Susan Mallery - Buchanan - 01
Moment hatte er den Eindruck, als würde sein Bruder nicht reagieren. Dann stürzte er sich auf ihn.
Ihre beiden Körper prallten mit einer derartigen Wucht aufeinander, dass Cal es in allen Knochen spürte. Beide gingen zu Boden. Cal war als Erster wieder auf den Beinen und ging rechtzeitig in Verteidigungsposition, als Reid zu einem Schlag ausholte.
Cal duckte sich und versetzte Reid gleichzeitig einen so kräftigen Schlag in den Bauch, dass es bis in seinen Ellbogen vibrierte. Reid verpasste ihm einen Kinnhaken, und Cal taumelte zurück. Noch ein paar Treffer auf beiden Seiten, und er würde sein Vorhaben neu überdenken. Seit er dreizehn war, hatte er sich nicht mehr geschlagen und schon vergessen, wie weh es tat.
Er versetzte Reid links und rechts einen Haken, dann traf ihn dessen Faust so fest, dass er sich wieder daran erinnerte, wie stark Reids rechter Arm immer gewesen war.
Gelassen schlenderte Walker auf sie zu und stellte sich zwischen sie.
„Das reicht“, sagte er ruhig. „Morgen früh werdet ihr es beide bereuen.“
Cal betastete seinen Mund und erschrak, als er Blut spürte, und merkte, dass seine Lippen bereits anschwollen.
Alle Wut war aus ihm gewichen. Geblieben war nur der Schmerz und eine tiefe Trauer, die ihn fast in die Knie zwang.
„Ich habe sie verloren“, sagte er und sank auf den feuchten Rasen. „Nicht wahr?“
Reid streckte sich neben ihm aus. „Du hast es im großen Stil vermasselt“, sagte er. „Naomi will dir die Eier abschneiden.“
Cals betreffende Körperstellen zogen sich zusammen.
„Was will Penny?“, fragte er mit heiserer Stimme.
„Dich nicht mehr lieben.“
Reid hätte ihn nicht mehr treffen können, wenn er auf ihn geschossen hätte. „Sie muss mich lieben“, flüsterte Cal. Sie war alles, was er hatte.
Walker hockte sich vor ihn hin und begutachtete eine Wunde über Cals Augenbraue. „Du wirst genäht werden müssen.“ Er sah zu Reid. „Deine Fingerknöchel sehen auch ziemlich schlimm aus. Gehen wir hinein. Ich flicke euch wieder zusammen.“
Cal schaute Reid an. „Es tut mir leid.“
Sein Bruder verzog das Gesicht. „Ich bin nicht derjenige, bei dem du dich entschuldigen solltest.“
„Ich weiß. Es tut mir trotzdem leid.“
Reid zuckte die Achseln und stand auf. Doch statt zum Haus zu gehen, streckte er Cal seine Hand entgegen.
„Du bist vielleicht ein Arschloch“, sagte er und zog Cal hoch, „aber du bist immer noch mein Bruder.“
Sie sahen einander an. Cal wusste, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war. Wenn sich nur die Situation mit Penny so leicht klären ließe.
Er machte einen Schritt vorwärts und musste sich ein Stöhnen verkneifen. Von der Wunde zwischen seinen Augen und von seiner Lippe tropfte Blut. Sein Körper tat weh, und er fühlte sich, als wäre er hundertfünfzig Jahre alt.
Doch bevor er es bis zur Haustür geschafft hatte, hielt ein Auto an. Cal sah hinüber, ob vielleicht Penny wie durch ein Wunder auftauchen würde, weil sie ihn sehen wollte. Im Moment wäre er schon glücklich, wenn sie wenigstens bereit wäre, ihn weiter anzuschreien.
Aber nicht sie war es, die aus dem Wagen stieg. Stattdessen öffnete Lindsey die Beifahrertür und kletterte heraus.
Sie war zu dünn und hatte einen Schal um ihren Kopf geschlungen, aber er hatte in seinem ganzen Leben noch nie etwas Schöneres gesehen.
„Lindsey“, rief er. „Was machst du denn hier?“
Sie schaute von ihm zu Reid und Walker. „Oh, ist der Zeitpunkt gerade schlecht?“
„Nein.“
„Aber, Sie sind …“ Sie blinzelte. „Hatten Sie eine Schlägerei?“
Er stöhnte. Was für ein Timing … „Tja, also, mein Bruder und ich mussten etwas klären.“
Lindseys Augen leuchteten auf. „Brüder. Alle beide?“
Er nickte. „Das ist Reid, und das ist Walker.“
„Wow“, flüsterte sie. „Zwei Onkel.“
Sein Herz stand still. „Was hast du gesagt?“
Sie sah ihn an, und ihre Mundwinkel zitterten ein wenig, als sie lächelte. „Hm, ich habe Onkel gesagt. Deshalb bin ich hier. Ich habe gerade herausgefunden, dass du mein Vater bist.“
20. KAPITEL
Lindsey sah zu, wie Walker den Inhalt des Erste-Hilfe-Kastens auf dem Wohnzimmertisch ausbreitete. Cal hätte sie gern beruhigt, aber er hatte genug damit zu tun, dass ihm das Blut nicht weiter seine Wange hinunterrannte.
„Wir, äh, sind sonst nicht so“, sagte er und wünschte, er klänge nicht so wenig überzeugend und eine Spur gelassener. „Reid und ich haben uns seit zehn oder fünfzehn
Weitere Kostenlose Bücher