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Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Titel: Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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eine Totenmaske.
    Aber er war nicht tot. Das konnte nicht sein. Das hätte ich doch gespürt.
    »Ich glaube, wir haben Mist gebaut«, sagte Paul. »Wir hätten ihn nicht mitnehmen dürfen.«
    »Ich wollte das doch gar nicht«, antwortete ich. Ich sprach so leise, dass meine Stimme fast im Zirpen der Grillen unterging. »Ich hab’s doch nicht mit Absicht gemacht.«
    »Ich weiß«, entgegnete Paul. »Aber ich glaube, du musst … du musst ihn zurückschicken.«
    »Zurückschicken? Wohin, in die Flammenhölle?« In meiner Wut übertönte ich endlich das Grillenkonzert. Das abrupt verstummte, so laut hatte ich anscheinend geschrien.
    »Ich glaube nicht, dass er hierbleiben kann, Suze. Ich glaube nicht, dass er hier … leben kann.«
    Ich wiegte weiter Jesses Kopf in meinem Schoß und dachte angestrengt nach. Das war nicht fair. Davor hatte uns niemand gewarnt. Nicht mal Dr. Slaski hatte darüber ein Wort verloren. Er hatte nur gesagt, man solle Zeit und Ort, wohin man reisen wollte, vor dem geistigen Auge entstehen lassen und …
    … und nichts berühren, was nicht mit durch die Zeit reisen sollte.
    Ich stöhnte auf und ließ den Kopf sinken, bis ich Jesses Stirn berührte. Meine Schuld. Es war alles meine Schuld.
    »Suze.« Paul legte mir die Hand auf die Schulter. »Lass mich es versuchen. Vielleicht kann ich ihn zurückschicken …«
    »Nein, kannst du nicht!« Ich hob den Kopf und sprach mit einer Stimme, die so scharf und kalt war wie die Klinge des Messers, das Diego mir an den Hals gehalten hatte. »Das würde ihn umbringen. Er ist nicht wie wir. Er ist kein Mittler. Er ist … ein normaler Mensch.«
    Paul schüttelte den Kopf. »Vielleicht sollte er damals sterben, Suze, so wie du immer gesagt hast. Vielleicht sollte man sich in den Lauf der Geschichte wirklich nicht einmischen. Vielleicht hattest du recht mit deinen Bedenken.«
    »Super, Paul. Jetzt habe ich plötzlich recht? Na, herzlichen Dank auch …«
    Paul schaute mich nervös an. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt neben meiner Verzweiflung noch Raum für ein weiteres Gefühl gehabt hätte, dann wäre es Hass gewesen. Hass auf Paul.
    Aber ich konnte ihn nicht hassen. Ich hatte nur Jesse im Kopf. Ich hatte ihn nicht gerettet, um ihn jetzt in meinen Armen sterben zu lassen.
    »Geh durch den Carport«, sagte ich zu Paul. »Von dort aus kannst du ins Haus. Diese Tür vergessen sie immer abzuschließen. An dem Haken neben der Tür hängen Moms Autoschlüssel. Bring mir die und dann tragen wir ihn ins Auto.«
    Paul blickte mich an, als wäre ich eine entlaufene Irre.
    »Ins Auto? Was willst du machen, eine Spazierfahrt?«
    »Ja, eine Spazierfahrt ins Krankenhaus, du Idiot.«
    »Ins Krankenhaus! Aber Suze …«
    »Jetzt mach schon!«
    Paul gehorchte, auch wenn er nicht wirklich überzeugt schien. Nachdem er mit den Schlüsseln zurückgekommen war, half er mir, Jesse in Moms Auto zu bugsieren. Einfach war es nicht, aber mit vereinten Kräften schafften wir es schließlich doch. Zur Not hätte ich ihn auch ganz allein bis ins Auto geschleift.
    Dann machten wir uns auf den Weg. Paul saß am Steuer, und ich hielt weiter Jesses Kopf auf meinem Schoß. Ich verschwendete keinen Gedanken daran, ob die ganze Aktion hier vielleicht sinnlos war. Im Krankenhaus konnte man ihm bestimmt helfen. Die Medizin hatte in den letzten hundertfünfzig Jahren so große Fortschritte gemacht – warum sollte sie nicht jemandem helfen können, der gerade durch die Zeit, durch eine andere Dimension gereist war? Das musste doch mittlerweile möglich sein.
    War es aber nicht.
    Nicht dass sie es nicht versucht hätten. Beim Krankenhaus angekommen, liefen Paul und ich in die Notaufnahme. Wir hatten kaum von dem bewusstlosen Mann in unserem Auto berichtet, als auch schon ein paar Pfleger mit einer Trage hinauspreschten. Sie schlossen Jesse an die Sauerstoffzufuhr an, während der Unfallarzt mich mit Fragen löcherte. Ob er Drogen genommen habe? Oder zu viel getrunken? Hatte er vor dem Zusammenbruch gekrampft? Kopfschmerzen gehabt? Schmerzen im Arm?
    Für Jesses komatösen Zustand gab es keine medizinische Erklärung. Das sagte mir der Arzt ein paar Stunden später. Er hatte noch nichts herausfinden können. Er wollte aber noch das CT abwarten. Ob ich zufällig wüsste, bei welcher Krankenkasse Jesse sei? Oder seine Sozialversicherungsnummer kannte? Vielleicht die Telefonnummer eines nächsten Angehörigen?
    Um sechs Uhr morgens wurde er auf Station verlegt. Um sieben rief ich meine Mutter an und

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