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Susannah - Auch Geister koennen kuessen

Titel: Susannah - Auch Geister koennen kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot Yvonne Hergane-Magholder
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mich rittlings drauf. »Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest – der liebe Gott achtet nicht besonders auf dich. Sonst hätte er dich nicht so lange hier hän gen lassen – wie lange eigentlich?« Ich musterte seine Klamotten, die so aussahen, als wäre er diesem Wild, Wild West- Streifen entsprungen. »Sind's so hundert fünfzig Jahre? Ist das echt schon so lange her, dass du abgenibbelt bist?«
    Er starrte mich an. Seine Augen waren schwarz und glänzend wie Tinte. »Was heißt das … abgenibbelt?« Seine Stimme klang rostig vom langen Nichtgebrauch.
    Ich verdrehte die Augen. »Ins Gras gebissen«, übersetzte ich. »Hopsgegangen. Übern Jordan gehüpft. Den Löffel abgegeben.« Ich sah seinem verdutzten Gesicht an, dass er immer noch nicht verstand. »Gestorben« , sagte ich ungehalten.
    »Ach so. Gestorben.« Aber statt auf meine Frage zu antworten, schüttelte er nur den Kopf. »Ich verstehe das nicht«, sagte er verwundert. »Wieso kannst du mich sehen? In all den Jahren hat mich noch keiner …«
    »Ja, ich weiß«, schnitt ich ihm das Wort ab. Ich meine, hey, so was höre ich jeden Tag. »Also, hör zu, die Zeiten … sind im Wandel, okay? Also, wo hapert's?«
    Er blinzelte mich mit seinen großen dunklen Augen an. Er hatte längere Wimpern als ich. Kommt wahrlich nicht oft vor, dass mir ein Geist über den Weg läuft, der ein Sahnehappen ist, aber der Typ da … Mann, der muss zu Lebzeiten echt ein Knaller gewesen sein, wenn ich mich sogar jetzt, wo er tot war, dabei ertappte, wie ich ihm unters Hemd zu linsen versuchte, das oben weit offen stand und den Blick auf seinen Brustkorb und sogar ein Stückchen Bauch freigab. Konnten Geister einen Waschbrettbauch haben? Dieser Frage war ich bisher noch nie nachzugehen versucht gewesen.
    Und ich würde mich davon jetzt auch nicht ablenken lassen. Schließlich war ich ein Profi.
    »Hapert?«, echote er. Seine Stimme klang angenehm weich und fließend und sein Englisch war schlichter und weniger akzentbehaftet als mein Brooklyn-Einschlag. Klar hatte er etwas Latinomäßiges an sich – der dunkle Teint, das »Dios« -, aber er war genauso amerikanisch wie ich, oder so amerikanisch, wie man eben sein konnte, wenn man schon hier gelebt hatte, noch bevor Kalifornien zum amerikanischen Bundesstaat geworden war.
    »Ja.« Ich räusperte mich. Er hatte sich etwas zur Seite gedreht und einen Stiefel auf das hellblaue Polster gestemmt, das auf der Fensterbank lag, und da hatte ich meine Antwort: Ja, auch Geister konnten einen Waschbrettbauch haben. Seine Oberbauchmuskeln zeichneten sich deutlich ab und waren mit seidig schimmernden schwarzen Haaren gesprenkelt.
    Ich schluckte.
    »Wo liegt dein Problem?«, versuchte ich es erneut. »Warum bist du immer noch hier?« Er sah mich an, verständnislos, aber interessiert. »Wieso bist du noch nicht auf die andere Seite übergegangen?«
    Er schüttelte den Kopf. Hatte ich schon erwähnt, dass er kurze dunkle Haare hatte, die so dicht waren, dass man am liebsten richtig reingelangt hätte, um sie sich durch die Finger rieseln zu lassen? »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Mir wurde langsam ziemlich warm, aber meine Lederjacke hatte ich ja schon ausgezogen. Ich konnte schlecht noch mehr ausziehen, während der Typ hier saß und mir zuschaute. Eine Erkenntnis, die sicher stark dazu beitrug, dass meine Laune sich plötzlich ziemlich verfinsterte.
    »Was soll das heißen, du weißt nicht, was ich meine?«, keifte ich und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Du bist tot . Du gehörst nicht hierher. Du solltest längst weg sein und das tun, was Leute eben tun, nachdem sie gestorben sind. Im Himmel frohlocken oder in der Hölle schmoren oder wiedergeboren werden oder eine höhere Bewusstseinsebene erklimmen oder was weiß ich. Es ist nicht so gedacht, dass du hier einfach so … rumhängst.«
    Er sah mich nachdenklich an, den Ellbogen auf das hochgezogene Knie gestützt, den Arm lässig nach vorn ausgestreckt. »Und was ist, wenn es mir Spaß macht, einfach so … rumzuhängen?«
    Ich war mir nicht sicher, aber ich hatte so das Gefühl, dass er mich auf den Arm nahm. Und das hasse ich. Total. In Brooklyn haben die Leute das immer wieder mit mir versucht – jedenfalls bis ich raushatte, wie schnell meine Faust auf ihrer Nase sie zum Schweigen brachte.
    Noch war ich nicht versucht, diesen Typen zu schlagen. Noch nicht. Aber lange konnte es nicht mehr dauern. Ich meine, überlegt doch mal – ich hatte gerade eine ewig lange,

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