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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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blieben seine Wachen stehen und lehnten sich auf ihre Speere. Sie merkten an seinen hochgezogenen Schultern, wie angespannt er war, aber sie sahen nicht, wie er sich in die Faust biss. Verzweifelt versuchte er diese Wut in seinem Inneren in Schach zu halten, die lichterloh in ihm brannte. Sie erfüllte die Muskeln seiner Arme und seines Rückens mit einer Energie, die ihm Angst machte. Er musste diese Wut unter Kontrolle halten. Er brauchte diesen Waffenstillstand.
    Er ging weiter und löste sich dabei so abrupt aus seiner Regungslosigkeit, dass Teichhühner hektisch über das Wasser flohen und Enten sich kreischend in die Lüfte erhoben. Die Wachen hoben ihre Speere und beeilten sich, ihm zu folgen.
    Er blieb dort wieder stehen, wo sich die Insel im Bogen vom gegenüberliegenden Ufer entfernte, und betrachtete die Lichtspiegelungen auf dem träge dahinfließenden braunen Wasser. »Herrin, ich verliere Euren Krieg«, sagte er.
    Sie war ihm immer nah, gab aber keine Antwort. Ihre Stille umfing ihn, während Vogelgeschrei und Lagerlärm vom Wind herübergetragen wurde. Mittlerweile antwortete sie ihm gar nicht mehr – er hatte Wulfweard ihr vorgezogen. Bevor er diese Wahl getroffen hatte, hatte jeder seiner Tage in ihren Armen geendet, – getröstet, geheilt, gestärkt. Jetzt endete jeder Tag mit Einsamkeit, und aus dieser Freudlosigkeit musste er sich jeden Tag aufraffen, um den nächsten langen Tag zu überstehen. Es war hart, und er war dabei, den Kampf zu verlieren.
    Aber er hatte Wulfweard.
    Er drehte sich im Kreis – sein einziger Grund dafür war, einen Teil der Wut in ihm zu verbrauchen, die sich in ihm aufstaute – und folgte der Uferlinie, fast im Laufschritt. Seinen Weg wählte er weiterhin durch Schilf und Schlamm, denn dort war es schwerer voranzukommen.
    Vor ihm überquerte ein Boot den Fluss, und es kam aus Unwins Lager. An seinem Bug saß jemand in Scharlachrot. War Unwin endlich gekommen?
    Elfling blieb wieder stehen und betrachtete das Boot. Für den Augenblick musste er seine Wut vergessen und sich nur an die guten Sitten erinnern, die die Anwesenheit eines Gasts verlangten. Er musste diesen Waffenstillstand haben!
    Er ging einige Schritte höher, wo der Boden trockener wurde, und beeilte sich dann, zum Landeplatz zu kommen. Seine Wachen sahen seine dreckigen Stiefel und sein Hemd, das er mit Schlamm beschmutzt hatte. Sie tauschten Blicke aus, und einer von ihnen schüttelte den Kopf. Sie fragten sich, wann ihr König es wohl lernen würde, sich so zu benehmen, wie es seinem Stand geziemte.
    In der schwülen Hitze des Zelts war ein Tisch aufgestellt worden, auf dem sich Teller mit Brot und ein randvoll gefülltes Fässchen Met befanden. Hörner hatte man bereitgelegt, um sie den Gästen zu füllen. Diener standen herum, gähnten und warteten.
    In einer Ecke brachte Godwin, der von allen unbeachtet blieb, seinem Welpen bei, sich auf Befehl auf den Rücken zu drehen und für sein Herrchen zu sterben, wie es jeder Krieger tun würde. Er wiederholte den Trick immer und immer wieder, mit Geduld und Entschlossenheit, und belohnte den Welpen mit Fleischbrocken.
    Wulfweard hatte ihm den besonderen Wert von Geduld beigebracht. »Wenn dein Welpe sich dumm verhält und nicht lernen will und du ihn einfach nur treten willst – genau in diesem Moment musst du besonders viel Geduld aufbringen. Und wenn er es immer noch falsch macht, musst du noch freundlicher sein, noch gütiger und noch geduldiger.«
    »Das kann ich nicht!«, hatte Godwin gesagt. Wenn man wütend war, was sollte man da noch anderes sein außer wütend?
    »Du kannst es, wenn du es versuchst. Wenn du es nicht kannst, wirst du auf ewig ein Kind bleiben, ganz gleich, wie groß du wirst, und dein Welpe wird immer vor dir Angst haben.«
    Das hatte Godwin zur Vernunft gebracht, und insgeheim hatte er sich entschlossen, Wulfweards Ratschlag anzunehmen, wenn er es konnte. Aber er hatte trotzig das Kinn gereckt und gesagt: »Mein Vater verliert die Geduld!« Und sein Vater war ein größerer, besserer Mann als Wulfweard und ein besserer Krieger.
    Wulfweard hatte darauf etwas gesagt, das ihn seither zum Nachdenken gebracht hatte. »Ich kenne deinen Vater länger, und ich habe ihn niemals seine Geduld verlieren sehen. Ich habe gesehen, wie er so getan hat, als ob – aber das ist eine andere Sache.«
    Waren dann all diese Wutausbrüche seines Vaters, die furchterregenden und die beglückenden, nur ein Vorwand gewesen? Warum sollte jemand eine Wut

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