Susannah - Auch Geister koennen kuessen
kann er bei dem ganzen Stress nicht auch noch gebrauchen.«
Adam starrte sie an und redete dann weiter, den Cheeto an die Schläfe gepresst. »Tja, und das war der große Fehler der Martinsons. Als Heather nämlich hörte, dass Bryce nicht im Lande war, drückte sie auf den Abzug und pustete sich den Hinterkopf weg und versprühte ihr Gehirn über die Lichterketten, die die Martinsons überall aufgehängt hatten.«
Bei der Erwähnung dieses Details fingen alle außer mir an zu stöhnen. Mir gingen ganz andere Sachen durch den Kopf. »Der freie Platz in unserem Klassenzimmer, der neben … wie heißt sie gleich noch … Kelly. Da hat das tote Mädchen gesessen, stimmt's?«
Bernadette nickte. »Ja. Deswegen fanden wir es ja so irre, dass du dich nicht dahin setzen wolltest. Als hättest du gewusst, dass Heather da gesessen hatte. Wir dachten, du hättest vielleicht das zweite Gesicht.«
Ich machte mir nicht die Mühe, ihnen zu erklären, dass die Wahl meines Sitzplatzes nichts mit dem zweiten Gesicht zu tun gehabt hatte. Um genau zu sein, ich sagte kein Wort mehr. Ich dachte nur: Hey, Mom, nett von dir, dass du mir nicht gesagt hast, warum plötzlich ein Platz frei geworden ist, nachdem die Schule vorher die ganze Zeit voll belegt war.
Ich sah zu Bryce hinüber. Der Trip nach Antigua hatte ihm eine hübsche Sonnenbräune eingebracht. Er saß auf dem Picknicktisch, die Füße auf der Bank, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und starrte auf den Ozean hinaus. Sein sandblondes Haar flatterte leicht in der Brise.
Du hast keine Ahnung, dachte ich. Du hast ja keine Ahnung. Du denkst, dein Leben ist jetzt eine einzige Katastrophe? Wart's ab.
Wart's nur ab.
KAPITEL
8
E r musste nicht lange warten. Gleich nach der Mittagspause nahm sie ihn ins Visier. Er merkte es natürlich nicht. Aber mir fiel sie sofort auf in der Menge, die auf die Spinde zuhielt. Geister sind nämlich von einem hellen Schimmer umgeben, der sie von den Lebenden deutlich unterscheidet – zum Glück, sonst würde ich sie oft übersehen.
Jedenfalls bohrte sie Bryce ihren Blick in den Leib wie diese gruseligen blonden Kids in Das Dorf der Verdamm ten. Immer wieder gingen Leute, die sie ja nicht sehen konnten, durch sie hindurch. Echt beneidenswert – wenn Geister für mich doch bloß genauso unsichtbar hätten sein können! Klar, das würde heißen, dass ich in den letzten Jahren auf Dads Anwesenheit hätte verzichten müssen, aber hey, es würde auch bedeuten, dass ich jetzt nicht wüsste, dass diese Heather etwas Grauenhaftes vorhatte.
Ich wusste allerdings nicht, was genau sie ihm antun wollte. Geister können manchmal echt fies sein. Jesses Spiegelnummer war nur ein Kinkerlitzchen gewesen. Ich hatte schon Sachen entgegengeschleudert bekommen, die mich auch gleich ins Jenseits befördert hätten, wenn ich ihnen nicht schnell genug ausgewichen wäre. Gehirnerschütterungen, gebrochene Knochen – alles schon gehabt. Mom denkt, ich würde einfach zu Unfällen neigen. Na klar, Mom, was sonst. Ich bin die Treppe runtergefallen und hab mir das Handgelenk gebrochen. Ach ja, und der Grund, warum ich die Treppe runtergefallen bin, war der dreihundert Jahre alte Geist eines Conquistadors. Der hat mich nämlich geschubst.
Als ich Heather jetzt so sah, wusste ich sofort, dass sie was Übles im Schilde führte. Nicht wegen unserer Begegnung ein paar Stunden zuvor. Oh nein. Ich folgte ihrem Blick und erkannte, dass sie nicht direkt Bryce anstarrte, sondern einen der Sparren unter der Gewölbegangdecke, und zwar genau den Sparren, unter dem Bryce gerade durchging. Plötzlich sah ich, wie das Holz zu beben anfing. Nicht die ganze Decke, nur ein großes, schweres Stück des Sparrens. Genau das Stück, unter dem Bryces Kopf sich gerade befand.
Ohne nachzudenken, rannte ich los, stürzte mich auf Bryce und riss ihn mit zu Boden. Es war Rettung in buchstäblich letzter Sekunde. Denn während wir noch auf dem Boden kullerten, krachte es hinter uns schon ohrenbetäubend. Ich schützte meine Augen mit den Händen, sodass ich nicht direkt sah, wie das Holz auf den Boden knallte und zerbarst. Aber ich hörte es. Und spürte die Auswirkungen. Winzige Holzsplitter bohrten sich schmerzhaft in meine Haut. Ein Glück, dass ich wenigstens eine Hose aus dickem Stoff anhatte.
Bryce lag so still unter mir, dass ich schon dachte, er hätte einen Holzklotz an den Kopf gekriegt. Aber als ich das Gesicht von seiner Brust hob, sah ich, dass er unverletzt war. Er starrte nur
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