Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
hatte mich schon gewundert.«
Jesse schüttelte nur den Kopf. »Susannah, sag mir jetzt bitte, was los ist. Sofort.«
»Gar nichts ist los.« Meine Stimme klang selbst für meine Ohren zu piepsig. Ich legte mich wieder hin, wobei ich mir den Zeh am Hammer anstieß. Aber ich gab keinen Ton von mir, damit Jesse nicht merkte, was ich unter der Bettdecke versteckt hatte. Dass er mich mit einer Spitzhacke in Schweinchen Schlaus Bett erwischt hatte, war das eine - mich auch noch mit einer Axt und einem Hammer darin zu erwischen, wäre noch mal was ganz anderes.
»Susannah.« Langsam klang er richtig wütend. Und Jesse wird nur sehr selten wütend. Eigentlich bloß dann, wenn er mich knutschend im Auto mit fremden Jungs erwischt. »Ist das etwa eine Axt?«
Verdammt! Ich schob sie hastig wieder ganz unter die Decke. »Ich kann das erklären«, sagte ich.
Er lehnte die Spitzhacke gegen die Bettkante und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja, eine Erklärung würde ich auch gerne hören.«
»Also«, begann ich nach einem tiefen Atemzug. »Es war nämlich so.« Ich stockte.
Mir fiel einfach keine andere Erklärung ein als die Wahrheit. Und die konnte ich ihm doch unmöglich präsentieren.
Jesse muss mir angesehen haben, dass ich mir eine Lüge zurechtzulegen versuchte, denn plötzlich beugte er sich vor und stemmte die Hände zu beiden Seiten von mir gegen das Betthaupt, sodass er mich regelrecht dazwischen einklemmte, ohne mich zu berühren. Das brachte mich völlig aus der Fassung. Ich drückte mich tief in Schweinchen Schlaus Kissen hinein.
Aber das nützte auch nichts. Jesses Gesicht war nur etwa zwanzig Zentimeter von meinem entfernt.
»Susannah«, sagte er. Jetzt war er wirklich sehr wütend. Total angepisst. »Was ist hier los? Ich habe gestern etwas gespürt … eine … einen Anwesenden, in deinem Zimmer. Und jetzt schläfst du hier drüben und hast Spitzhacken und Äxte unter der Decke versteckt. Was verheimlichst du mir? Und warum?«
Ich war so tief heruntergerutscht wie möglich, aber vor Jesses zornigem Gesicht gab es kein Entrinnen, außer ich würde mir die Decke über den Kopf ziehen. Was natürlich nicht gerade würdevoll ausgesehen hätte.
»Hör zu«, sagte ich so ruhig, wie ich nur konnte, obwohl sich gerade der Hammer in meinen Fuß bohrte. »Es ist nicht so, dass ich es dir nicht sagen will. Ich hab nur Angst, wenn ich das tue …«
Und dann kam plötzlich alles aus mir herausgesprudelt, einfach so. Es war unglaublich. Als hätte man einen Knopf auf meiner Stirn gedrückt, auf dem Informationen erwünscht stand.
Ich erzählte ihm alles, von den Briefen, dem Ausflug ins Geschichtsmuseum, einfach alles, und ich schloss mit den Worten: »Ich wollte nicht, dass du das erfährst, denn wenn deine Leiche wirklich da draußen begraben sein sollte und sie sie finden, dann heißt das, du hast keinen Grund mehr, hier rumzuhängen, und ich weiß, dass das egoistisch ist, aber ich würde dich echt vermissen, und deswegen hab ich gehofft, wenn ich nichts sage, dass du es nicht rauskriegst, und alles könnte so bleiben wie bisher.«
Mein Ausbruch rief bei Jesse nicht im Mindesten die Reaktion hervor, die ich erwartet hätte. Nein, er riss mich nicht in seine Arme, um mich leidenschaftlich zu küssen. Er nannte mich nicht querida - was auch immer das heißen mochte. Er strich mir noch nicht mal übers Haar, das immer noch feucht war vom Duschen.
Er fing nur an zu lachen.
Was mir nicht wirklich gefiel. Ich meine, nach all dem, was ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden seinetwegen durchgemacht hatte, hätte man doch etwas mehr Dankbarkeit erwarten dürfen. Aber Jesse saß nur da und lachte. Ich befand mich vielleicht in Lebensgefahr - und er lachte.
Als ich das sagte, lachte er nur noch lauter.
Als er endlich fertig war - und das geschah erst lange, nachdem ich den Hammer aus dem Bett befördert hatte, was ihn zu neuerlichen Lachsalven antrieb, aber was hätte ich denn machen sollen, das Ding tat mir echt weh -, streckte er plötzlich eine Hand aus und zerzauste mir die Haare. Was allerdings kein bisschen romantisch war, da ich Conditioner reingemacht hatte und das Zeug bestimmt an seinen Fingern kleben blieb.
Alles in allem führte dazu, dass ich jetzt sauer auf ihn wurde, auch wenn das nicht wirklich seine Schuld war. Also holte ich auch die Axt unter der Bettdecke raus, dann zog ich mir die Decke über den Kopf und drehte mich weg, um ihn nicht mehr sehen und mit ihm reden zu müssen.
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