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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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durchschnitt, und das Summen wurde lauter, bis es auf dem Höhepunkt des Schwungs zu einem Kreischen wurde, wie das Kreischen einer scharfen Klinge, die über eine andere scharfe Klinge gezogen wurde. Die Herzen aller, die es hörten, verkrampften sich, und alle spürten, wie ihre Haare zu Berge standen.
    Unwin, der unter der Klinge kniete, hörte das Kreischen, und sein Herz blieb stehen, sein Atem endete. Vor seinen Augen breitete sich eine hoffnungslose Dunkelheit aus, und das Kreischen hörte nicht auf …
    Die Klinge zischte herab, als Elfling aus der Luft herabfiel. Der Sprung wirkte wie die überschwängliche Geste eines Tänzers, doch die Klinge durchtrennte Unwins Hals. Das Geräusch einer Axt, die Holz hackt. Körper und Kopf fielen zu Boden. Der Kopf blieb einen Fuß weit vom Hals entfernt liegen. Blut strömte hervor, hob das Stroh und versickerte im festgetretenen Lehmboden.
    Die Lebenden bewegten sich nicht, gaben keinen Laut von sich. Sie verbargen ihre Gesichter und starrten auf ihren gefallenen König und das sich ausbreitende Blut.
    Die toten Krieger drängten nach vorne. Ihre Knochen schlurften durch das Stroh, ihre Rüstungen klirrten, sie sammelten sich um Elfling und das Blut. Wulfweard sah, dass einer von ihnen einen Umhang mit Kapuze trug, dessen Farbe dort blau schillerte, wo der Feuerschein am hellsten strahlte. Er lehnte auf einem Speer über Unwins Leiche, und ein grauer Bart quoll unter seinem Mantel hervor. Als er sich aufrichtete, fiel die Kapuze zurück und entblößte ein Gesicht, das, wenn es tot war, erst vor Kurzem verstorben war: Das Fleisch war geschwollen, von Blut noch dunkel, ein hervorquellendes Auge spiegelte das Licht wie Glas, und die Zunge streckte sich aus einem grinsenden Mund hervor. Mit seinem langen grauen Bart und den dichten grauen Augenbrauen wirkte das Gesicht auf grausame Weise fröhlich, als ob der alte Mann die entsetzliche Grimasse zum Spaß zog. Der Graubart schlang seine Arme um Elfling und drückte ihn fest an sich. Sein Speer stand hinter Elflings Rücken.
    Die Toten bewegten sich wieder und machten es Wulfweard unmöglich, Elfling oder den Graubart zu sehen, doch dann sah er, wie der blaue Mantel elegant hochgeworfen und um Elflings Schultern gelegt wurde. Und dann war Elfling allein unter den Toten. Überall waren haarlose Schädel zu sehen, Köpfe, die nur halb mit Fleisch überzogen waren und an denen dunkles, schütteres Haar immer noch klebte – aber kein volles graues Haar, kein langer grauer Bart.
    Wulfweard ging selbst zu den Toten, und sie legten ihre knöchernen Hände zur Begrüßung auf seine Schultern. Das Blut floss um ihre Füße, und er blickte auf die Leiche seines Bruders hinab. Tränen quollen aus seinen Augen hervor und blieben an den Wimpern hängen, aber nun, wo Unwin tot war, hatte der Schmerz nachgelassen, war betäubt worden, und nur Stille blieb zurück. Ein schrilles Kichern überraschte ihn, und er riss den Kopf hoch. Das wahnsinnige Mädchen tanzte am Rand der Blutlache lachend entlang, weil Unwin tot war. Er dachte, er müsse wütend sein, er müsse sie schlagen, aber er empfand nichts.
    Kendidra rannte mit dem Kopf voran die Treppe hinab, so leichtsinnig, dass sie sich einmal nur mit einem schnellen Griff an das Geländer vor einem Sturz bewahren konnte. Ihr Schwung sorgte dafür, dass sie zur Seite rutschte und gegen Geländer und Stufen prallte. Sie empfand keine Schmerzen. In ihrem Kopf war nur Platz für Godwin und Elfling, Elfling und Godwin. Sie musste sie erreichen und das schnell, wenn sie auch nicht verstand, warum. Sie wollte sie in die Arme nehmen, sie schütteln, sie bewachen. Am Fuß der Treppe blockierten Männer ihr den Weg. Sie schlug mit ihren Fäusten auf deren Rücken, schrie sie an, schob sie zur Seite. Godwin, Godwin! Sie spürte, wie sich die Gefahr ihm näherte.
    Godwin kämpfte mit den Männern, die ihn festhielten, schlug mit dem Kopf gegen den Schild über ihm, trat und biss so lange, bis sich der Griff lockerte und der Schild hob. Dann konnte er endlich wieder sehen.
    Er sah, wie sich das Blut zwischen den Knochenfüßen ausbreitete, die in erdfarbenen und durchtränkten Fetzen gekleidet waren. Der Anblick und der Gestank der Schlachtbank ließen ihn innehalten, und kühle Gelassenheit ergriff Besitz von ihm. Er ging weiter vorwärts, hinein in den Aasgeruch der Toten. In seinen Ohren schien er ein Summen zu vernehmen, und es kribbelte von seinem Kopf hinab zum Rücken. Er erreichte die auf dem

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