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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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vortäuschen, die er nicht empfand? Es war doch mit Sicherheit mannhafter, der Wut ihren Lauf zu lassen und jeden um sich herum einzuschüchtern? Sicher unterdrückten nur Kinder ihre Wut, denn sie wurden bestraft, wenn sie sie zeigten.
    Seinen Welpen zu unterrichten hatte ihn gelehrt, dass es möglich war, die Wut zu unterdrücken und sie nicht zu zeigen, wenn man sein Ziel fest im Auge behielt. Er streichelte dem Welpen über den Kopf und rollte ihn auf den Rücken. Das kleine Tier knabberte spielerisch an seiner Hand und wedelte mit dem Schwanz.
    Elfling hatte ihm den Welpen geschenkt. In einer verregneten Nacht hatte Elfling das widerlich stinkende Bauernhaus betreten, in dem sie untergebracht waren, und hatte den Welpen in Godwins Schoß fallen lassen. Godwin erinnerte sich daran, wie er zu dem wunderschönen Gesicht aufblickte, das er als so einschüchternd empfand. Elfling hatte zaghaft gelächelt und war wortlos wieder gegangen. Godwin hatte nicht herausfinden können, wo der Welpe herkam oder warum er ihn erhalten hatte.
    Die Elfenbrut versuchte, seine Treue zu kaufen, natürlich, aber das war lächerlich. Er nur hier, um seinen Vater zu sehen, und deswegen ertrug er die Langeweile in diesem heißen Zelt. Er saß allein in der schwülen Hitze, um deutlich zu machen, auf welcher Seite er stand. Er würde erst dann herauskommen, wenn sein Vater erschien. Bis dahin würde er sich nicht an ihre Seite setzen, zu diesen Verrätern.
    Selbst der kleine Hund war ein Verräter, denn er arbeitete für Elfling. Er hatte ihm keinen Namen gegeben, nur »Hund«. »Stirb für deinen Herrn, Hund. Stirb!«
    Am Ende dieses Tages würde er mit seinem Vater in sein Lager gehen. Er wusste, wie unwahrscheinlich das war, hatte sich aber entschlossen, fest daran zu glauben, damit es auch wahr wurde. Nur Gott wusste, wann er seine Mutter, seinen Bruder und seine Schwester wiedersehen würde. Aber Gott würde auf sie alle achten, solange sie getrennt waren.
    Das Boot landete sanft am Inselufer. Binsenmatten waren auf den Schlamm gelegt worden, um die Schuhe des Athelings nicht zu verschmutzen, und Ingvi sprang darauf.
    Die Wachen waren überrascht, Ingvi allein zu sehen. Er grinste. »Ich will mir nur den Elfenjüngling anschauen. Wisst ihr, wo er ist?«
    Einer der Männer schaute an ihm vorbei und nickte kurz mit dem Kopf. Ingvi drehte sich um.
    Ein großer Mann rannte durch das Schilf und den Schlamm am Ufer auf sie zu. Er trug die Kleidung eines Landarbeiters, und seine langen Haare wehten um seine Schultern und den Kopf, gleißend hell im Sonnenlicht. Ingvi wollte sich gerade abwenden – ein Landarbeiter konnte mit ihm nichts zu tun haben –, als er das Gesicht des Mannes erblickte.
    Für einen Augenblick dachte er, er sähe eine Frau – eine Riesin, eine Trollfrau, von solcher Größe und mit breiten Schultern –, aber das Gesicht war so wunderschön! Er war zutiefst schockiert.
    Der Mann kam näher und wurde langsamer, bis er auf ihn zuging und ihm mit einem Lächeln die Hand entgegenstreckte – einem seltsam schüchternen Lächeln, das Ingvi mit dem Gedanken schmeichelte, er könnte dieses verblüffende Wesen einschüchtern.
    Ingvi begriff in diesem Augenblick, noch bevor die Wachen Haltung annahmen, dass er den Elfensohn vor sich hatte. Er spürte seinen Mund offen stehen und merkte, dass er dieses wunderschöne, scharf geschnittene, reine Gesicht anstarrte. Er zwang sich zu einem Lächeln und schlug ein, während seine Gedanken verwirrt rasten – Was kann ich bloß tun, damit er mich mag, was kann ich bloß sagen? –, als ob er in dem Moment vor einer wunderschönen Frau stand. Doch als sich ihre Hände trafen, zuckte es in seinem Rücken, und in seinem Inneren rumorte es. Unwin sagte, es wäre der Teufel – und sein Handschlag war fest und heiß. Ingvi fragte sich, ob es einen hohlen Rücken hatte, einem verrottenden Baum gleich?
    Der Elfensohn blickte über den Fluss »Allein?«
    Ingvi wurde sich bewusst, dass Elfling ihn bei der Begrüßung nicht zu küssen versucht hatte – und es war seine königliche Pflicht, den Kuss zu entbieten. Er antwortete nicht. Er spürte etwas, fast wie einen leichten Schlag ins Gesicht, als sich Elflings Blick in ihn bohrte. »Du bist Ingvi Troll. Du hast mir Kingsborough genommen. Bist du hier, um mir zu sagen, dass unsere Brüder heute nicht kommen werden?«
    Ingvi hatte vergessen, dass diese Kreatur und Unwin Halbbrüder waren. Er betrachtete das Gesicht des Elfengeborenen

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