Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
meinetwegen gestorben ?«
»Ähm …« Ob es auch als Einsatz von weiblichen Reizen galt, wenn er mich berührte? »Nein, nicht so ganz. Noch nicht. Aber wenn wir uns noch lange Zeit lassen …«
Er umklammerte meinen Arm fester. »Los, gehen wir.«
Aber ich war mir nicht sicher, ob er die Situation wirklich erfasst hatte. »Jesse«, sagte ich. »Ich finde auch allein zurück, okay? Ich und der Torwächter, wir sind so eng miteinander.« Ich führte meine beiden Zeigefinger zusammen. »Wenn du mitkommen möchtest, weil du wieder zurückwillst, prima. Aber wenn du mich nur zur Öffnung zurück begleiten willst, mach dir keine Mühe, ich komme schon allein wieder runter.«
»Halt die Klappe, Susannah«, sagte Jesse.
Dann griff er mit der freien Hand nach dem Seil und begann sich, die kleine Suze im Schlepptau, daran entlangzutasten. Dahin zurück, woher ich gekommen war.
Na klasse, dachte ich, während er mich hinter sich her schleifte, jetzt ist er sauer auf mich. Ich setze für ihn mein Leben aufs Spiel - hey, so war’s doch - und er ist sauer deswegen! Warum hatte ich nicht schon früher daran gedacht? Ich meine, für einen Kerl sein Leben zu riskieren, ist ja fast schon so, als würde man das L-Wort in den Mund nehmen. Oder sogar noch schlimmer. Wie kam ich jetzt bloß aus der Nummer wieder raus?
»Du solltest dir nichts drauf einbilden, dass ich das für dich gemacht habe«, sagte ich. »Ich meine, dich als Zimmergenosse zu haben, war echt nur Stress. Oder meinst du, es hätte mir Spaß gemacht, von der Schule heimzukommen oder von der Arbeit und dir erst mal die Geschichte von der Schweinebucht oder solche Sachen erklären zu müssen? Glaub mir, mit dir zu leben ist echt kein Kinderspiel.«
Er sagte nichts, sondern zerrte mich nur weiter hinter sich her.
»Und damals mit Tad …« Ich wusste, dass das Thema schwierig für ihn war. »Hey, meinst du, das war toll für mich, dass du mich bei Dates immer ausspioniert hast? Wenn du dich nicht mehr in meinem Leben rumtreibst, wird das alles viel leichter für mich. Also glaub ja nicht, ich hätte das hier für dich getan. Ich hab’s nur für diesen dämlichen Kater getan, der sich deinetwegen die Augen aus dem Kopf heult. Und weil ich alles tun würde, was deine blöde Freundin wütend machen könnte.«
» Nombre de Dios , Susannah«, murmelte Jesse. »Maria ist doch nicht meine Freundin.«
»War sie aber mal«, sagte ich. »Und überhaupt … Die Tussi ist echt eine üble Schlampe, weißt du das? Ich kann nicht glauben, dass du die mal heiraten wolltest. Wo hattest du bloß deinen Verstand? Hast du nicht gesehen, wie sie unter diesen ganzen Spitzenhäubchen wirklich war?«
»Das waren andere Zeiten, Susannah«, stieß Jesse zwischen zusammengepressten Lippen hervor.
»Ach ja? So anders, dass du der Frau, die du heiraten wolltest, nicht sagen konntest, dass sie eine dicke fette …«
»Ich kannte sie doch kaum.« Er blieb abrupt stehen und starrte mich an. »Okay?«
»Haha«, sagte ich. »Ihr wart doch Cousin und Cousine. Was noch so eine Sache ist, die mich ehrlich gesagt total annervt …«
»Ja, wir waren verwandt«, unterbrach mich Jesse und
schüttelte mich leicht. »Aber wie gesagt, das waren andere Zeiten. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich dir erzählen …«
»Nein, komm mir nicht so.« Ich sah auf die Uhr. »Wir haben noch zwölf Minuten. Erzähl’s mir.«
»Susannah …«
»Sofort, Jesse, sonst gehe ich keinen Schritt weiter, das schwöre ich.«
Jesse stöhnte verzweifelt auf und stieß etwas hervor, was sich nach einem schlimmen Wort anhörte. Aber ich war mir nicht sicher, weil er es auf Spanisch gesagt hatte. Blöd, dass man uns in der Schule keine spanischen Flüche beibrachte.
»Also gut«, sagte er und ließ meinen Arm los. »Du willst es also wissen? Du willst wissen, wie das damals war? Ganz anders als heute, klar? Kalifornien war anders. Ganz anders. Da gab es Geschlechtertrennung. Jungen und Mädchen spielten nicht zusammen, sie gingen nicht auf dieselben Schulen. Die einzigen paar Gelegenheiten, bei denen ich mit Maria im selben Raum war, waren Mahlzeiten oder höchstens Tanzveranstaltungen. Ich habe kaum mehr als ein paar Worte aus ihrem Mund gehört …«
»Na, die müssen aber immerhin sehr beeindruckend gewesen sein, schließlich hast du doch zugestimmt, sie zu heiraten«, warf ich ein.
Jesse fuhr sich durch die Haare und stieß wieder einen spanischen Fluch aus. »Natürlich habe ich zugestimmt, sie zu heiraten.
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