Susan Price
würde er sie belohnen. Er würde ihr Goldringe schenken, mit denen sie die ersetzen könnte, die ihr gestohlen wurden. Aber sie lachte nur und sagte: »Nachdem du tot bist!« Sie hielt das Horn hoch und tanzte wild im Kreis. »Nachdem er den Blutadler in dich geschnitten hat! Jahre später wird er sterben! Diese Prophezeiung ist die Wahrheit!« Sie trank erneut aus dem Horn, obwohl ihr schwindlig war, und sie stolperte und lachte ihn aus.
Unwin saß ruhig da, aber von einem Augenblick auf den anderen stand er auf, schlug Ebba das Horn aus der Hand und so hart ins Gesicht, dass es sie von den Beinen holte. Er drehte sich zu seinem Stuhl um. »Werft sie aus der Stadt.«
Ingvi blieb, wo er war, hinter Unwins Stuhl, und schaute zu Boden, wo Ebba hingefallen war und halb ohnmächtig lag. Ingvi hätte sich niemals getraut, das Mädchen zu schlagen, und wollte ihr auf keinen Fall zu nahe kommen.
»Schafft sie weg!«, sagte Unwin.
Ud erhob sich aus seiner dunklen Ecke. »Ich bringe sie hinaus, Jarl.«
Ingvi zuckte zusammen, und Unwin drehte sich blitzschnell um. Sie entspannten sich beide, als sie sich daran erinnerten, dass Ud schon die ganze Zeit da gewesen war.
Ud stellte seine Harfe auf die Bank und beugte sich über Ebba, um sie aufzuheben. Ingvi öffnete die Tür, und Ud trug sie hinaus, die Treppe hinunter in den Saal, wo die Männer immer noch im Rauch der Feuer trinkend zusammensaßen.
Ud ging unbemerkt an ihnen vorbei. Im Schatten der Wand setzte er sie ab. Er nahm ihr Gesicht in seine großen Hände und bewegte seine warmen Finger zärtlich über ihre Wangen und den Mund. Ihr verletztes Fleisch schmerzte unter seiner Berührung, und sie schaute in ein blaues Auge und eine vernarbte, im Schatten liegende leere Stelle.
»Nichts gebrochen«, sagte er. »Du wirst die Stadt durch das Tor verlassen – unter dem Schutz meines Mantels.«
»Was ist mit deinem Auge passiert?«, fragte sie.
»Ich habe es verkauft, meine Süße.«
Sie lachte und lehnte sich an ihn, umarmte ihn und schmiegte sich an seine Schulter.
WAFFENSTILLSTAND
Der Sommer lag in den letzten Zügen. Auf den Feldern, die noch nicht niedergebrannt oder niedergetrampelt waren, gedieh die Gerste und stand kurz vor der Ernte. Die Bäume standen in vollem Saft und strotzten vor Blättern, und zwischen den hohen Gräsern und dem Getreide blühten die Blumen dunkelrot, rosa, weiß, gelb und blau.
Über dem Fluss aber erstreckte sich ein Berghang, der von schwarz verbrannter Erde bedeckt war. Ein Dorf war in Brand gesteckt worden, und das Feuer hatte sich bis dorthin ausgebreitet, bevor der Wind es wieder zurückgetrieben hatte.
»Ich werde mich nicht bewegen«, sagte Unwin, »bevor ich erfahre, dass das Elfengezücht hier ist und wartet.« Er saß im Schatten seines Zelts auf einem Hocker. Auf einer Truhe hinter ihm saß Ud mit der Harfe, und auf dem Boden zu Füßen Uds saß das Mädchen, das ihm mittlerweile die Harfe trug. Niemand achtete auf sie. »Vielleicht lasse ich es einen Tag lang warten«, meinte Unwin. »Oder zwei. Während das Getreide auf seinen Feldern reift und seine Männer flüchten.«
Unwin hatte sich mit großer Sorgfalt für dieses Treffen angezogen und sich Kleidung und Juwelen aus den Truhen von Kingsborough mitgenommen. Er wollte alle, die ihn zu Gesicht bekamen, mit der Tatsache beeindrucken, dass er königlichem Geblüt entstammte. Seine Hosen waren hellblau und dunkelblau gestreift, seine Tunika aus blauer Seide. Um seine Hüfte trug er einen Gürtel, der mit Goldplättchen bedeckt war und an dem sich ein Schwert und ein Dolch mit reich verzierten Scheiden befanden. Um seinen Hals trug er ein Goldkreuz, das mit Granaten bestückt war, an seinen Armen Goldreifen und Ringe an jedem Finger. Sein langes Haar hing offen und wehte wie ein rotbrauner Umhang um seine Schultern.
Ingvald und Ingvi rannten, so schnell sie konnten, zu Unwins Zelt, als sie erfuhren, dass der Elfensohn die Friedensinsel von seiner Seite des Flusses aus betreten hatte und auf sie wartete. Ingvald hatte sich in Gelb gekleidet und ein reich mit Edelsteinen verziertes, doch völlig unnützes Schwert umgegürtet. Außerdem trug er goldene Armreifen und Thonurs Hammer aus Silber. Ingvi trug ebenso einen solchen Hammer über seiner roten Seidentunika, musste sie aber sehr eng schnüren, weil sie Ingvald gehörte und für ihn zu groß war. Um seine schwarzen Haare hatte er sich ein Stirnband aus roter Seide gewickelt.
Als sie das Zelt erreichten, machte
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