf ihn.
Erst mal schlag ich ihm sein
Schießeisen aus der Pfote. Das Ding fliegt in eine Ecke und geht dabei kaputt.
Als ich den Inhalt seh , lasse ich eine beeindruckende
Reihe von Flüchen los. Heute mache ich nur Mist. Kaum zu glauben. Muß wohl
daran liegen, daß ich in der Loterie nationale gewonnen habe. Bekommt mir gar nicht gut. Was ich für einen
Revolver gehalten habe, ist nur eine Attrappe. Ziemlich geschickt gemacht, aber
trotzdem nur ‘ne Attrappe. Ein Feuerzeug im Lauf und im Kolben ein
Zigarettenetui.
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